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Mexikanische Küche in Mitteleuropa Mexikanische Küche in Mitteleuropa: Von Klischees und unbekannten Genüssen

05.11.2003, 10:53

Köln/Zürich/ddp. - Tortillas, Chili con carne und Corona gelten hierzulande als Inbegriff mexikanischer Esskultur. «Zu Unrecht», urteilt Küchenmeister Eaven Stoller. Er ist mit einer Mexikanerin verheiratet und hat zwei Jahre in Mexiko gelebt. Als Mitbegründer der Internet-Seite www.tacoweb.de und durch seinen mexikanischen Catering-Service in Zürich versucht er zu vermitteln, was die authentische mexikanische Küche ausmacht, die er selbst lieben gelernt hat.

«Die mexikanische Küche ist vor allem auf dem Umweg über die USA nach Mitteleuropa gelangt», sagt Stoller. «Doch das ist nicht mehr die authentische mexikanische Küche. Viele Gerichte, die Mitteleuropäer für typisch mexikanische halten, gibt es in dieser Form in Mexiko überhaupt nicht. Das gilt beispielsweise für Chili con carne.»

Typisch mexikanische Spezialitäten sind hingegen hierzulande eine Seltenheit auf der Speisekarte: «Pollo con mole» beispielsweise - Hühnchen in einer einzigartigen, mit Chilis gewürzten Schokoladensauce - oder «Cevice», ein köstlicher Cocktail aus rohem Fisch, oder die unzähligen traditionellen Eintöpfe.

«Insgesamt würde ich die mexikanische Küche als einfach bezeichnen», sagt Stoller. «Die Mexikanerin kocht mit frischen Zutaten vom Markt. Convenience-Produkte gibt es nicht. Ein Gericht besteht meist aus Fleisch, einer Sauce, Bohnen und Kartoffeln. Gemüse wird - wenn überhaupt - als Sauce gereicht.»

Unter der großen Sortenvielfalt der Bohnen sind schwarze Bohnen besonders verbreitet. Sie werden entweder in Brühe gekocht serviert («de la olla») oder gegart und nochmals in Schmalz gebraten («refrito»). Während Nudeln gar nicht vorkommen, gibt es Reis in den verschiedensten Variationen, zum Beispiel risottoartig mit Chilis und Gemüse darin. Nicht selten werden auch sowohl Reis als auch Kartoffeln zum Fleisch serviert.

Gemeinhin gilt die mexikanische Küche als besonders scharf. «Meist ist es die Sauce, welche die Schärfe eines Gerichtes ausmacht», erläutert der Küchenmeister. «In Mexiko werden oft Chilischoten, die mit Zwiebeln und Karotten in Essig eingelegt wurden, zum Essen gereicht. Auf diese Weise kann jeder selbst die Schärfe bestimmen.»

Überhaupt sind Chilischoten, frisch oder getrocknet, ein wesentliches Element der mexikanischen Küche. Die Grundausstattung besteht aus mehr als einem Dutzend Sorten mit durchaus nicht nur einfach scharfem Aroma: Mexikaner unterscheiden nach fruchtigem, rauchigem, süßlichem und klarem Geschmack.

In dieser Vielfalt - von milden Poblanos bis zu teuflischen Habaneros - sind die Schoten in unseren Breiten kaum zu finden. Das gilt auch für andere wichtige Zutaten: Wer kennt hierzulande schon die Gewürzkräuter Romeritos oder Epazote? Tomatillos, jene braunhäutigen, tomatenähnlichen Früchte, aus denen scharfe, grüne Soßen zubereitet werden? Nopales, die Kaktusblätter der Agave, aus denen Mexikaner köstliche Salate zaubern? Oder gar die festen, stärkehaltigen Gemüsebananen, die gebraten und mit Schlagsahne serviert oder mit Rum flambiert ein himmlisches Dessert ergeben?

«Zutaten, die nicht oder nur schwer erhältlich sind, werden ersetzt oder weggelassen», berichtet Markus Haxter vom Verband der Köche Deutschlands. «Damit werden die Gerichte zwangsläufig verdeutscht.»

Wer auf den mexikanischen Geschmack gekommen ist, der kann mit einigem Aufwand jedoch auch in Deutschland authentisch kochen. Das Unternehmen «La Tortilla» verkauft nicht nur in München frische Maistortillas aus eigener Herstellung, sondern importiert auch zahlreiche Lebensmittel, die online bestellt werden können (www.latortilla.de). Bei Pepperworld (www.pepperworldhotshop.de) gibt es Chilis in allen Varianten. Viele weitere Bezugsquellen für mexikanische Lebensmittel sind auf der Seite www.tacoweb.de zusammengetragen und bewertet.