Kirchliche Hochzeit bald auch ohne Standesamt erlaubt
Berlin/dpa. - Kirchliche Hochzeiten sind in Deutschland künftig auch dann erlaubt, wenn die Ehe vorher nicht standesamtlich geschlossen wurde. Die Regelung, wonach Pfarrer und Priester durch eine solche Trauung eine Ordnungswidrigkeit begehen, wird zum 1. Januar 2009 aus dem Gesetz gestrichen.
Einen entsprechenden Bericht der «Süddeutschen Zeitung» bestätigten am 3. Juli die zuständigen Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen. Für Eheleute ändert sich praktisch nichts, denn ausschließlich kirchlich getraute Paare gelten unverändert als nicht verheiratet. Von allen rechtlichen und steuerlichen Vorteilen wie dem Ehegattensplitting oder der Privilegierung des Partners im Erbrecht profitierten nur Paare, die vor dem Standesamt geheiratet haben, erklärten der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Stephan Mayer, und die SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher. Im Gegensatz zu den Geistlichen hätten den Paaren bislang auch keinerlei Sanktionen gedroht, wenn sie ohne standesamtliche Trauung in der Kirche heirateten.
Trotz der Gesetzesänderung will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die standesamtliche Hochzeit als Voraussetzung für eine kirchliche Trauung beibehalten. Dies sei «eine in Jahrhunderten bewährte Praxis - daran ändert sich nichts», sagte der Präsident des EKD-Kirchenamts, Hermann Barth. Auch bei der katholischen Deutschen Bischofskonferenz hieß es, ein Zusammenhang zwischen kirchlicher und standesamtlicher Trauung sei «sinnvoll» und solle auch künftig «eng zusammengehalten werden».
Die Neuregelung, über die das Magazin «Focus» schon im Mai berichtet hatte, war gemeinsam mit vielen anderen Gesetzesdetails bereits Ende 2006 ohne größeres Aufsehen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Während der Regensburger Familienrechtler Dieter Schwab in der «SZ» vor den Nachteilen für Paare warnte, die nur kirchlich getraut sind, sagte der CSU-Innenexperte Mayer: «Ich bin persönlich der Meinung, dass die Abschaffung der Ordnungswidrigkeit in der Praxis keine größere Relevanz haben wird.»
Zumindest spielt die kirchliche Trauung für viele Paare in Deutschland keine Rolle. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es 2006 insgesamt 373 681 standesamtliche Eheschließungen. Nur gut 100 000 Paare ließen sich anschließend auch noch kirchlich trauen.
Das Verbot der kirchlichen Voraustrauung geht auf das Jahr 1875 zurück, als das Deutsche Reich die Zivilehe gegen den Widerstand der Kirche durchsetzen wollte. Bei Zuwiderhandlung drohten Priestern damals Geld- oder Gefängnisstrafen. Seit 1953 handelte es sich aber nur noch um eine Ordnungswidrigkeit ohne Strafandrohung. Mayer und Fograscher beteuerten zudem übereinstimmend, aus der Geschichte der Bundesrepublik sei ihnen kein einziger Fall bekannt, in dem diese Regelung noch eine Rolle gespielt habe.