Roller Derby: Mutige Frauen auf Rollschuhen
Hamburg/Stuttgart/dpa. - Schnelle Bässe dröhnen aus den Lautsprechern. Die Zuschauer feiern auf den Rängen, während auf dem Spielfeld Frauen mit kurzen Röcken und Netzstrumpfhosen auf Rollschuhen um die Wette rasen.
Sie sind mitten in einem Wettkampf der neuen Frauen-Trendsportart Roller Derby. «Das Tolle daran ist, dass man sich auch als Frau mal so richtig austoben kann - und dabei trotzdem weiblich aussieht», sagt die Spielerin Lily Wolf aus Hamburg. Auch Hollywoodstar Drew Barrymore hat das Extremskaten entdeckt und will bald einen Film dazu in die Kinos bringen - mit Ellen Page aus dem Erfolgsfilm «Juno» in der Hauptrolle.
Die Idee hinter dem Roller Derby ist relativ einfach: Zwei Teams aus jeweils 10 bis 14 Mädchen treten gegeneinander an und versuchen, in zwei Halbzeiten von je 30 Minuten möglichst schnell und möglichst häufig ums Spielfeld zu fahren. Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht. «Roller Derby ist ein taktisches Spiel», erklärt Marta, Sprecherin der 2006 gegründeten Stuttgart Valley Rollergirlz. «Zuerst fahren die Blockerinnen los, die die Bahn für die nachkommenden Spielerinnen der Gegenmannschaft blockieren.»
Die sogenannten Jammerinnen haben die Aufgabe, durch diesen Block hindurchzukommen und Punkte für ihr Team zu sammeln. Dabei geht es ziemlich ruppig zu: «Greifen, reißen und foulen ist nicht erlaubt», sagt Marta, die sich auf dem Spielfeld Polly Purgatory nennt. «Aber Verletzungen durch Rempeln, Blocken und Stürze sind dennoch programmiert.» Blaue Flecken sind daher keine Seltenheit. Auch geprellte Gelenke oder gebrochene Knochen kommen vor - trotz der Pflicht, Helme, Zahnschutz und Schützer zu tragen.
Diese Aggressivität macht für die meisten Spielerinnen den Reiz des Roller Derbys aus. Sie müssen allerdings 18 Jahre alt sein. «Das Verletzungsrisiko ist eine zu große Gefahr für junge Mädchen», erklärt Lily Wolf, die in Hamburg das Team Harbor Girls gründet.
An sich ist die Sportart schon ziemlich alt: Roller Derby gab es bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts in den USA. Dort erreichte der Sport laut der New Yorker Organisation Gotham Girls Roller Derby in den 50er Jahren seinen Höhepunkt. Dann wurde der Sport unpopulär, bis er vor einiger Zeit in wiederentdeckt wurde.
Seit etwa 2001 haben sich auf der anderen Seite des Atlantiks mehr als 100 Teams gegründet. Außerdem gibt es Teams in Australien, England, Irland und Kanada. In Deutschland dagegen spricht sich der Reiz des Roller Derbys gerade erst herum. Bis jetzt gibt es neben Stuttgart nur in Ludwigsburg eine offizielle Mannschaft, gleich mehrere sind in der Gründungsphase, etwa in Bremen und Berlin.
«Man braucht eine Menge Ausdauer und Kondition», sagt die 29-jährige Studentin Marta. Auch Tempo und Reaktionsvermögen sind wichtig, schließlich müssen die Gegnerinnen trotz des unüberschaubaren Spielfeldes im richtigen Moment umgangen und überholt werden. «Voraussetzung ist natürlich auch, dass die Spielerinnen nicht zimperlich oder empfindlich sind.»
Stuttgart Valley Rollergirlz: www.rollergirlz.de
Die Rollergirlz bei «myspace.com»: www.myspace.com/svrollergirlz
Die Hamburger Harbor Girls bei «myspace.com»: www.myspace.com/harborgirls_hamburg
Einige Spielerinnen lieben es, beim Roller Derby in eine andere Rolle zu schlüpfen: Sie kleiden sich gewagter als sonst und verhalten sich lauter als im normalen Alltag. Doch für manche Spielerinnen ist Roller Derby auch Ausdruck ihres Lebensgefühls. «Für mich ist das Spieldress keine Verkleidung», sagt die Spielerin Lily Wolf. «Ich mag diese Musikmischung aus Punk und Rock'n'Roll - und das dazu gehörige Lebensgefühl.» Sie findet es gut, beim Spiel kein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen. «Da muss ich mir keine Gedanken machen, ob das damenhaft ist.»