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«Verein diskriminierter Raucher» trotzt Tabak-Verbot

Von Berit Schmidt 22.02.2008, 10:07

Geislingen/dpa. - An ihrem Stammtisch durften sie nicht mehr rauchen. Also gründeten einige Bürger aus Geislingen in Baden-Württemberg den «1. Verein diskriminierter Raucher», um in ihrem Vereinsheim weiter qualmen zu dürfen. Damit ecken die Tabak-Freunde jedoch mächtig an.

Dicke Rauchschwaden wabern durch den Raum. Auf dem Tisch steht eine große Box Tabak. Regelmäßig ist das Klicken von Feuerzeugen zu hören. «Ich rauche seit meinem 14. Lebensjahr. Und dann kommt ein Regierungsbeamter und sagt, ich darf nicht mehr rauchen», beschwert sich der 68-jährige Adolf Witke. Bis zu 300 Gramm Tabak verqualmt er in der Woche. Witke ist Mitglied in Deutschlands erstem Verein diskriminierter Raucher und kämpft für eine Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes.

«Das soll sicherlich auch provozierend sein», sagt Hans-Jörg Geyer, Vereins-Pressesprecher. «Es soll klar werden, dass sich die politischen Machenschaften an den Interessen der Bürger anzugleichen haben», fügt der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär hinzu. Der Fernfahrer Irfan Ficicioglu stimmt ihm zu: «Es geht uns ums Prinzip. Heute sind es die Raucher, morgen verbieten die mir was anderes.» Obwohl er Nichtraucher ist, unterstützt er den Verein.

Seit April vergangenen Jahres setzen sich die Geislingener für die Rechte der Raucher ein. Die Mitglieder wehren sich vor allem gegen eine Bevormundung, heißt es in einem Informationsblatt. Und sie kämpfen für einen Abbau von Diskriminierung der Raucher. Ein Rauchverbot halten sie nur in Schulen, Restaurants und öffentlichen Gebäuden für akzeptabel. «Rebellen sind wir aber nicht, nur ganz normale Bürger», sagt der Vereinsvorsitzende Ridvan Ficicioglu.

Die Mitglieder kennen sich meist schon aus früheren Zeiten. Sie wollten ihren Stammtisch erhalten - und dabei eben rauchen dürfen. «Wir sind schon stolz darauf, dass wir eine Vorreiterrolle übernommen haben», sagt Geyer. Mittlerweile hat der Verein in ganz Süddeutschland rund 200 Mitglieder; aller Altersschichten, aller Berufsgruppen, aller Nationalitäten. Viele sind allerdings nur Mitglieder auf dem Papier und kommen nicht zu den Treffen.

In ihrem Kampf für eine bessere Raucher-Welt nimmt der Verein auch Ärger in Kauf. Das Ordnungsamt schickte kürzlich einen Bußgeldbescheid wegen des Betreibens einer öffentlichen Gaststätte ohne Konzession. Das Gebäude werde seit 160 Jahren als Gaststätte genutzt, sagt Paul Thierer von der Stadtverwaltung Geislingen. Es sei frei zugänglich und es handle sich um einen offenen Verein, der Gewinnabsichten verfolge. «Uns geht es um die Frage des Gaststättenrechts, nicht um das Nichtraucherschutzgesetz», sagt er.

Wenn es sich bei dem Vereinsheim allerdings um eine Gaststätte handelt, greift auch das Rauchverbot. Und genau darum ginge es den Mitgliedern, sagt Thierer. Als der Verein gegründet worden sei, sei immer wieder betont worden, das Nichtraucherschutzgesetz umgehen zu wollen. Damals habe der Sohn des Vorsitzenden sogar eine Konzession beantragt, diese aber nicht verlängert.

Das Amtsgericht gab dem Ordnungsamt recht und verurteilte den Verein zu einer Geldstrafe, gegen die Ridvan Ficicioglu mittlerweile Rechtsbeschwerde eingelegt hat. «Bei der Gründung hat sich die Behörde nicht für uns interessiert. Jetzt gehen alle auf uns los. Wir werden bis zum Schluss kämpfen», sagt er.

Das Vereinsheim in der alten Brauereigaststätte wurde in eine Geschäftsstelle umbenannt. Beim Betreten müssen die Mitglieder nun ihren Ausweis vorzeigen, für Nichtmitglieder bleibt die Tür versperrt - in der Hoffnung, dass der Verein dann nicht mehr als Gaststätte gilt und die Mitglieder weiterhin ungestört rauchen dürfen. «Wir schämen uns nicht, dass wir Raucher sind. Es ist keine Schande», sagt Ridvan Ficicioglu.