1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Herbstzeitlose: Herbstzeitlose: Violetten Blüten sind nicht ganz ungefährlich

Herbstzeitlose Herbstzeitlose: Violetten Blüten sind nicht ganz ungefährlich

Von Helga Panten 21.09.2006, 09:46
Nackte Kelche ohne Blätter: Herbstzeitlose blühen lila oder rosa. (Foto: dpa)
Nackte Kelche ohne Blätter: Herbstzeitlose blühen lila oder rosa. (Foto: dpa) Marion Nickig

Hamburg/dpa. - Herbstzeitlose haben ihren eigenen Lebensrhythmus. Im Frühjahr schwillt die dicke Frucht zwischen kräftigen Blättern. Aber erst im Herbst erscheinen die Blüten. «Filius ante patrem» (Sohn vor dem Vater) nannte man die Pflanze im Mittelalter, aber auch «Nackte Jungfer» und «Nackedei», weil kein Blatt die Blüte begleitet. Auch heute faszinieren die blattlosen Krokus-Blüten im Herbst noch.

Etwa ein Drittel der 65 Arten, die zur Gattung Colchicum zählen,sind wahre Herbstzeitlose - so auch die bei uns heimische Colchicum autumnale. Sie stammen ursprünglich aus Gebieten rund ums Mittelmeer, aus dem Iran und Afghanistan. Dort sorgen ausgedehnte, heiße Sommer und kalte Winter zweimal im Jahr für unwirtliche Verhältnisse. Weder Frühjahr noch Herbst für sich alleine genommen bieten ausreichendZeit zum Blühen und Fruchten. Also haben die Herbstzeitlosen beides von einander getrennt.

Für die nackte Blüte reicht der kurze, mildfeuchte Herbst. DerenRosa oder Lila der Blüte hebt sich dann von wieder ergrünten Wiesen ab. Nachdem die Blüten von Insekten bestäubt wurden, wachsen die Pollenschläuche hinab dem Fruchtknoten entgegen. Der liegt mit seinen Samenanlagen geschützt, tief in der Erde versteckt. Erst mit Ende des Winters beginnt der Fruchtknoten zu schwellen und schiebt sich aus der Erde. Als dicke Fruchtkapsel sitzt er dann am Grund der drei bis zu 30 Zentimeter langen, riemenförmigen Blätter.

Bis zum Juni sammelt das Laub alle Sonnenenergie, die es kriegenkann. Die Kapseln reifen heran, platzen auf und entlassen klebrige Samen. Dann ziehen sich die Blätter ein, die Samen ruhen. So kann der heiße Sommer ihnen nichts anhaben. Aber auch die Sensen und die Maschinen nicht, mit denen die Wiesen gemäht werden. Im Herbst entwickeln sich dann die kleinen Krokus-Blüten.

Landwirte sehen die violetten Blüten gar nicht gern. DieHerbstzeitlosen sind giftig. Sie enthalten das hochtoxischeColchicin, das Mensch und Vieh gefährlich werden kann. Zwar meidetdas Weidevieh in der Regel die giftigen Blätter. Trotzdem kommenVergiftungen vor, wenn Pflanzenteile mit ins Heu geraten.

Die Autoren Dietrich Frohne und Hans-Jürgen Pfänder berichten inihrem Buch «Giftpflanzen» auch davon, dass Menschen sich tödlicheVergiftungen zuziehen können. Meist sind es unerfahrenePflanzensammler, die die Blätter der Herbstzeitlosen mit Bärlauchverwechseln, obwohl der wie der Name schon sagt, nach Lauch riecht -im Gegensatz zu den geruchlosen Colchicum.

Deshalb ist für Hobbygärtner Achtsamkeit beim Umgang mit denHerbstzeitlosen angebracht. Nach jedem Hantieren mit ihnen sollte mandie Hände waschen, und wo kleine Kinder im Garten spielen, verzichtetman besser ganz auf den violetten Herbstblüher. Später ist immer nochZeit, sich an den eigenartigen Schönen zu erfreuen.

Meist erhält man Sorten, also Kreuzungen zwischen verschiedenenHerbstzeitlosen-Arten, wie 'Lilac Wonder', die mit kräftigemAmethyst-Violett ab Ende September strahlt. 'The Giant' trägt großelilarosa Blüten mit weißem Schlund. 'Waterlily' gilt als eine derschönsten gefüllten Sorten, die den ganzen Oktober hindurch blüht.

Die heimische Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) liebtkalkhaltige, ausreichend feuchte Böden. Wer dagegen Rhododendronbödenzu bieten hat, greift zu Colchicum bornmuelleri, die leicht saureErde verträgt. Wie alle anderen Colchicum verlangt aber auch sievolle Sonne. Schatten nehmen alle Arten und Sorten übel.

Nicht ganz einfach ist es, die Pflanzen richtig in den Garten zuintegrieren. Wer sie im Herbst wie Krokus-Tuffs in die Rabattensetzt, wundert sich im Frühjahr über störende Blattschöpfe. Am bestenwirken Colchicum in einer Wiese. Ist das nicht möglich, sindWiesenstauden wie Wieseniris, Trollblume, Wiesenraute undJakobsleiter geeignete Nachbarn. Zwischen ihnen fallen dieColchicum-Blätter im Frühjahr kaum auf, dafür wirken dieKrokus-Blüten im Herbst umso stärker, wenn die Wiesenstauden langeverblüht sind.

Hin und wieder entdeckt man in Gärtnereien und Garten-CenternHerbstzeitlose-Knollen, die als «Trockenblüher» angeboten werden.Ganz ohne Erde schieben sie ihre nackten Blüten ans Licht. Wasserbrauchen sie in diesem Stadium nicht. Erst wenn sie verblüht sind,müssen sie schleunigst in die Erde, sonst nehmen sie Schaden. Besserbekommt es den Knollen, wenn sie bereits im August in den Bodenkommen und dann mindestens zehn Zentimeter tief gesetzt werden, damitihnen weder Sommertrockenheit noch Winterkälte etwas anhaben kann.