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Wenn Freunde zu Kollegen werden

Von Vivien Leue 22.03.2010, 08:18

Berlin/Freiburg/dpa. - Was privat klappt, kann beruflich ganz schön schiefgehen. Wenn Freunde zu Kollegen werden, ist das daher oft eine Belastungsprobe - privat wie beruflich.

Das Zusammenspiel funktioniert aber, wenn beide Seiten ein paar Regeln beachten. «Auf jeden Fall sollte man offen mit der Situation umgehen und dem Chef sagen, dass man mit dem neuen Kollegen befreundet ist», rät Susanne Rausch von der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung in Berlin.

Klare Verhältnisse sorgen auch zwischen den Freunden für Entspannung. «Wenn man ein Rollenbewusstsein schafft und klare Bedingungen aufstellt, zum Beispiel wie man sich in Konfliktsituationen verhält, dann kann das Zusammenarbeiten sehr gut funktionieren», sagt der Diplom-Psychologe und Coach Hans-Georg Huber aus Freiburg. Passiert dem neuen Kollegen ein Missgeschick, empfindet der Freund einerseits wahrscheinlich Mitgefühl. Andererseits ist er vielleicht auch sauer, weil der Fehler ihn in seiner Arbeit belastet. Solche Situationen belasten die Freundschaft dann nicht, wenn beide es schaffen, die berufliche Beziehung von der privaten zu trennen.

Gewisse Fragen sollten Freunde daher unbedingt klären, bevor sie zu Kollegen werden: Müssen wir jeden Tag die Mittagspause miteinander verbringen, uns bei schwierigen Projekten helfen oder füreinander einstehen, wenn es Probleme gibt? Fast alle diese Fragen können generell mit Nein beantwortet werden. «Man sollte nicht unbedingt zusammenglucken», sagt die Karriereberaterin Julia Funke aus Frankfurt am Main. «Natürlich kann man dem Freund zeigen, wo das Papier liegt oder wie die Kaffeemaschine funktioniert.»

Verantwortlich für den Freund sei man aber nicht, schränkt Funke ein. So müsse man ihn auch nicht über die Macken der Kollegen aufklären. «Mit Tratsch über Kollegen sollte man sich zurückhalten, da muss jeder seine eigenen Erfahrungen machen.» Vielleicht mag der Freund den verhassten Kollegen sogar sehr gerne.

Trotz aller Absprachen folgen die Gefühle nicht immer den aufgestellten Regeln. Deshalb kann es zwischen den Freunden und anderen Kollegen zu Streit kommen. «Konflikte sind ganz normal», sagt Coach Huber und rät, sich solche Differenzen offen einzugestehen. «Man darf auch mal irritiert sein und schlucken, wenn der Kollege und Freund sich anders verhält, als man es in einer privaten Beziehung erwarten würde.»

Die Alarmglocken sollten aber klingeln, wenn sich das eigene Bild vom Freund verändert und man ihn in einem anderen, schlechteren Licht sieht. «Dann muss ich das unbedingt ansprechen», meint Huber. Viele Menschen neigen dazu, sich im Büro anders zu verhalten als zu Hause. «Eine privat sehr liebe und ruhige Person kann im Beruf sehr ehrgeizig sein», sagt Susanne Rausch. So wird einem der gute Freund im Berufsleben vielleicht sogar unsympathisch.

Schwierig wird es auch, wenn ein Freund der Vorgesetzte ist. Immerhin muss ein Chef delegieren und auch mal ein Machtwort sprechen, während Freunde gleichberechtigt sind. Aber auch diese Schieflage lässt sich ausgleichen, wenn der befreundete Chef gute Führungsqualitäten besitzt. «Auch als Chef kann man auf Augenhöhe mit seinem Team kommunizieren», sagt Coach Huber.

Karriereberaterin Rausch sieht vor allem dann Probleme, wenn es um Umstrukturierungen und Kündigungen im Betrieb geht: «Da kommt man schnell in einen Loyalitätskonflikt.» Oft weiß der Vorgesetzte viel früher mehr als die restliche Belegschaft. Aber selbst vor Freunden muss er in dieser Situation stillhalten. Das wird schnell als Vertrauensbruch ausgelegt. «Auch hier gilt: Mann muss offen darüber reden, dass man nicht anders handeln kann und dass das die Freundschaft nicht belasten soll», sagt Rausch.

Diplom-Psychologe Huber sieht in der beruflichen Zusammenarbeit von Freunden aber auch Positives: «Man freut sich morgens auf den Freund im Büro. Das stabilisiert und immunisiert gegen die Widrigkeiten des Berufslebens.»

Wenn man seinem Chef den Freund für einen Job empfiehlt, sollte man sich über seine Kompetenzen sicher sein. «Man muss voll und ganz von ihm überzeugt sein und dem Freund mit der Empfehlung nicht nur persönlich gefallen wollen», sagt die Karriereberaterin Julia Funke aus Frankfurt am Main. Denn letztendlich steht mit der Empfehlung auch die eigene Reputation auf dem Spiel. Stellt sich der Freund als inkompetent heraus, könne das den eigenen Job belasten, meint auch Susanne Rausch von der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung in Berlin. «Bevor man jemanden seinem Chef für eine Stelle empfiehlt, muss man wissen, dass sich der Freund im Beruf nicht eventuell als andere Person entpuppt.»