Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Den Osten und den Westen gemeistert
BITTERFELD/MZ. - Was mit moderner Technik alles möglich ist, darüber spricht Hans-Udo Granzner mit Begeisterung. Und gerät ins Schwärmen,wenn sich damit auch noch etwas perfekt organisieren lässt. "Wir können Anlagen einbauen, mit denen der Kunde von unterwegs seine Heizung programmieren kann, damit er es schön warm hat, wenn er aus dem Urlaub nach
Hause kommt", sagt der Chef einer Firma für Heizungs- und Sanitärtechnik in Bitterfeld. Als Innungsobermeister in der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau, Wittenberg weiß er es zu schätzen, dass er mit einer E-Mail seine Innungsbetriebe innerhalb weniger Minuten über wichtige Dinge informieren kann.
Wie mühsam manches zu anderen Zeiten war, daran erinnert sich Granzner dieser Tage aus einem besonderen Grund: Vor 40 Jahren bekam der gelernte Rohrleitungsmonteur seinen Meisterbrief und war mit 26 Jahren jüngster Meister im Chemiekombinat Bitterfeld.
Der junge Spund aus der Farbenfabrik musste sich bei den alten Hasen aus dem EKB erst einmal durchsetzen. In der Bauabteilung des CKB war er mit seinen Kollegen dafür zuständig, dass in den 2000 Werkswohnungen, in Kindergärten, Großküchen, Ferienheimen, Bädern und Gaststätten alles funktionierte.
Aber auch größere Projekte wie die Biokläranlage im Ferienlager in Zingst, der Umbau des Gästehauses - jetzt das Hotel "Ambassador" in Bitterfeld - oder die komplette Neuinstallation in einer Kinderkombination in Bitterfeld waren zu bewältigen. Mit "Chefeinkäufer" Heinz Erdmann ging es dann oft auf Tour durch die Republik, um dieses und jenes zu beschaffen. "Wir hatten immer Wofalor im Auto. Damit haben wir alles bekommen, was wir brauchten. Einmal gelang es uns dadurch, zwei Lkw-Ladungen voll dringend benötigter Konvektortruhen mit nach Hause zu nehmen. So war das eben in der Notgemeinschaft DDR: Es gab nichts und trotzdem hatten alle alles."
Mit der Marktwirtschaft kam das "Überangebot an Material", wie Granzner sagt. Ihm war nach wenigen Monaten klar, dass für ihn nur noch die Selbstständigkeit in Frage kam. Am 1. Februar 1991 gründete er nach entsprechenden Verhandlungen mit der Treuhand auf dem Gelände der Reparaturabteilung des CKB in der Leipziger Straße 6 in Bitterfeld seine Firma für Sanitär- und Heizungstechnik.
Nun musste er sich nicht nur um Aufträge für seine sechs Mitarbeiter kümmern, er musste auch die Auflagen der Handwerkskammer erfüllen und als volkseigener Meister die Teile 3 und 4 der Meisterausbildung des Handwerks nachholen und dreimal in der Woche nach Feierabend zur Schule gehen. Dazu kamen Weiterbildungen, um Gas-, Flüssiggas- und Öltankanlagen errichten zu dürfen. Das alles konnte er schaffen, weil ihn die Familie zu jeder Zeit voll unterstützte.
Die Nachfrage nach neuen Heizungen und modernen Bädern war in den 90er Jahren so groß, dass die Firma Granzner 30 Mitarbeiter brauchte, um die Aufträge in Autohäusern, Einkaufsmärkten, Wohnbauten wie am Stern und Töpferwall und in ungezählten Altbauten umsetzen zu können.
Vor vier Jahren wählten die Innungsmitglieder Hans-Udo Granzner zum Obermeister der Innung Sanitär-, Heizung- und Klima, die dann unter seiner Führung von der Kreishandwerkerschaft Bitterfeld zur Kreishandwerkerschaft Anhalt nach Dessau wechselte. "Bei mehr als 3000 Mitgliedsbetrieben in Anhalt-Bitterfeld, Dessau-Roßlau und Wittenberg hat das Wort ihrer Interessenvertreter mehr Gewicht als in einem kleineren Gebilde", erklärt er. Deswegen sei er 2004 auch ein Verfechter der großen Stadt Bitterfeld-Wolfen mit Sandersdorf, Zscherndorf, Pouch, Mühlbeck, Muldenstein, Friedersdorf und Jeßnitz gewesen. Diese Stadt hätte immerhin gut 74 000 Einwohner gehabt.
Hans-Udo Granzner kann sich auch jetzt vieles vorstellen, nur eins nicht: den Ruhestand mit 67. Dazu gibt es für ihn noch viel zu viel Interessantes in der Welt des Handwerks, an dem er dran bleiben und das er mitgestalten möchte. "Dabei wird man nicht alt", so seine Erfahrung aus 20 Jahren Meister Ost und 20 Jahren Meister West.