Netzgeschwindigkeit Netflix: Übertragungsrate bei DSL-Anschlüssen nimmt durch Steaming-Dienste ab

Halle (Saale) - Wenigstens flunkert die Mitarbeiterin eines der größten Internet-Provider nicht lange um den heißen Brei herum. Selbstverständlich hat der Kunde Glück, denn bei ihm kann ein Netzanschluss mit 50.000 Megabit pro Sekunde problemlos freigeschaltet werden. „Aber ankommen wird bei Ihnen dann leider nur etwa die Hälfte“, gesteht die freundliche Dame.
Immerhin. Das ist nicht nur mehr als der Durchschnitt der Deutschen an Netzanbindung zur Verfügung hat. Es ist auch deutlich ehrlicher. Denn nach einer Untersuchung der Bundesnetzagentur sind die Geschwindigkeitsversprechen der Provider oftmals nur leere Versprechen.
Nach dem ersten „Bericht zur Breitbandmessung“, der die Ergebnisse einer deutschlandweiten Breitbandmessung enthält, bei der zwischen September 2015 und September 2016 160 000 Anschlüsse getestet wurden, handelt es sich dabei nicht um einzelne Ausreißer, sondern um ein flächendeckendes Phänomen, das sämtliche Regionen, alle Arten von Anschlüssen und sämtliche Anbieter betrifft. Über alle verschiedenen Anschlussklassen und Anbieter hinweg „erreichen Kunden oft nicht die maximale Geschwindigkeit, die ihnen in Aussicht gestellt wurde“, erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.
Übertragungsrate bei DSL-Anschlüssen durch Steaming-Dienste wie Netflix beeinflusst
Wie groß der Unterschied zwischen Werbeversprechen und gelieferter Bandbreite ist, zeigen einzelne Zahlen. So erreichen gerademal 50 Prozent der Nutzer per DSL oder Kabel 60 Prozent oder mehr der vereinbarten maximalen Daten-Übertragungsrate. Nur bei zwei Anbietern konnte die Hälfte der Nutzer mehr als 90 Prozent der zugesagten Leistung nutzen.
Bei einer Kiste Bier, bei der nur die Hälfte der Flaschen zu 60 oder 90 Prozent gefüllt wäre, würde das zu Protest an der Kasse führen. Bei Internetanschlüssen aber bemerkt der Kunde selbst meist gar nicht, mit welcher Geschwindigkeit er surft. So lange sich Internetseiten einigermaßen zügig aufbauen und Musik oder Videos meist ruckelfrei abgespielt werden, kommt es folglich kaum zu Klagen. Dabei wäre Anlass genug da: Bei den DSL-Anschlüssen erreichten je nach Bandbreitenklasse nur vier bis 25 Prozent der Kunden die gebuchte maximale Datenübertragungsrate. Die niedrigsten Werte betreffen vor allem DSL-Anschlüsse mit maximal 18 Mbit/s. Bei der Auswertung fielen Leistungsabfälle besonders in der superschnellen Bandbreitenklasse von 200 bis kleiner als 500 Mbit/s auf, die zumeist von Kabelbetreibern angeboten werden. Hier nahm die Übertragungsrate vor allem in den Abendstunden ab. Grund dürften Netflix und andere Streaming-Dienste sein.
Auch im Mobilbereich sind die Angaben der Netzbetreiber überoptimistisch. Lediglich 30 Prozent der Nutzer surfen mit mindestens der Hälfte der maximalen Übertragungsrate. Vor allem hohe LTE-Geschwindigkeiten von 300 Mbit/s werden in der Praxis nach Angaben der Bundesnetzagentur nur „in Ausnahmefällen“ erreicht. Trotzdem bewerteten die Kunden die Anbieter überwiegend positiv. Die Autoren der Studie vermuten, dass die Mobilkunden eher die Mobilität als die maximale Datenübertragungsrate bewerten.
Bereits Studien aus den Jahren 2012 und 2013 hatten gezeigt, dass Internetanschlüsse nur selten die vertraglich zugesagten Übertragungsraten liefern. Seitdem haben sich den Daten des Breitbandberichtes zufolge keine Verbesserungen eingestellt. Das könnte Folgen haben. „Wenn die Anbieter zukünftig weiter keine realistischen Geschwindigkeitsangaben machen, kann die Bundesnetzagentur gegen einzelne Unternehmen Verfahren durchführen“, sagte ein Behördensprecher. (mz)
Zur Breitbandmessung: www.breitbandmessung.de