Haute Couture aus Hundehaar
Stoetze/dpa. - Stoetze Was für viele Hundebesitzer lästiger Abfall ist, wird bei Bettina Menkhoff zum textilen Unikat. Sie verspinnt die ausgekämmten Haare von Vierbeinern zu feinstem Garn.
Herrchen und Frauchen können dann beim nächsten Gassi gehen für Furore sorgen etwa mit Schals und Handschuhen aus dem Fell ihrer Lieblinge. Mindestens vier Zentimeter lang müssten Hundehaare sein, damit sie zu Garn werden können, sagt die Grundschullehrerin, die mit vier Hunden in Stoetze in der Lüneburger Heide lebt. Die Garnproduktion ist für die 50-Jährige ein Hobby, allerdings bietet sie ihre Dienste seit drei Jahren auch über das Internet an und hat mittlerweile sogar Käufer aus dem Rheinland und Bayern.
Hundehaar hält laut Menkhoff wärmer als Schafswolle und temperiere sehr gut. Diese pauschale Aussage kann Prof. Martin Ganter, Direktor der Klinik für kleine Klauentiere an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, nicht bestätigen: «Wolle ist ein weiter Begriff. Allein innerhalb der einzelnen Schafsrassen gibt es gewaltige Unterschiede.» Das Wollhaar von Bobtails oder Collies beispielsweise eigne sich aber durchaus «wegen seiner Feinheit und Kräuselung» für hochwertige Garnfäden.
Dem Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie ist Stoff aus Hundehaar übrigens nur aus China bekannt. «Das Innere wird da gegessen, das Äußere zu Kleidung», witzelt Verbandssprecherin Annette Herbst. Die chinesische Kultur habe eben ein anderes Verhältnis zu den Vierbeinern.
Mode zu tragen, für die der eigene Hund den Stoff liefert, ist auch für Menkhoffs Kunden so eine Sache. «Einige bitten mich gezielt, Haare anderer Hunde zu verwenden. Sie fürchten den Tag, an dem ihr Liebling stirbt und der Schal aus seinen Haaren noch im Schrank hängt», sagt sie. Andere wiederum hätten es auf genau so ein Erinnerungsstück abgesehen.
Obwohl die meisten nur Garn und keine fertigen Textilien bestellen, kommt sie mit der Herstellung kaum nach. Mit Rohmaterial ist Menkhoff aber schon bestens versorgt. In dutzenden Plastikkisten in ihrem Gartenhaus liegen 40 Kilo gesäuberte Haare. «Ich habe vor kurzem eine klasse Quelle erschlossen», verrät sie. «Einen Hundesalon.»
Bis Hund und Halter im Partnerlook erscheinen können, ist es ein langer Weg. Und ganz billig wird der Spaß auch nicht ein Kilo fertiges Garn aus Hundehaar kostet bei Bettina Menkhoff 100 Euro. Die Herstellung ist zeitintensiv und der Rohstoff rar. «Hier hängt mein erster Versuch», sagt Menkhoff und deutet auf drei Fäden, die von einem Regal herabbaumeln. «Mit den vielen Noppen und dicken Knüddeln drin kann daraus ja keiner was Gescheites handarbeiten», beurteilt sie ihr Erstlingswerk.
Vor vier Jahren hatte Menkhoff im Internet Socken aus Bobtail- Haaren ersteigert. «Mit meinen eigenen Hunden wollte ich das auch machen», erinnert sie sich. «Da habe ich mir halt alles selbst beigebracht.»
Das Spinnen von Hundehaar ist eine Wissenschaft für sich. «Als erstes kommt das Kämmen», erklärt Menkhoff und bittet Hündin Lucy auf einen Tisch. Der Bearded-Collie-Dame geht es mit der Bürste ans Fell. «Der nächste Schritt ist das Reinigen und Kardieren», erläutert die 50-Jährige. Mit letzterem meint sie das Ausrichten der einzelnen Haare. Dazu kurbelt Menkhoff den Rohstoff durch eine Maschine, in der zwei Rollen rotieren, die wie eine Kombination aus Lockenwickler und Nudelholz aussehen. «Heraus kommt ein Vlies aus Hundehaar.»
Das Vlies verarbeitet Menkhoff an ihrem Spinnrad. Anschließend verzwirnt sie zwei Fäden zu einem Garn, was Farbvarianten erlaubt und fertig ist der Grundstoff für die Haute Couture aus Hundehaar. «Das Ganze wasche ich dann noch per Hand mit Shampoo, damit es nicht riecht.»
Vor allem im Winter setzt sich Menkhoff ans Spinnrad mit einem Glas Rotwein und guter Musik. Hundegarnspinnen sei keine Goldgrube. Rechne sie alle Arbeitsschritte ein, käme sie auf drei Euro Stundenlohn. Trotzdem träumt die Hundehaarspinnerin von einem großen Projekt aus Hundehaar, das allerdings unverkäuflich bliebe: «Ein kompletter Wandteppich mit Bearded-Collie-Motiv in der Mitte das wär's.»
Spinnstube für Hundewolle: www.jolly-fellows.de (dpa)