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Körpermaße Körpermaße: Die Deutschen werden vermessen

Von Elke Richter 15.02.2008, 19:52

Halle/MZ. - Auch andere Frauen kennen das Problem. Sie tragen beispielsweise Hosen in Größe 38, Shirts in 40 und Blazer in XL und trotzdem passt alles. Während sich andere etwa über Hosenanzüge ärgern, bei denen die Jacken zwar passen, die Hosen aber zu kurz sind. Wie kann das sein?

Zum einen gibt es keine festgelegten Größen, an die sich alle Hersteller gleichermaßen halten. Zum anderen entsprechen die heute gültigen Größentabellen für Bekleidung nicht mehr den Realitäten. "Sie berücksichtigen nicht, dass sich die Körperproportionen der Menschen in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich verändert haben. Wir sind heute größer und kräftiger von Statur, als unsere Eltern oder Großeltern. Und der Trend zu ausladenden Körperformen scheint ungebrochen", nennt Martin Rupp, Direktor der Abteilung Bekleidungstechnik des Hohensteiner Forschungsinstituts in Bönnigheim, zwei Gründe dafür, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten haben, im Handel Bekleidung mit optimaler Passform zu finden.

Bei der Garderobe für Frauen und Mädchen - so ist zu erfahren - beruhen die derzeit gültigen Maße auf einer Reihenmessung von 1994. "Und wir Männer haben noch mehr Probleme, Bekleidung zu bekommen, die uns passt. Weil das derzeit gültige Größensystem für die männliche Bevölkerung auf Messungen basiert, die Anfang der 60 er Jahre durchgeführt wurden", weiß der 39-jährige. Das soll sich aber bald ändern.

Was die Schweden und Franzosen schon hinter sich haben und die Spanier jetzt gerade praktizieren, steht derzeit auch bei den Deutschen auf der Tagesordnung: die Reihenmessung "SizeGermany" oder anders gesagt - Maß nehmen für eine gute Passform der Bekleidung. Noch bis Jahresende sollen deshalb an 20 bis 30 Standorten, verteilt über das gesamte Bundesgebiet, Frauen, Männer sowie Kinder ab sechs Jahre vermessen werden. Nicht mit Bandmaß, sondern völlig berührungslos mit einem 3D-Bodyscanner. Ein Laserstrahl tastet dabei die Körperoberfläche ab. Das dauert lediglich zehn Sekunden. In dieser Zeit erfasst das Gerät, das seit dieser Woche in der halleschen C & A-Filiale, im Einsatz ist, rund zwei Millionen Punkte, die danach am Computer ausgewertet werden.

"Etwa 200 Daten sind relevant, um verlässliche Maßvorgaben für die Konfektionsherstellung zu bekommen", sagt Rupp. Von ihm ist auch zu erfahren, dass in den Altbundesländern bisher schon 4 500 Menschen vermessen wurden. Etwa 12 000 sollen es bis Jahresende sein. In Halle, der ersten Station in den neuen Bundesländern, will das renommierte Institut in den kommenden vier Wochen etwa 500 Personen kostenlos vermessen.

Die Auswertung der Daten soll den Bekleidungsherstellern laut Rupp noch bis Jahresende zur Verfügung gestellt werden. Und etwa im Jahre 2010 könnten die Bundesbürger dann schon in den Genuss der neuen Bekleidungsgrößen kommen, schätzt Abteilungsdirektor Rupp. Er weist darauf hin, dass nicht umsonst viele Unternehmen Interesse an der "Maßnahme" haben. Schließlich sind es auch wirtschaftliche Gründe, die zum Handeln zwingen. Denn Bekleidung, die nicht passt, wird vom Kunden auch nicht gekauft.

"Adidas, Boss, Esprit, Triumph, Gerry Weber, Tchibo und BMW gehören deshalb genauso zu den rund 80 an der Vermessung beteiligten Firmen wie Galeria Kaufhof und C & A", zählt Martin Rupp einige Sponsoren auf und betont, dass auch Versandhäuser wie Otto, Quelle oder QVC auf die Ergebnisse der bundesweiten Untersuchung warten. "Gegenwärtig werden nämlich 40 bis 60 Prozent der Bekleidung, die im Versandhandel bestellt wird, von den Kunden mit der Begründung zurück geschickt, dass sie nicht passt", weiß Rupp.

Wie die Menschen vermessen werden, erklärt Anke Klepser, die in der C & A-Kinderabteilung in Halle unter den Augen interessierter Kunden den 3D-Bodyscanner bedient. "Zuerst ermitteln wir separat Körpergröße und Gewicht. Der Scanvorgang erfolgt dann in eng anliegender Unterwäsche, um möglichst genaue Messdaten zu erhalten. Gescannt wird - vor den Blicken Unbeteiligter geschützt - in einer abgeschlossenen Kabine in Steh- sowie Sitzhaltung, konform zu den jüngsten Reihenmessungen in Frankreich und Schweden." Mit den neuen Daten sollen übrigens auch die Voraussetzungen für eine marktgerechte Umsetzung der nationalen Größen in die EU-Größensystematik geschaffen werden. Was heißt: Deutsche Kunden müssen in Zukunft nicht mehr das Shirt aus Italien zwei Nummer größer kaufen, damit es passt.

Noch bis 16. März können Interessierte im Kaufhaus C & A in Halle an der Reihenmessung teilnehmen. Auskünfte sowie Terminvereinbarungen unter Tel. 07143 / 27 15 50.