Wiesn 2017 Wiesn 2017: Dirndl-Code verstehen und andere Tipps fürs Oktoberfest

Für alle, die lange Schlangen vor den Bierzelten, Sprachbarrieren, modische Fauxpas und rechtliche Schwierigkeiten umgehen möchten, haben die ERV (Europäische Reiseversicherung) und Rechtsanwalt Felix Beer hilfreiche Tipps für einen gelungenen Wiesn-Besuch.
Die richtige Zeit
Langschläfer haben auf dem Oktoberfest schlechte Karten. Zumindest wenn sie keine der begehrten Tischreservierungen vorweisen können. Volksfestliebhaber sollten am Wochenende bereits ein bis zwei Stunden vor der offiziellen Zelteröffnung um 9 Uhr vor Ort sein. Auch wochentags sichert sich der frühe Vogel einen Platz, wenn er sich früher als 10 Uhr vor dem Bierzelt einfindet.
Besucher, die sich über eine Reservierungsbestätigung freuen, sollten dennoch die Uhrzeit im Blick behalten und pünktlich eintreffen. Die Wiesn-Wirte belegen Tische nach, sobald sie nicht zum vereinbarten Termin besetzt sind.
Tipp: Auch in den kleineren Festzelten kommt eine zünftige Stimmung auf und die Schlangen sind häufig kürzer.
Wadschnbam! Äh, was..?
Als Wiesn-Besucher sollten Sie sich darauf einstellen, dass auf dem Oktoberfest viel Bayerisch gesprochen wird. Damit es mit der Verständigung klappt, hier die wichtigsten Begriffe:
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So verstehen Sie den Dirndl-Code
Traditionell glänzen Wiesn-Fans allerdings in klassischem knie- oder knöchellangem Dirndl und Lederhos'n. Für die Dirndlträgerinnen spielt es außerdem eine Rolle, wie die Schürzenschleife gebunden ist:
Zelte für Feierwütige oder Biermuffel
In jedem Wiesn-Bierzelt herrscht eine ausgelassene Stimmung. Welches davon welchen Geschmack trifft, ist wieder eine andere Sache. Die jungen Feierwütigen treffen bevorzugt im Hacker-Zelt oder Schottenhamel aufeinander.
Uriges Flair gibt es in der Augustiner Festhalle. Dort kommt das Bier noch stilecht aus 200 Liter-Holzfässern, die von Wiesn-Kennern auch „Hirschen“ genannt werden. Der Hunger auf Ochsenfleisch wird - wie der Name bereits vermuten lässt - in der Ochsenbraterei (Spatenbräu Festhalle) gestillt. Stars und Sternchen geben sich im gemütlichen Käfer die Klinke in die Hand. Und das Weinzelt eignet sich für alle Biermuffel. Diese finden hier neben Wein auch verschiedene Sekt- und Champagnersorten. Das Hofbräu-Zelt gilt als Schmelztiegel der Nationen.
Tipp: Für eine wohlgesonnene Bedienung, Trinkgeld nicht vergessen.
Die Oide Wiesn für Familien
Die alte oder auch „Oide Wiesn“ genannt, stellt den nostalgischen Teil des Oktoberfestes dar, hier geht es etwas ruhiger zu. Brauchtumfans flanieren da vorbei an Fahrgeschäften und Volksfestattraktionen aus Gründerzeiten, fiebern mit beim historischen Pferderennen und trinken Bier aus traditionellen Steinkrügen. Die Alte Wiesn kostet zwar einen geringen Eintritt (rund 3 Euro), dafür ist sie nicht ganz so überfüllt und daher besonders für Familien mit Kindern geeignet.
Millionen Besucher, Millionen Maß Bier, Millionen Kilowattstunden und Millionen-Umsätze: Das größte Volksfest der Welt ist ein einziger Superlativ. Einige Zahlen im Überblick.
Rund 6 Millionen kommen alljährlich auf die Wiesn in München, der Rekord von 1985 lag bei 7,1 Millionen. Die Stadt als Veranstalter möchte gar nicht mehr Gäste anlocken - sonst wird es zu eng.
Das Wiesn-Gelände hat 34,5 Hektar - wenig für die riesige Besucherzahl. An die 400 000 Menschen drängen an einem starken Tag auf das Areal.
Gut eine Milliarde Euro bringen die Besucher ein. Rund 435 Millionen Euro gaben sie etwa 2013 Umfragen und Berechnungen zufolge für Fahrgeschäfte, Bier, Hendl und Co. auf dem Fest aus. Der größere Anteil kam aber Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie sowie Bahn, Taxi und anderen Beförderungsmitteln zugute.
Rund 8000 fest angestellte und 5000 wechselnde Arbeitskräfte sind an den 16 Festtagen im Einsatz.
Gigantisch. Das größte ist das Hofbräuzelt mit 10 000 Sitzplätzen inklusive Biergarten. Alle Zelte zusammen: rund 119 000 Plätze.
2014 tranken die Gäste 7,7 Millionen Maß Bier. Dazu verzehrten sie rund 500 000 Brathähnchen, 112 Ochsen und 48 Kälber.
Rund 1500 Sitzplätze, ein Kilometer Stehplätze und 32 behindertengerechte Toiletten. Die Benutzung kostet nichts.
