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Klöße und Knödel Klöße und Knödel: «Hütes» begehrt

Von Tobias D. Höhn 14.08.2003, 17:00

Halle/MZ. - In Südthüringen heißt die "Krone der Schöpfung" Hütes, weil nach einer Sage das Rezept behütet werden sollte. Im Fränkischen - wenige Kilometer jenseits des Rennsteigs - gibt es zum Schweinebraten Rohe, Grüne oder Coburger Klöße. Und jeder beansprucht für sich das Original.

Nur mit dem bayerischen Semmelknödel wollen die Thüringer nicht in einen Topf geworfen werden. Dabei soll dank des Knödels schon ein Krieg gewonnen worden sein. Der Legende nach wurde die niederbayerische Stadt Deggendorf von einem böhmischen Stamm belagert. Doch bald ging den Deggendorfern die Munition aus, so dass sie den Feind mit hart gewordenen Knödeln beschossen und die Stadt bewahrten. Der aus Trabelsdorf bei Bamberg stammende Pfarrer und Kabarettist Wolfgang Buck spricht den runden Klößen gar sinnlicherotische Eigenschaften zu: "Deswegen bestellen sich manche Männer auch immer gleich zwei Stück."

"Rohe Klöße sind eine der genialsten kulinarischen Erfindungen. Ein Wunderwerk aus Kartoffeln", heißt es in einem Kochbuch aus dem 19. Jahrhundert. Dabei waren die ersten Klöße ein Abfallprodukt. "Die armen Thüringer brauchten Stärke für ihre Wäsche und rieben deshalb Kartoffeln. Übrig blieb eine Menge Kartoffelschab, der zu schade war zum Wegschmeißen", erklärt der Leiter des weltweit ersten Kloßpressenmuseums in Großbreitenbach (Ilm-Kreis), Ulrich Renft. "Am wichtigsten ist die Kartoffelpresse, um dem Schab das Wasser zu entziehen", sagt Renft. Unter den Exponaten findet sich ein Unikat aus dem Zweiten Weltkrieg, das aus einer Granathülse gebaut wurde.

Ob aus Holz, Metall und Edelstahl - die Funktionsweise ist immer die gleiche. Die geriebenen Kartoffeln werden in einen Leinensack gefüllt, der in die Presse eingespannt wird. Durch sanftes Drehen an den beiden Spindeln links und rechts wird die Kartoffelmasse entwässert. "Die Nachfrage wird immer größer. Es ist eine richtige Marktlücke", sagt Kloßpressen-Fabrikant Günter Molecki aus Zella-Mehlis.

Der lukullischen Konkurrenz aus dem Ausland trotzen Thüringer Klöße beharrlich. "Auch die italienischen Gnocchi, die österreichischen Marillenknödel oder die mit Hackfleisch gefüllten Zepellinis aus Litauen sind gut. Aber an unsere Klöße kommen sie nicht heran", glaubt der Chef des Thüringer Kloßmuseums in Heichelheim, Sylk Schneider. Er spricht den Klößen nicht nur eine aphrodisische Wirkung zu, sondern sagt auch: "Der Adam hätt' im Paradies den Apfel nicht probiert, wenn Eva ihm zur gleichen Zeit Thüringer Klöße hätt' serviert."