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Gutgläubigkeit ausgenutzt 64-Jähriger wird wegen Betrug zu 90 Tagessätze je 15 Euro Geldstrafe verurteilt: Prozess am Amtsgericht Bernburg

Von Carsten Roloff 06.06.2020, 11:56
Das Amtsgericht in Bernburg
Das Amtsgericht in Bernburg Archiv/Pülicher

Bernburg - Liebe kann manchmal blind machen. Trotz ihrer Lebenserfahrung kam eine Bernburgerin um diese bittere Erfahrung nicht herum. Anfang März 2019 drückte sie ihrem guten Bekannten 2.000 Euro in die Hand.

Ihr Freund sollte von diesem Geld einen gebrauchten Lada Niva oder ein ähnliches Fabrikat erwerben und reiste deshalb sogar ins Baltikum. Doch die 71-jährige Seniorin sah weder einen neuen, noch gebrauchten fahrbaren Untersatz und auch keinen Teil der Geldsumme wieder.

Statt einen Gebrauchtwagen zu besorgen, behielt der Angeklagte das Geld

Die zwei „Riesen“ steckte der 64-jährige gebürtige Magdeburger in die eigene Tasche. Der ehemalige Kfz-Mechaniker, der seit Jahren von Hartz IV lebt, erwarb dafür einen Kompressor für 1.850 Euro, der immer noch in seinem Besitz ist.

Den Kompressor benötigte der Tüftler, um Oldtimer farblich aufzumotzen und hielt seine Geldgeberin fast ein halbes Jahr erfolgreich hin. Erst als der „gute Freund“ sich aus dem Staub machte und nach Stendal zog, erstattete die um ihr Geld betrogene Saalestädterin am 19. August 2019 Anzeige bei der Polizei.

„Ich habe ihn davor mehrfach angemahnt, aber es passierte nichts. Ich war einfach zu gutgläubig, habe nicht einmal etwas Schriftliches in der Hand“, so die Geschädigte im Zeugenstand. Dieser Fakt spielte für Staatsanwaltschaft und Strafrichter André Stelzner jedoch keine Rolle, zumal der Angeklagte den Empfang der 2.000 Euro eingeräumt hatte. Auch nicht die Aussage des arbeitslosen Kfz-Mechanikers, dass er den Kompressor im Auftrag seiner Ex-Freundin angeschafft hatte.

Verteidiger plädiert auf Freispruch, Staatsanwalt fordert 1.800 Euro Strafe

Während die Verteidigerin auf Freispruch für ihren Mandanten plädierte, forderte der Staatsanwalt eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro. Bei seinem Urteil blieb André Stelzner eine Nuance unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Der Strafrichter entschied auf 90 Tagessätze zu je 15 Euro, berücksichtigte dabei auch die während der Verhandlung ausgewerteten WhatsApp-Nachrichten zwischen der Zeugin und dem Angeklagten. Dafür musste die Verhandlung für eine Viertelstunde unterbrochen werden.

„Der Vorwurf des Betrugs hat sich erwiesen. Der Angeklagte hat die Geschädigte vorsätzlich getäuscht, ihr vorgegaukelt, ein Auto zu besorgen und dabei ihre Gutgläubigkeit ausgenutzt“, begründete André Stelzner sein Urteil und richtete noch ein paar warnende Worte an den mehrfach vorbestraften Stendaler (16 Eintrage im Bundeszentralregister zwischen 1992 und 2010).

„Sie können froh sein, dass ihre letzte Straftat schon fast zehn Jahre zurückliegt. Sonst wäre auch eine Freiheitsstrafe in Betracht gekommen.“ (mz)