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Leuchtend blaue Boten des Herbstes: Enzian

Von Helga Panten 04.09.2008, 07:22

Bonn/dpa. - Andere Pflanzen tragen auch Blau. Aber ein Blau so klar wie der Himmel - so zeigt sich nur der Enzian. Zusammen mit dem Edelweiß steht er für die Alpen und für unberührte Natur.

Ihn ins heimische Beet zu holen, ist der Traum vieler Gartenbesitzer. Aber der Enzian zeigt sich schwierig, stellt besondere Ansprüche an den Boden und ist damit eine echte Herausforderung für Hobbygärtner.

Der Herbstenzian (Gentiana sino-ornata) ist vergleichsweise ein Neuling in Europa. Erst 1910 entdeckte der britische Botaniker George Forrest ihn auf seiner China-Expedition und brachte Samen mit nach Europa. Sie keimten auch, wuchsen aber langsam. Sie verlangten sehr gleichmäßige Bodenfeuchtigkeit ohne Staunässe. Und sie zeigten sich extrem empfindlich gegenüber Kalk.

Aber was besonders schwierig ist, reizt natürlich auch. Also machten sich britische Züchter ans Werk, kreuzten Gentiana sino-ornata mit dem Wellensittich-Enzian (Gentiana farreri), der leichte Trockenheit und etwas Kalk verträgt. Lichtes Himmelblau auf der Innenseite der Blütenglocken und gelblich-weiße und dunkle Streifen auf der Außenseite sind für ihn charakteristisch.

Das Ergebnis dieser Kreuzung waren nicht nur Sorten mit neuen spannenden Farben wie die hellblaue 'Well's Variety', die mittelblaue 'Kidbrook Seedling' oder 'Elata' in schönem Azurblau. Das heikle Pflänzchen wurde zudem unempfindlicher - den Ruf einer Primadonna wurde es aber so schnell nicht los.

Das änderte sich erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts, nachdem auch auf dem Kontinent eifrig gezüchtet wurde. In der Schweiz entstanden Sorten wie die stattliche mittelblaue 'Goliath' und die nur sieben Zentimeter hohe, dunkelblau-purpurne 'Kobold'. In Deutschland entstanden Schönheiten wie die wüchsige 'Altweibersommer' oder die schneeweiße 'Weißer Traum'.

In Augsburg nahm sich Eugen Schleipfer der Herbstblüher an und schuf die blühfreudige 'Eugens Bester', die sich auch bei schlechtem Wetter öffnet. Für Aufsehen sorgte die bislang einzige gefüllte Form 'Eugens Allerbester'. Aber sie zählt wieder eher zu den Primadonnen, lässt sich schwer vermehren und ist entsprechend schwer zu bekommen.

Als Start für Enzian-Neulinge sind die einfachen Herbst-Enziane besser geeignet. Wer nicht nach einer bestimmten Sorte sucht, wird mühelos in Staudengärtnereien, Garten-Centern und vielen Blumengeschäften fündig. Mit seinem flachen Wuchs, der 15 Zentimeter Höhe nicht überschreitet, wächst der Herbstenzian am besten im Steingarten, im Topf oder in der Schale. Als blaue Matte bringt er aber auch Farbe an den Fuß von Rhododendren.

Frühe Sorten wie 'Admiral' und 'Fuchs' öffnen bereits im August ihre Blüten. Späte wie 'Oktoberfest' und 'Altweibersommer' können sich sogar noch im Dezember mit Blau schmücken. Lässt der Blütenflor im Spätherbst nach, zieht die Pflanze bis auf Blattknospen im Zentrum ein. Spät im Frühjahr rührt sie sich wieder und beginnt zu treiben. Dann ist es an der Zeit, ihnen mit einem sauer reagierenden Dünger Kraft für die nächste Blüte zu geben.

Wer mit den hübschen Herbst-Enzianen zurechtkommt, wird sich Enzianblau auch zu anderen Jahreszeiten wünschen. In einem Steintrog mit viel Sonne kann es mit dem Frühjahrs-Enzian (Gentiana verna) klappen, der die Saison ab März startet. Prächtiger noch blüht von Mai bis August der Stängellose Enzian (Gentiana acaulis). Von Juli bis September bietet der recht unkomplizierte Sommerenzian (Gentiana septemfida) violettblaue Trichterblüten.

Als stattliche Gartengestalten heben sich die Schwalbenwurz-Enziane (Gentiana asclepiadea) von den vorher genannten ab. 40 bis 60 Zentimeter Höhe erreichen die elegant überhängenden Stängel mit ihren vielen charakteristisch nach rechts und links abstehenden Lanzenblättern. Wie ein violettblauer Scheitel reihen sich dazwischen die Blüten aneinander. Kühl-feuchte, helle Standorte, so wie sie Farnen behagen, sind auch dem Schwalbenwurz-Enzian lieb.

Herbstenziane:

- Gentiana sino-ornata, G. scabra: Saure, kalkfreie Böden

- Gentiana farreri: Saure Böden, leichte Kalktoleranz

- Gentiana paradoxa: Auch für leicht basische Böden

Sommerenziane:

- Gentiana septemfida, Gentiana cruciata: Normaler Gartenboden

- Gentiana pneumonanthe: Nur fürs feuchte Moorbeet

- Gentiana asclepiadea: Leicht kalkhaltig

Frühlingsenziane:

- Gentiana acaulis: Humose, kalkarme Böden

- Gentiana angustifolia, Gentiana clusii, Gentiana verna: Kalktolerant