Kosmetik Kosmetik: Mit Kapseln gegen Falten
Münster/dpa. - Eine ganze Reihe vonHerstellern bringt derzeit Kapseln und Dragées auf den Markt, dienicht nur gegen Falten und dunkle Augenringe helfen sollen, sondernauch die Sonnenbräune intensivieren oder Zellulite abbauen.
«Das ist Quatsch», zerstört jedoch Werner Voß, Leiter desDermatest-Instituts in Münster, alle Hoffnungen, das tägliche Joggenab sofort durch Tabletten ersetzen zu können. «Sport, die richtigeErnährung und Abnehmen» sieht auch Gertraud Kremer, Hautärztin ausBerlin, als einzigen Weg zu weniger Orangenhaut und einer strafferenFigur. Abgesehen davon trauen aber beide Experten der Kosmetik inTablettenform einiges zu - etwa bei der Verzögerung der Hautalterung.
Werner Voß hält die so genannte Nutri-Kosmetik für eines dergroßen Themen der Zukunft in der Branche - nicht zuletzt, weil beider Anwendung von innen oft schon geringe Wirkstoffdosen deutlichereEffekte zeigen als eine Creme. «Wenn sich jemand gesund und vollleistungsfähig fühlt, braucht er natürlich nichts einzunehmen», sagtKremer. Frauen in den Wechseljahren litten aber zum Beispiel oftunter trockener Haut. In solchen Fällen könnten spezielleAnti-Aging-Präparate, die neben der altbewährten Hefe und Vitaminenauch pflanzliche Hormone enthalten, durchaus sinnvoll sein.
Diese pflanzlichen Östrogene erhöhen laut der Dermatologin dieWasserhaltungskapazität der Haut. Wie stark sich Falten mit Hilfe vonKapseln tatsächlich glätten lassen, darüber gibt es noch keineStudien nach streng wissenschaftlichen Kriterien, sagt Kremer.Einzelne Bestandteile, die sich in vielen der Präparate finden,wurden jedoch schon gründlich unter die Lupe genommen.
Eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie der Charité in Berlinhat sich zum Beispiel mit Beta-Karotin und Lycopin beschäftigt. BeideStoffe wirken als Antioxidantien und bekämpfen die so genanntenFreien Radikalen, die unter anderem durch Sonneneinstrahlungentstehen und zur vorzeitigen Hautalterung beitragen. SowohlBeta-Karotin wie Lycopin müssen von außen aufgenommen werden - dieStoffe kommen vor allem in Karotten und Tomaten, aber unter anderemauch in Brokkoli, Pfirsichen oder Melonen vor.
Mit Hilfe von Laser-Technologie konnten die Forscher nachweisen,dass ein reichlicher Verzehr von entsprechendem Obst und Gemüse - unddamit von viel Beta-Karotin und Lycopin - die Haut wesentlich jüngerund glatter aussehen ließ. Auf diese positive Wirkung setzen zumBeispiel der Lebensmittelkonzern Nestlé und das KosmetikunternehmenL[0x2019]Oréal. Gemeinsam haben sie die Nutrikosmetik-Linie «Innéov»entwickelt. Neuestes Produkt ist ein Präparat, das die Haut auf dieUrlaubssonne vorbereiten und die Bräune intensivieren soll.
Dermatologin Kremer warnt allerdings davor, sich nur durch dieEinnahme der Kapseln sicher vor der Sonne zu fühlen. «Für denLichtschutz braucht man trotzdem eine Sonnencreme», erklärt dieHautärztin. Und auch gegen unansehnliche Fehlpigmentierungen seienderartige Dragées keine Garantie.
Ebenfalls Beta-Karotin findet sich in der Nutri-Kosmetik-Linie desUnternehmens Dr. med. Christine Schrammek aus Essen. Dreiverschiedene Präparate hat die Firma im Programm, zugeschnitten auffettige, trockene und auf ältere Haut. Die Liste der übrigenBestandteile liest sich dabei fast wie ein - etwas exotischer -Einkaufszettel und reicht von Bärlauch und Kaktusfeige über Hopfenund Fischöl bis hin zu Braunhirse.
«Alle Wirkstoffe sind essbar», versichert FirmeninhaberinChristine Schrammek-Drusio. Etwas anderes sei beiNahrungsergänzungsmitteln - und dazu zählen die meisten derSchönheits-Dragées - auch gar nicht erlaubt. Anders sieht das beimKlassiker auf dem Nutri-Kosmetikmarkt aus: Bereits seit mehr als 40Jahren werden die «Merz Spezial Dragées» für schönere Haut, Haare undNägel an die Frau gebracht. Die Rezeptur ist nach wie vorunverändert, heißt es beim Hersteller Merz in Frankfurt. Denn bei denDragées handele es sich um ein Arzneimittel - und da könne dieZusammensetzung nicht einfach so geändert werden.
Ob die Wirkung der Schönheitskapseln nicht auch durch eineausgewogene Ernährung erreicht werden kann - darüber sind sich dieExperten uneinig. «Wer ernährt sich schon vernünftig?», sagt GertraudKremer. Und selbst mit vergleichsweise viel Obst und Gemüse auf demSpeiseplan sei es schwierig, derart viele Vitamine und andereWirkstoffe zu sich zu nehmen.
«Eigentlich schafft man all diese Dinge auch durch eineausgewogene Ernährung», sagt dagegen Werner Voß. Allerdings würde zumBeispiel Gemüse oft falsch zubereitet – und schon seien die Vitaminedahin. «Eine Tablette ist da die bequemere Lösung.» Wunder solltensich Verbraucher von der Nutri-Kosmetik trotz aller Werbeversprechennicht erwarten, warnt der Dermatologe: «90 bis 95 Prozent derAlterungsvorgänge sind genetisch bedingt - da können sie nicht vieldran machen.»