Mit bis zu 9000 Teilnehmern und sieben Kilometern Länge einer der größten der Welt.
Die Festleitung ist stolz auf die Fortschritte. Restmüll und Wasserverbrauch sanken um ein Vielfaches. Die Zahlen bleiben trotzdem enorm. Der Stromverbrauch liegt bei rund drei Millionen Kilowattstunden, etwa der Jahresverbrauch von 1200 Haushalten.
Mehr als 900 Tonnen. Speisereste und Knochen: fast 400 Tonnen.
Gut 3500 im vergangenen Jahr, darunter 900 Ausweise, 770 Kleidungsstücke, 530 Geldbörsen, 400 Schlüssel, 330 Smartphones und Handys, 305 Taschen, Rucksäcke und Beutel, 230 Brillen, 95 Regenschirme und Stöcke. Als Kuriosa wurden abgegeben: 2 Eheringe, 1 Katzentransportbox, 1 Schlagzeug-Beckenset. Gesucht wurde ein Bundesverdienstkreuz 2. Klasse.
Zwei Schläge sind Bestmarke. Rekordhalter Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) schaffte das 2005 erstmals. Sein Nachfolger Dieter Reiter brauchte bei seiner Premiere im vergangenen Jahr knapp vier. Als 1950 der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer erstmals zum Schlegel griff, brauchte er 19 Schläge.
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Tisch reserviert – und dann doch storniert!
Die meisten Wiesn-Besucher sind froh, wenn sie überhaupt einen Tisch im begehrten Bierzelt ergattern konnten. Doch manchmal kommt es eben vor, dass man kurzfristig absagen muss. Kann es in diesem Fall passieren, dass man für den nicht genutzten Tisch trotzdem zahlen muss?
„Welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, dass die Reservierung nicht wahrgenommen wird, ergibt sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Zeltwirte“, erklärt Rechtsanwalt Felix Beer. „Hier ist zu beachten, dass die Zeltwirte in der Regel eine Reservierung erst verbindlich annehmen werden, wenn der Kunde eine Anzahlung geleistet hat. Inwiefern eine Stornierung möglich ist, muss mit den Wirten vereinbart werden. Erscheint jemand trotz Reservierung nicht und sagt auch nicht ab, hat der Wirt einen Anspruch auf Erstattung seines entgangenen Gewinns.“
Tisch doppelt vergeben - was nun?
Die Tischreservierung steht, Dirndl und Trachten sitzen – doch im Bierzelt dann diese böse Überraschung: Der Tisch wurde offenbar doppelt vergeben und ist bereits belegt. Was nun?
„Eine Reservierung ist für beide Parteien verbindlich. Sollte dem Wirt ein Fehler unterlaufen sein, hat der Kunde einen Anspruch auf Erstattung des entstandenen finanziellen Schadens. Das heißt, dass er zum einen die eventuell geleistete Anzahlung zurückfordern kann. Darüber hinaus hat er aber grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung des Mehrbetrags, der nun bei einem anderen, teureren Zeltwirt im Laufe des dortigen Aufenthalts bezahlt werden muss“, erklärt Beer und merkt zugleich an: „Hier ergeben sich in der Rechtspraxis aber natürlich erhebliche Beweisschwierigkeiten.“
Droht Strafgebühr, wenn man sich nicht an die Zeitbegrenzung am Tisch hält?
Gerade wenn es am schönsten ist, zeigt der Blick auf die Uhr: Die Zeit ist um – die nächsten Besucher stehen Schlange und möchten an den Biertisch. Was, wenn man sich einfach nicht an die Zeitbegrenzung hält? Drohen jetzt Strafgebühren?
„Es gibt keine gesetzlichen Regelungen, dass jemand bei Zeitüberschreitung Strafgebühren oder Ähnliches zahlen müsste. Auch hier richten sich die Rechtsfolgen nach den Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen der Zeltwirte“, Beer.
Wenn der Sicherheitsdienst eingreifen muss und die nicht gehen wollenden Gäste rausbittet, sollte man in jedem Fall Folge leisten: „Der Sicherheitsdienst übt das Hausrecht für den Zeltwirt aus. Das heißt, dass er grundsätzlich das Recht hat, Gäste hinauszubitten oder von vornherein abzuweisen.“ Polizeigewalt hat der Sicherheitsdienst jedoch nicht, das heißt, er hat nicht das Recht, körperliche Gewalt anzuwenden. „Es bestehen aber die Nothilfe- und Festnahmerechte, die jedem Bürger grundsätzlich zustehen“, so Beer weiter.
Habe ich ein Recht auf eine volle Maß Bier?
Über 10 Euro muss der Wiesn-Besucher mittlerweile für eine Maß Bier auf die Theke legen. Nicht gerade ein Schnäppchen. Da ist es nachvollziehbar, dass der Kunde den Bierkrug auch gerne bis zum Eichstrich gefüllt sehen möchte. Aber hat er wirklich auch Anspruch darauf?
Rechtsanwalt Beer gibt hierzu ein klares Ja: „Wer eine Maß Bier bestellt, hat einen Anspruch auf eine Maß Bier. Die Maß ist ortsüblicherweise ein Liter Bier, sodass der Wirt verpflichtet ist, einen Liter Bier auszuschenken. Darauf kann der Kunde bestehen.“ In diesem Sinne: prost!
(dmn)