Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Weg in ein neues Leben
WOLFEN/MZ. - Rücken gerade, Kopf nach oben, dem Gegenüber direkt in die Augen geschaut. "Nein." Das Wort kommt gerade heraus. Ist deutlich und lässt keine Zweifel daran, dass hier eine Meinung offensiv vertreten wird. "Das konnte ich vor einigen Wochen noch nicht", sagt Christa Rosin. Von mangelndem Selbstbewusstsein erzählt die Wolfenerin, die bereit ist, umzudenken.
Sie hat sich eingeschrieben in den Kurs von Ulla Geitmann, geht den "Weg in mein neues Leben". Christa Rosin lernt, Kreativität freizusetzen und damit Stress zu bewältigen. Alles, was es dazu brauche, trage man in sich, ist Ulla Geitmann überzeugt. Sie begleitet im Wolfener Christophorushaus eine Hand voll arbeitsloser Frauen. Will zeigen, wie Krisen zu bewältigen sind, Spaß am Leben wieder deutlicher an Gewicht gewinnt, in sich gekehrte Menschen Mut schöpfen und sich etwas zutrauen. Am Ende ist die Köthenerin überzeugt davon, damit auch den Weg zu einem Job zu ebnen.
"Ich hatte keine richtige Kindheit, war immer krank", erklärt Kathrin ihre von Schicksalsschlägen geprägte Vergangenheit. Krebs hat der jungen Frau schon zwei Mal die Grenzen aufgezeigt. Sie lernt, sich zu öffnen, auszuprobieren. Das braucht Kraft und verlangt, Barrieren zu überwinden.
Kathrin fällt das noch sichtlich schwer. Sie nimmt sich zurück, will auch ihren Familiennamen nicht nennen. Und ist dennoch die erste Schritte Richtung eigenes und selbstbestimmtes Leben gegangen. Sie funktioniert nicht nur, hat dennoch aber Schwierigkeiten, sich zu öffnen. Da ist Christa Rosin ein ganzes Stück weiter. Sie setzt sich neue Ziele, lebt. Gedichte möchte sie schreiben. Solche, die ihr aus der Seele sprechen, ohne, dass besonders großes Augenmerk auf Stil und Qualität gelegt wird.
Niemand müsse sich verbiegen lassen, ist Ulla Geitmann überzeugt. Das Bild vom Strandflüchter hat sie bei diesen Worten immer zur Hand. Der Baum am Meeresstrand hat sich vom Wind formen lassen. So, wie sie selbst nicht der eigenen Eingebung folgte und Chemie statt Kunst studierte. "Aber irgendwann musste alles raus." Clowns habe sie gemalt. Farbenfroh und dennoch traurig. Warum es diese Bilder wurden, weiß Ulla Geitmann nicht. Doch der Mensch brauche einfach ein Ventil für seine Seele.
Selbst etwas tun, sich nicht nur steuern lassen: das ist der Ratschlag an die Frauen im Kurs, die zuhören und reden. Sie gehen aus sich heraus. Brechen Schalen auf. Wir sind der Chef in unserem Leben", hören sie immer wieder. Selbstbewusstsein soll wachsen, auch die Lust am Leben. Dann das wäre immer schön - bei Sonnenschein, im Regen. Grübeln darf sein. Warum auch nicht? Doch der Anteil des marternden Nachdenkens dürfe nicht ausufern. "Es hat sich geändert", ist Christa Rosin überzeugt. Sie hat Freude am Kurs, der auch für Ulla Geitmann noch immer nicht Pflichterfüllung geworden ist. "Er ist eine Beschäftigung, die ich brauche", betont die Köthenerin. Sich den Spiegel vorhalten, das helfe im Leben. Es sind nicht die großen Schritte, zu denen sie rät. Stück für Stück geschehe alles. Zugeschnitten auf das Ich. "Lebensfreude ist trainierbar", ist die Kursleiterin überzeugt. Ratschläge möchte sie geben. Wachrütteln. Nicht verbiegen.