Ortsschilder Ortsschilder: Einmal um die Welt in Deutschland

Berlin/dapd. - Start der Weltreise ist Bethlehem in Bayern. Bethlehem (inLengenwang) hieß bis ins 19. Jahrhundert Bettelheim. Schließlichhätten hier besonders arme Menschen gewohnt, erzählt man sich.
Von dort aus geht es weiter in die Türkei (in Crailsheim inBaden-Württemberg). Der Name entstand bereits im Jahr 1894, alstürkische Gastarbeiter für den Bau einer Eisenbahnverbindung in dieStadt kamen. In Baden-Württemberg liegt auch Straßburg (in Kißlegg):Hier sprechen die Menschen zwar kein Französisch, aber dafür ist derBodensee ganz in der Nähe.
Alle Wege führen nach Rom - und dahin geht die Reise weiter. InRom (bei Morsbach in Nordrhein-Westfalen) gibt es sogar einenTrevi-Brunnen, und man kann dort heiraten. Ein kleinerWermutstropfen: Rom wurde weder von den Römern gegründet noch vonihnen bewohnt. «Rom» soll stattdessen ein alter Ausdruck für Erz undMetall gewesen sein.
Von Rom aus geht es weiter über den Ort Alpen am Niederrhein bisnach Kanada. Die kleine Siedlung (bei Münchenbernsdorf in Thüringen)entstand in der Zeit um 1930. Damals rodeten die Bewohner Wald undbauten sich kleine Holzhäuser. «Dort sieht es ja aus wie in Kanada!»sagten Passanten - und schon war der neue Name für die Siedlunggeboren. Das löst noch heute Verwechslungen aus: Schon oft nahm diePost nach Kanada einen Umweg über Montreal.
Von Kanada aus erreicht der Reisende nach etwa fünf StundenAutofahrt Amerika (bei Friedeburg in Niedersachsen). Seinen Namenhat das kleine Amerika von den Kolonisten, die hier im 19.Jahrhundert ansiedelten - zu einer Zeit, als viele andere Menschenwirklich über den großen Ozean reisen mussten, um ihrenLebensunterhalt zu verdienen.
Neben Amerika liegt Rußland. Eine Geschichte besagt, dass dortvor mehr als 100 Jahren ein armer Bauer wohnte, der wegen seinesrauen Auftretens «Russe» genannt wurde. Vielleicht rührte der Nameaber auch daher, dass der Boden in dem Ortsteil karg und unwegsamwar und den Leuten wie Russland vorkam. Amerika und Rußland sindübrigens mit einem Wanderweg verbunden. Wer die Strecke auf sichnimmt, erhält eine Urkunde mit dem Einreisestempel «Amerika.»
Möglich sind kurze Abstecher nach Ägypten (in Neuenkirchen) undTexas (in Groß Oesingen) - diese liegen ebenfalls in Niedersachsen.Oder der Weltreisende fährt direkt weiter nach Krakau (in Coswig,Sachsen-Anhalt) und von dort aus ins brandenburgische Philadelphia.
Den Name Philadelphia (bei Storkow in Brandenburg) hat derpreußische König Friedrich II. ausgesucht. Im 18. Jahrhundert ließer brachliegende Landschaften in Brandenburg besiedeln, unteranderem die Plätzchen Hammelstalle und Häufchen. Man erzählt sich,dass die armen Kolonisten für die Ortsnamen verhöhnt wurden und sichmit einer Petition an ihren König wandten. Dieser benannte dieDörfer um, in Neu Philadelphia und Neu Boston. Schließlich war erein Sympathisant des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.
Wer noch etwas Zeit übrig hat, kann sich die brandenburgischenPlätzchen Kamerun und Afrika anschauen. Oder er fährt direkt nachWaterloo (Gemeinde Karstädt in Brandenburg). Seinen Namen erhieltdas Plätzchen übrigens von einem Grafen, der 1815 an der Schlachtgegen Napoleon im belgischen Original teilgenommen hatte.
Von Waterloo geht es weiter an die Strände von Kalifornien undBrasilien (Ostseebad Schöneberg, Schleswig-Holstein). Der Legendenach sank einst ein Schiff namens «California» vor der Küste. EinBewohner fand am Strand eine Planke mit dem Schiffsnamen und hängtesie bei sich auf. Daraufhin wurde ein Nachbar neidisch und stellteein Schild mit dem Namen «Brasilien» auf.
Zum Abschluss der Reise geht es nach England (NordseeheilbadNordstrand, Schleswig-Holstein). Der Name stammt aus demPlattdeutschen: Einst hieß der Fleck «Enges Land» und bezeichneteden kleinen Hafen. Da das Ortsschild in der Vergangenheit gernegeklaut wurde, ist es mittlerweile extra fest montiert.
Die Weltreise ist nun zu Ende, sie führte quer durch siebenBundesländer. Aber es geht noch schneller: In Schleswig-Holsteinliegt der Ort «Welt». Den kann man zu Fuß umrunden.
Preiswert ist der Trip um die Welt per Auto auf jeden Fall: Fürdie rund 3.500 Kilometer bezahlt der Autofahrer bei einemBenzinverbrauch von acht Litern auf 100 Kilometer und einemSpritpreis von 1,50 Euro gerade mal 415 Euro.