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Weihnachten in Deutschland Weihnachten in Deutschland: Gans ist der beliebteste Festtagsbraten

Von Wolfgang Runge 20.12.2006, 07:43
Weihnachtsgans mit Hackbratenfüllung. (Foto: dpa)
Weihnachtsgans mit Hackbratenfüllung. (Foto: dpa) NDR

Eddelak/dpa. - In zwei Drittel derHaushalte kommt das knusprige Geflügel an den Feiertagen auf denTisch. Dabei ist die Gans eines der wenigen saisonalen Gerichte inDeutschland. In den sechs Wochen zwischen Sankt Martin undWeihnachten verzehren die Bundesbürger rund zehn Millionen Gänse. Dassind rund 35 000 Tonnen Gänsefleisch, also «400 Gramm proBundesbürger», sagt der Sprecher der schleswig-holsteinischenLandwirtschaftskammer, Manfred Christiansen.

Die Gänse gehören zu den ältesten domestizierten Geflügelarten.Schon vor 3500 Jahren wurden sie als Hausgeflügel gehalten. Auchheute noch leben sie in Deutschland meist in großen Gruppen mitausreichend Auslauf auf Grünflächen bei relativ langen Mastzeiten.Gänse gehören daher nach Auffassung des «Bundesverbands Tierschutz»zu den wenigen Tiere in Deutschland, die artgerecht gehalten werden.

Doch nur jede siebte Gans, die über die Ladentheke geht, ist auchin Deutschland aufgewachsen. Der Rest sind «Billigimporte» - häufigaus Ungarn und Polen, aber auch aus Frankreich. Die meisttiefgefrorene Ware stammt überwiegend aus Intensivmast, diePreisunterschiede zu hiesigen Freilandgänsen sind enorm.

Warum die Tiere dort so viel billiger produziert werden können,weiß die Tierschutz Stiftung «Vier Pfoten»: Mehrfachverwertung istdie neutrale Umschreibung für ein qualvolles Gänseleben. Dazu gehörtdas so genannte Lebendraufen - also das Rupfen der wertvollenGänsedaunen und -federn bei lebendigem Leib. In Polen und Ungarnmüssen die Vögel die sehr schmerzhafte Prozedur bis zu vier Mal inihrem kurzen Leben erdulden, um den Gänsezüchtern guten Verdienst zubringen.

In Ungarn und Frankreich erzielen die Züchter den größten Gewinndurch die Fettlebern, für die westeuropäische Gourmets Spitzenpreisezahlen. Um an diesen Rohstoff für feine Gänseleberpastete zugelangen, die «Pâté de foie gras», werden die Gänse «gestopft».Normalerweise frisst eine Gans täglich rund 200 Gramm Futter. DasStopfen ist eine für die Vögel qualvolle Zwangsernährung mit bis zuzwei Kilogramm Futter pro Gans. Dazu wird den Tieren mehrmals täglichmaschinell mit langen Stäben oder mit Druckluft ein Maisbrei in denMagen gepresst. Die Züchter erhalten so Gänse mit einer krankhaften,500 bis 1000 Gramm schweren Fettleber. Zum Vergleich: Eine gesundeGänseleber bringt lediglich 150 bis 160 Gramm auf die Waage. DasZwangsstopfen, das zur Erzeugung der Fettlebern erforderlich ist, istin Deutschland nach dem Tierschutzgesetz von 1972 verboten.

Das Gänsefleisch ist für diese Züchter daher kaum mehr als ein«Abfallprodukt». Doch auch beim Gänsebraten sind guter Geschmack undgutes Gewissen vereinbar. Zum Beispiel bei deutschen Gänsen ausbäuerlicher Freilandhaltung. Bei dieser «Weidemast» werden die Tieremehr als fünf Monate lang ausschließlich im Freien gehalten - das istmehr als doppelt so lange wie bei der Intensiv-Mast im Käfig.