Schmuck Schmuck: Piercing - ein Blickfang mit Risiken

Karlsruhe/Aachen/dpa. - Der Silberring in der Nase oder das Glitzersteinchen im Bauchnabel - ein gut gemachtes Piercing kann ein echter Hingucker sein. Die kleinen Schmuckstücke im Gesicht und am Körper sind vor allem bei Mädchen im Teenageralter gefragt. Doch wer sich ein Piercing stechen lassen möchte, sollte auf der Suche nach einem Piercer kritisch und wählerisch vorgehen. Denn die Prozedur kann auch schmerzhafte Infektionen, lästige Allergien oder hässliche Narben zur Folge haben.
«Am sichersten ist es, das Piercing beim Arzt unter sterilen Bedingungen machen zu lassen», rät die Hautärztin Ellen Meyer-Rogge in Karlsruhe. «Da jedes Piercing eine Infektionsgefahr mit sich bringt, ist eine optimale Hygiene besonders wichtig.» Die dazu nötige Fachkenntnis und Ausrüstung sind beim Hautarzt am ehesten zu finden.
Viele Hautärzte, die Piercings anbieten, beschränken sich auf bestimmte Körperregionen: «Von Piercings im Mund, an den Ohrenknorpeln und im Intimbereich rate ich grundsätzlich ab», sagt der Dermatologe Ullrich Shih aus Leonberg. An diesen Stellen sei das Risiko von Infektionen und Entzündungen zu hoch.
Besonders vor Zungenpiercings warnen die Fachleute: «Das ist ein tiefer Stich durch einen ganzen Muskel», sagt Shih. Ein solcher Eingriff sei kaum kontrollierbar. «Wenn es da zu einem Infekt kommt, drohen Komplikationen bis zum Absterben des Zungengewebes.» Piercings an der Nase, im Bauchnabel oder an den Augenbrauen seien dagegen vergleichsweise harmlos.
Aber auch dort ist das fachgerechte Vorgehen wichtig - sonst können Nerven und Muskeln verletzt werden oder schmerzhafte Knoten rund um den Körperschmuck entstehen. Die Stelle wird örtlich betäubt, mit einer sterilen Nadel durchstoßen und anschließend mit einem Verband verschlossen. «Für das Erstpiercing eignet sich ausschließlich Titanschmuck», sagt Hautarzt Shih. Titan sei als einziges Metall so hart, dass keine zusätzlichen härtenden Stoffe beigemischt seien. Das sei wichtig, weil die verletzte Haut nach dem Piercen ein Sekret abgibt, das schädliche Stoffe aus dem Metall herausschwemmt. Diese bilden eine zusätzliche Quelle für Infektionen.
Nach dem Piercen ist Geduld gefragt: «In den ersten drei bis sechs Monaten muss der Titanschmuck drinbleiben,» sagt Shih. Nur so könne der gestochene Kanal gut verheilen und sich schützende Haut darin nachgebilden. Danach dürfe auch anderes Metall für den Schmuck verwendet werden.
Wer sich lieber im Studio als beim Arzt piercen lassen möchte, sollte dort besonders auf Hygiene und Beratung achten. «Die Betreiber solcher Studios sind häufig überhaupt nicht ausgebildet», warnt Ellen Meyer-Rogge. «Leider existiert bisher keine Form der Qualitätssicherung für Piercing-Studios.» Dennoch gebe es erstklassige Studios, in denen man sich bedenkenlos piercen lassen könne. Aber diese unter den «schwarzen Schafen» ausfindig zu machen, ist nicht einfach und fordert Eigeninitiative.
Die fehlende Ausbildung vieler Piercer bemängelt auch der Zahnarzt Stefan Koch aus Sonneberg, der nebenberuflich in einem Piercingstudio arbeitet. Der Fachmann rät, sich das Studio zunächst in Ruhe anzusehen. «Ein wichtiges Merkmal ist das ausführliches Vorgespräch, in dem der Kunde über Vorgehensweise, Risiken und den verwendeten Schmuck informiert wird», so der Zahnarzt und Piercer.
Ein guter Piercer werde sich auch nicht scheuen, genaue Auskünfte über die verwendeten Desinfektionsmittel zu geben. «Außerdem müssen Geräte zur Sterilisation vorhanden sein», sagt Koch. Auch die Frage nach dem Alter ist ein Qualitätsmerkmal: «Bei uns werden Jugendliche unter 18 Jahren nicht ohne schriftliches Einverständnis der Eltern gepierct», sagt der Zahnarzt.
Ein Restrisiko bleibt beim Piercen immer. «Aber wenn es vernünftig gemacht wird, hält es sich in Grenzen», sagt Koch. Dennoch ist die Entscheidung für ein Piercing eine gründliche Überlegung wert - vor allem, wenn der Schmuck im Gesicht getragen werden soll. In vielen Berufen werden durchstochene Nasen, Lippen oder Augenbrauen nicht gern gesehen. Besonders in Banken, Versicherungen oder im Management kann sich ein Piercing im Gesicht beim Vorstellungsgespräch negativ auswirken. «Was in einem Architektenbüro schick sein mag, kann in einem großen, konservativen Unternehmen unpassend wirken», sagt die Bewerbungstrainerin und Personalchefin Tatjana Nichulitz vom Zentrum für Lern- und Wissensmanagement in Aachen.
Hautarzt Ullrich Shih hatte schon Patienten, die ihr Piercing aus beruflichen Gründen wieder loswerden wollten. «Man kann Piercings operativ entfernen», sagt Shih. «Aber eine kleine Narbe bleibt immer, und auch dabei kann es zu Komplikationen kommen.» Außerdem sind in diesem Fall nicht nur die rund 50 bis 80 Euro für das Piercing verloren, es entstehen außerdem Kosten für die Entfernung. Vor dem Stich sollte also die Stelle gut ausgewählt werden - damit das Piercing lange ein Hingucker sein kann.