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Kettenrasseln in der Altmark: Panzerfahren für Jedermann

Von Sabine Fuchs 08.06.2007, 09:21

Mahlwinkel/dpa. - Auf dem alten Kasernengelände in Mahlwinkel am Rande der Altmark in Sachsen-Anhalt muss niemand mehr stramm stehen oder zackig grüßen, geschweige denn eine Uniform tragen. Dennoch geht es ziemlich militärisch zu.

Ein noch aus sowjetischer Produktion stammender Schützenpanzer BMP 1 steht an der Piste bereit, nicht weit davon wartet der geländegängige Transportlaster Ural 4320. Beide gehören zu 20 Militärfahrzeugen, mit denen Privatleute seit einem halben Jahr für das entsprechende Kleingeld durch das Gelände preschen können. «Aus ganz Deutschland und aus dem Ausland kommen Interessenten», sagt Sven Brandt, Geschäftsführer von «Panzer Power». Außer in Mahlwinkel gebe es deutschlandweit nur noch eine Panzerfahrschule in Brandenburg.

Peter Holland aus Ulm (Baden-Württemberg) ist für den Kick auf Ketten weit gereist. Er bekam die Fahrt mit dem Schützenpanzer BMP 1 von seinem Sohn zum Geburtstag geschenkt. Nach einer Einweisung von Fahrlehrer Jörn Kipp rollt der Panzer zum 1,3 Kilometer langen Rundkurs auf dem ehemaligen Kasernengelände der Sowjetarmee. Auf und ab geht es auf der sandigen Piste, manche Hügel haben ein so starkes Gefälle, dass zarten Gemütern schon beim Hinschauen schwindelig wird. «Doch Sicherheit ist immer dabei, schließlich ist der Fahrlehrer immer mit an Bord», sagt Brandt.

Die Idee für seine ungewöhnliche Fahrschule hatte Brandt vor einem halben Jahr. Der passionierte Sammler von Militärtechnik - die Fahrzeuge kaufte er unter anderem in Tschechien - wurde auf Ausstellungen von Besuchern immer wieder angesprochen, ob sie so ein «Eisenschwein» nicht auch einmal selbst lenken dürfen. So gründete der gelernte Schiffsmotorenschlosser eine Panzerfahrschule. «Die Nachfrage ist groß», sagt der 32-Jährige. Firmenchefs gehören ebenso zur Kundschaft wie Arbeitslose oder Studenten. Es gebe sogar schon eine Warteliste.

Naturschützer sehen in den Panzerfahrten bislang keine Probleme. «Wenn die Fahrzeuge in ihren vorgegebenen Bahnen bleiben, sich die Firma an sonstige Auflagen hält und es touristisch nicht ausufert, ist das für uns im Großen und Ganzen in Ordnung», sagt Annette Leipelt, Geschäftsführerin des Naturschutzbundes NABU in Sachsen-Anhalt.

Befürchtungen, wonach die Panzerfahrten ein Ausdruck zunehmenden Interesses der Bevölkerung an Militärischem in der Freizeit sind, teilen Experten nicht. «Ich sehe da keinen generellen Trend», sagt der Chef des Leipziger Institutes für Empirische Forschung, Harald Schmidt. «Menschen, die sich für Schlachten und Waffen interessieren, hat es immer gegeben». Sie seien statistisch gesehen eine verschwindend geringe Gruppe und fallen nur bei größeren Treffen auf, etwa bei der Nachstellung von Szenen der Völkerschlacht bei Leipzig.

Die Suche nach dem Kick in der Freizeit habe es immer gegeben, ergänzt Thomas Schmidt-Lux, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. Im Gegensatz zu früher sei es jetzt eben legal, privat Panzer zu fahren.

Unterdessen hat Peter Holland zwei Runden zurückgelegt. Seine Begleiterinnen Kirsten Woop und Manuela Knöpfle, die sich anfangs auf keinen Fall in einen Panzer setzen wollten, lassen sich jetzt doch begeistern und drehen eine Runde mit. Auch bei Peter Jazwinski kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Nach der Fahrt mit dem BMP 1- Panzer will er noch einige Runden mit dem Ural-Laster drehen: «Wenn man schon mal hier ist».

Weitere Informationen: www.panzer-power.de