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Der Reiz des völlig Fremden

Von Ulf Rostalsky 22.04.2008, 16:51

Bitterfeld/MZ. - Der Schüler des Bitterfelder Walther-Rathenau-Gymnasiums hat auf Landesebene am bundesweit ausgetragenen Fremdsprachenwettbewerb teilgenommen und die Aufgaben mit Bravour erledigt. Sicher, sagt Fachlehrerin Jana Adam, wohin die Reise am Ende noch gehe, sei offen. Bescheinigt hat die Jury mit dem Einladungsschreiben zur Feierstunde nach Magdeburg allerdings schon, dass Marcel die Arbeit in besonders überzeugender Weise erledigt hat und mit einem Preis geehrt werden wird. Weiterleitung auf Bundesebene? "Warum denn nicht", fragen die Bitterfelder.

Scheu vor einem solchen Schritt kennt Marcel Vaupel nicht. "Ich habe auch gar nicht so intensiv lernen müssen. Irgendwie ist mir alles leicht gefallen in Russisch." Warum, wisse er nicht. Aber in der Fremdsprache reden, sich in immer wieder neue Situationen hineinversetzen oder wie beim Wettbewerb einen Aprilscherz zu Papier bringen: das mache einfach Spaß. Ganz klar, dass da auch die Lehrerin dran glauben musste. "Die Jury wollte den Scherz, den hat sie bekommen."

Seit vier Jahren lernt Marcel Russisch - weil der ein Jahr ältere Freund ihm davon erzählt hatte und die Sprache für ihn angenehmer sei als "das gequirlte Französisch". Ohne Zweifel wäre aber natürlich auch der Reiz des völlig Fremden ausschlaggebend gewesen. "Andere Schrift, andere Satzmelodie, andere Sitten. Das war interessant." Der Gymnasiast fühlt sich darin durch den Unterricht bestätigt, hat auch in Gesprächen mit Muttersprachlern viel dazu gelernt. "Bei den Wettbewerben triffst du immer wieder Russen, da redet man kaum Deutsch." In Russland oder anderen Ländern der früheren Sowjetunion war das Sprachtalent jedoch noch nie. Das soll sich aber ändern. Im Herbst fliegt er mit einer Reihe anderer Bitterfelder Gymnasiasten nach St. Petersburg. "Kultur, Sprache, Lebensart. Die Schüler werden eine andere Welt kennen lernen und ganz sicher Spaß haben", erklärt Jana Adam. Marcel selbst kann sich mit dem Gedanken anfreunden, die russische Sprache zum Beruf zu machen. "Lehrer für Russisch und Englisch. Momentan stelle ich mir das für die Zukunft vor."

Natürlich hofft er auch, bei weiteren Russisch-Wettbewerben überzeugen zu können. Jetzt hatte er noch Tests in Landeskunde, Grammatik und Rechtschreibung zu absolvieren, Texte verstehen und vervollständigen müssen. Eine Runde weiter würde auch der mündliche Part an Bedeutung zunehmen. "Das ist schon anders, mit jemanden in der Fremdsprache reden. Aber genau das macht mir Spaß." Üben kann der Schüler der zehnten Klasse bereits. Derzeit ist er mit finnischen Gymnasiasten unterwegs. Dass der Dialog meist in Englisch geführt werden muss, wundert ihn ein wenig. "Die haben eine Grenze. Da dachte ich, dass die auch ein wenig Russisch können. Egal. Wir verstehen uns. Das zählt."