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Salzlandkreis Salzlandkreis: Faszinierendes Mittelalter

Von susanne schlaikier 29.04.2012, 17:47

bernburg/MZ. - Den besten Platz haben die Besucher des Mittelalterspektakels auf der Töpferwiese am Samstag im Badehaus bei Patrick Teichert. Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen um die 30 Grad Celsius ist eine Erfrischung im Badezuber genau richtig. Räucherkerzen verströmen angenehme Düfte und auf Wunsch massiert der Bademeister die Gäste auch persönlich. Die mehr als 1000-Liter-fassende "Badewanne" füllt Patrick Teichert regelmäßig mit frischem Wasser. "Ich bin regelrecht süchtig nach einem Bad nach getaner Arbeit", erzählt eine Schmuckhändlerin, die ihren Stand in unmittelbarer Nähe hat, voller Vorfreude.

Erstmals findet das Mittelalterspektakel in diesem Jahr auf der Töpferwiese an der Saale statt, weil der Schlosshof eine einzige Baustelle ist. "Ich finde es auf der Töpferwiese genial", sagt der Bademeister aus Leipzig. So habe er ausreichend Platz für sein Badehaus und den riesigen Bottich, den er erst vor kurzem von einem Winzer in Bayern geholt hat. Es ist seine erste Saison als Bademeister, erzählt Teichert. Früher habe er als Ritter an Turnieren teilgenommen. Auch in Bernburg war er bereits. Der Leipziger ist aber auch Märchenerzähler, Jongleur und Schauspieler. "Das ist wie ein Spielplatz für Erwachsene", erklärt er seine Faszination für Mittelaltermärkte.

Mitten auf dem Platz findet dann auch zu vorgerückter Stunde ein Ritterturnier statt. Dort treten vier wackere Frauen der Reitervereinigung "Banner Brandenburg" zum Wettkampf an: Alexandra zu Randeck, Katharina von Brick, Alexandra von Nordwijk und die Edle Wicky von Flake konnten beim Ringe stechen, auf der Schweinejagd und beim Roland schlagen Punkte sammeln. Am Ende erklärt Herold Erik Macbeal of Albany Laird of Glencairn Wicky von Flake zur Siegerin. Erstmals erweist die Rittervereinigung, die in der aktuellen Besetzung seit etwas mehr als einem Jahr besteht, dem Turney in Bernburg die Ehre. "Ich bin zwar geborener Ossi, aber ich habe Bernburg noch nie gesehen", sagt Herold Erik Macbeal of Albany Laird of Glencairn. Das holt er jetzt nach. Noch am Tag zuvor habe er sich das Schloss angesehen, erzählt Herold Erik. "Auf dem Schloss wäre es noch schöner gewesen", meint er. Er habe sich sofort in den Balkon verliebt, auf dem er gern gestanden und gerufen hätte. Der studierte Historiker hat schon seit seinem 9. Lebensjahr ein Faible, oder wie er es nennen würde "Tick", für vergangene Zeiten und besonders für das Mittelalter. Kämpfen indes sei nichts für ihn, erklärt der 49-Jährige mit dem Vollbart und der stattlichen Figur. Das überlässt er den Reitern, die Erfahrungen aus nationalen Meisterschaften mitbringen. "Ich habe eine laute Stimme. Ich bin zum Herold geboren", ist er überzeugt. Und so vergisst er denn auch nicht, das Volk nach dem Turney, das mit einem Ritt durch Feuer und Flammen endet, auf die Gaumenfreuden des Marktes hinzuweisen. "Vergesst mir das Saufen nicht", ruft der Herold ihm zu. Das dürfte bei dem reichhaltigen Angebot in den Tavernen an Ritterbier, Odinstrunk, Met und Fruchtweinen nicht der Fall gewesen sein.

Es gibt aber auch ein großes Speisenangebot: Deftiges aus der Pfanne, pikantes Knobibrot mit Käse und Peperoni Würstchen vom Grill, Eis und Crêpes. Händler bieten auf dem Platz ihre Waren wie Lederwaren, Keramik oder Gewänder feil und Handwerker zeigten ihr Können. Darunter sind ein Schmied, eine Spinnerin, ein Schreiner und ein Bogenbauer. Besucher Kay Sjaba interessiert sich schon länger fürs Bogenschießen und kommt mit dem Bogenbauer schnell ins Gespräch. "Ich finde es klasse, dass die Händler und Handwerker so auf die Leute eingehen", sagt der 31-Jährige. Er kommt schon seit einigen Jahren auf den mittelalterlichen Markt in Bernburg - passend in Schwarz gekleidet. Sjaba bedauert, dass seinem Beispiel zu wenige folgen. "Dann würde das Flair der Zeit noch besser rüber kommen", ist er überzeugt. Das sieht seine Begleitung Susi Grap genauso, die an diesem Abend ein enges schwarzes Mieder trägt. Die 22-Jährige mag die Atmosphäre auf dem Markt. "Schöner jedoch ist es auf dem Schloss", sagt sie.

Ähnlich äußern sich Marcella Heinrichs (13) und Maximilian Große (16) aus Köthen sowie Susanne Rahm und Steffen Koch aus Staßfurt. "Auf dem Schloss ist deutlich mehr los", sagt Rahm. Die Staßfurter sind wie Sjaba und Grap Stammgäste des alljährlichen Spektakels in Bernburg. Diesmal ist auch Söhnchen Moritz (Eineinhalb) dabei. "Wir fahren zu allen Mittelaltermärkten, die in der Nähe sind", erzählt Koch. Sie schätzen das Unkonventionelle, die Freiheit der damaligen Zeit. "Das hat nichts mit unserem Gesellschaftssystem zu tun", sagt Susanne Rahm. Dieses Lebensgefühl können die Besucher noch bis zum Dienstagabend auf der Töpferwiese genießen.