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Quizduell Quizduell: Allein unter Freunden

Von Anne Lena Mösken 23.01.2014, 15:08

Wenn Sie noch nichts von dieser App gehört haben, um die es in den folgenden Zeilen gehen wird, dann lesen Sie jetzt besser nicht weiter. Quizduell macht süchtig, soviel sei verraten. Die Redaktion übernimmt keine Verantwortung für vertrödelte Arbeitstage und einsame Abende auf dem heimischen Sofa, die Sie in einem autistischen Zustand über ihr Smartphone gebeugt verbringen werden, sollten Sie, und sei es aus bloßer Neugier, Quizduell ausprobieren.

Für alle, die dieser App bereits verfallen sind, kommt jegliche Hilfe sowieso zu spät, kann nur noch der Versuch einer Erklärung gewagt werden: Was ist verdammt noch mal so spannend daran, stundenlang Fragen wie diese zu beantworten: „Welcher schwedische König war an der Namensgebung des Königsstuhls auf Rügen beteiligt?“ (Karl XII.) oder „Was ist eine Koloskopie?“ (eine Darmspiegelung) oder „In welcher TV-Serie steht die Familie Huxtable im Mittelpunkt?“ (Die Bill Cosby Show).

Die Idee des Spiels ist einfach wie süchtig machend: In sechs Runden à drei Fragen treten zwei Spieler gegeneinander an und testen ihr Wissen in verschiedenen Kategorien. Der Fragenkatalog umfasst über 25.000 Fragen. Eine der beiden Spieler beginnt, in dem er sich für eine von drei dargebotenen Frage-Kategorien entscheidet. Er bekommt dann nacheinander drei Fragen dieser Kategorie eingeblendet, jeweils mit vier Antwortmöglichkeiten. Bevor die Zeit abgelaufen ist, muss er sich für eine Antwort entscheiden. Anschließend ist der andere Spieler an der Reihe und bekommt dieselben Fragen gestellt. Zu Beginn der nächsten Runde darf er die Kategorie bestimmen. Nach sechs Runden ist Schluss. Wer mehr Fragen richtig beantwortet hat, gewinnt. Im "Quizduell"-Ranking bringen Siege gegen gutplatzierte Spieler mehr Punkte als Erfolge gegen Neulinge.

"Quizduell" ist für iOS und Android kostenlos erhältlich und kann auf Smartphones und Tablet-PC gespielt werden. Wen die eingeblendete Werbung stört, kann gegen eine Gebühr von bis zu drei Euro (je nach Handy-Betriebssystem) die Premium-Variante freischalten. Mit dieser lässt sich außerdem ein eigenes Profilbild designen und auf Statistiken wie das weltweite "Quizduell"-Ranking zugreifen. Auch für die Nutzung der Gratis-Variante muss man sich registrieren, aber die App greift nicht auf persönliche Daten der Nutzer zu. Gespeichert wird nur der Benutzername. Damit spielt man dann entweder gegen die eigenen Freunde oder zufällig ausgewählte Gegner aus dem deutschsprachigen Raum.

Hinter dem "Quizduell" steckt die schwedische Firma Feo Media. Deren Chef Robert Willstedt kann den Run auf das Spiel selbst noch nicht recht fassen: "Wir ahnten nicht, dass das so lange so gut laufen könnte", sagte er dem "Handelsblatt". Seit 2009 hatte der gelernte Lehrer mit seinem Bruder und einem befreundeten Bruderpaar in seiner Freizeit an Apps getüftelt, doch erst das Quiz-Spiel brachte den Durchbruch. Ohne Startkapital und Marketing entwickelten sie "Quizkampen" und erklommen in nur drei Wochen den Spitzenplatz im schwedischen App-Store.

Der Aufstieg der App vollzog sich rasant. Im November 2013 verzeichnete die App eine Million registrierte Nutzer, nun sollen es schon 5,5 Millionen sein. Vier Millionen Deutsche nutzen das Spiel jeden Tag. Zur Verbreitung bei trägt sicherlich die Anbindung an Soziale Medien wie Facebook, wo man seine Spielergebnisse teilen kann. Außerdem kann jeder User selbst Fragen samt Antwortmöglichkeiten einreichen. Das Quizduell-Team checkt die Fragen auf Plausibilität und baut sie dann ins Spiel ein.

Ein Tochterunternehmen der TV-Produktionsfirma ITV hat "Handelsblatt Online" zufolge einen Lizenzvertrag mit Entwickler Feo Media geschlossen, der auch Deutschland umfasst. Damit käme "Quizduell" im Fernsehen von der gleichen Firma wie das RTL-Dschungelcamp "Ich bin ein Star, holt mich hier raus". Die Quizduell-Macher aus Schweden berichten außerdem, dass ein Buch mit Fragen und Anekdoten geplant sei.

Auf der Suche nach einem Schuldigen landet man zunächst bei einem 31 Jahre alten Geschichtslehrer aus Schweden. Er heißt Robert Willstedt und hat zusammen mit seinem Bruder und zwei Freunden Quizduell erfunden. Und wie bei so vielen erfolgreichen Produkten ist die Idee dahinter denkbar einfach: Zwei Spieler treten gegeneinander an, jedes Quizduell hat sechs Runden mit je drei Fragen aus Wissensgebieten wie „Bücher & Wörter“, „Zeugen der Zeit“, „Kunst & Kultur“, „Die 2000er“. Vier Antworten stehen zur Auswahl. Die Zeit läuft. Freunde spielen gegen Freunde. Einer gewinnt, einer verliert. Das ist alles. Mehr als dieses simple Spiel in ein ästhetisch fragwürdiges Design zu kleiden, hat Herr Willstedt nicht getan.

Süchtig sind wir von ganz alleine, nach dem schnellen (kostenlosen) Kick bei jeder richtigen Antwort, ob gewusst oder erraten; nach der heimlichen Genugtuung, schlauer zu sein als Freund oder Freundin, Kollege, Mutti oder Bruder; süchtig, nach der Bestätigung, dass längst vergessen geglaubtes Schulwissen noch abrufbar irgendwo im Gehirn schlummert, dass Nerdwissen doch irgendwo gefragt ist und Unsinn, den man aus dem Fernseher und den Klatschspalten aufgeschnappt, auf einmal einen Sinn hat. Quizduell ist so toxisch, weil es gleich mehrerer menschliche Sehnsüchte befriedigt: nach Anerkennung und Wettbewerb, vor allem aber nach sozialer Interaktion.

Das Paradox liegt in der eingangs ausgesprochenen Warnung: Denn bei allem ist eben niemand mehr unter Leuten, sondern – ob im Hörsaal, in der S-Bahn, in der Kantine – immer allein mit seinem Smartphone.

Hallo? Sind Sie noch da? Oder haben wir Sie längst wie vier Millionen andere in Deutschland an Quizduell verloren?