Pilze Pilze: Achtung: Giftige Doppelgänger
Halle (Saale)/MZ. - Viele Menschen machen sich in Wäldern und auf Wiesen jetzt auf den Weg, um nach Kostbarkeiten zu suchen, die ihre heimische Speisekarte verfeinern sollen. Sie suchen Pilze. Doch gehen sie dabei richtig vor, können sie zwischen essbar und giftig unterscheiden und was ist zu tun, wenn doch ein Giftpilz im Essen gelandet ist? MZ-Mitarbeiterin Anke Losack befragte Jürgen Peitzsch (Foto), der seit 40 Jahren Pilzsachverständiger im Landkreis Mansfeld-Südharz ist, zu Tipps und Ratschlägen für Pilzsucher.
Herr Peitzsch, ist die Pilzsaison in diesem Jahr früher als in den Jahren zuvor eröffnet?
Peitzsch: Ja, das ist so. Die Niederschläge der letzten Wochen haben dafür gesorgt. Es ist eine schöne Pilzsaison. Im Vergleich zum Vorjahr, als kaum Sommersteinpilze zu finden waren, kann man diese jetzt reichlich in den Eichenwäldern finden.
Das Pilzesuchen ist ja ein beliebtes Hobby. Dürfen Sammler denn so viele Pilze mit nach Hause nehmen, wie sie wollen?
Peitzsch: Laut dem Bundesartenschutzgesetz dürfen Pilze nur für den heimischen Gebrauch gesammelt werden. Das sind so etwa zwei Kilogramm. Mit gesammelten Pilzen darf nach dem Gesetz nicht gehandelt werden. Man kann sie höchstens verschenken.
Was sollte man als Laie beachten, wenn man Pilze suchen gehen will?
Peitzsch: Am besten nimmt man ein scharfes Messer mit, weil Pilze angeschnitten werden sollten, um festzustellen, ob Maden in den Pilzen sind. Weiterhin empfehle ich ein Behältnis, das luftig ist, einen Korb oder einen Karton. Aber auf keinen Fall eine Plastiktüte, denn die Pilze sollten nicht gequetscht werden und schwitzen. Dadurch könnten sich auch bei essbaren Pilzen Gifte entwickeln, so dass man beim Essen eine sogenannte unechte Pilzvergiftung bekommt. Hat man Pilze gefunden, sollte man sie aus dem Boden herausdrehen, um sich die Basis des Pilzes genauer betrachten zu können. Sie ist ein wichtiges Bestimmungsmerkmal. Man sollte sich auch nicht darauf verlassen, dass - wenn ein Pilz etwa von Schnecken oder Wild angefressen wurde - er nicht giftig ist. Tiere fressen nämlich auch für Menschen lebensgefährliche Pilze.
Was meinen Sie, reicht es denn aus, als Anfänger ein Buch zur Pilz-Bestimmung mitzunehmen, um dann nachzublättern, was man gefunden hat?
Peitzsch: Das ist nie falsch. So kann man Merkmale überprüfen. Doch muss man vorsichtig sein, weil sich viele Pilze auch sehr ähneln, essbare Pilze giftige Doppelgänger haben und man sich anhand des Buches nicht sicher sein kann. Man könnte den Pilz zum Beispiel aber auch mal kosten, um festzustellen, ob er bitter oder scharf schmeckt. Kinder sollten das allerdings nicht tun. Wenn man auch nur schon gering zweifelt, ob der Pilz essbar oder gefährlich ist, sollte man besser eine Pilzberatung aufsuchen. Die Beratung ist kostenlos.
Wie viele Giftpilze gibt es denn bei uns und wie gefährlich sind diese?
Peitzsch: Man kann sie schlecht zählen. Bei uns gibt es mindestens vier bis fünf Arten, die tödlich giftig sind. Da ist auf jeden Fall der Grüne Knollenblätterpilz zu nennen. Im letzten Jahr sind bundesweit fünf Personen an ihm gestorben. Beim Karbolchampignon treten die meisten Vergiftungen auf. Im Jahr 2010 hatte sich eine Frau aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz daran - allerdings nicht tödlich - vergiftet. Vor dem Nadelholzgifthäubling ist zu warnen, denn man verwechselt ihn schnell mit dem Stockschwämmchen, was essbar ist. Natürlich sind auch der Fliegenpilz und der Pantherpilz als gefährliche Pilze zu nennen.
Wie und wann bemerkt man, dass man giftige Pilze verzehrt hat?
Peitzsch: Unwohlsein, Kreislaufprobleme und Brechreiz sind typische Kennzeichen. Aber es gibt verschiedene Gifte in Pilzen. Im Panther- und Fliegenpilz sind Nervengifte enthalten, die sehr schnell, wenige Stunden nach dem Verzehr, wirken können. Der Grüne Knollenblätterpilz enthält ein Blutgift. Nach etwa acht bis zehn Stunden bemerkt man es erst, dann nämlich rebelliert die Leber.
Was sollte unternommen werden, wenn man vermutet, sich vergiftet zu haben?
Peitzsch: Man sollte sofort zum Arzt gehen oder den Notdienst verständigen. Anhand der Inkubationszeit lässt sich dann vielleicht erkennen, welcher Pilz die Vergiftung hervorgerufen hat. Zu Hause könnte man Erbrechen herbeiführen oder leicht gesalzenes Wasser trinken. Aber auf keinen Fall sollte man Milch zu sich nehmen.
Worauf sollte man also beim Verzehr und bei der Lagerung achten?
Peitzsch: Die Pilze sollten frisch und nicht angefault sein. Das gilt übrigens auch für Pilze, die man im Laden kauft. Sie sollten nach dem Sammeln sofort zubereitet oder in flacher Schicht kühl und luftig gelagert werden. Es ist auch ratsam, zu Pilzgerichten keinen Alkohl zu trinken.