Haftbarkeit Haftbarkeit: Eltern haften für ihre Kinder

Hamburg/Berlin/dpa. - Die Kerze fällt um und hinterlässt einBrandloch in der Tischdecke, beim Fahrrad fahren zerkratzt der Lenkerein Auto. «Das sind typische Schäden, die Kinder verursachen», weißIngrid Groß, Vorsitzende des Familienrechts-Ausschusses beimDeutschen Anwaltverein in Berlin.
Ob der Geschädigte die Reparatur bezahlt bekommt, hängt von dreiFaktoren ab: vom Alter des Kindes, einer möglichen Verletzung derAufsichtspflicht und der Frage, ob der Schaden grob fahrlässig odersogar vorsätzlich verursacht wurde. «Bis zur Vollendung des siebtenLebensjahres haften Kinder gar nicht», sagt Frauke Kles,Rechtsanwältin bei der Verbraucher-Zentrale Hamburg.
Im Straßenverkehr wurde diese Altersgrenze sogar auf zehn Jahreherauf gesetzt. Wechselt ein achtjähriges Kind beim Fahrradfahrenplötzlich die Spur und verursacht einen Unfall, muss es in der Regelnicht für den Schaden aufkommen. «Der Autofahrer muss damit rechnen,dass Kinder Mist bauen», erklärt Katrin Rüter de Escobar vomGesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin.
Selbst ein elf- oder zwölfjähriges Kind haftet nicht automatischfür einen Unfall. «Zwischen dem 7. und dem 18. Lebensjahr könnenKinder und Jugendliche nur haftbar gemacht werden, wenn sie die zurErkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatten»,sagt Anwältin Groß. Und Eltern haften nur, wenn sie ihreAufsichtspflicht verletzt haben.
Wie intensiv Eltern auf ihre Sprösslinge aufpassen müssen, istnach Alter gestaffelt. Jugendliche müssen weniger beaufsichtigtwerden, ganz entfällt die Aufsichtspflicht aber nicht. «EinDreijähriger kann laufen wie ein Wiesel und hat überhaupt keineEinsicht in sein Tun. Er muss rund um die Uhr beaufsichtigt werden»,erklärt Anwältin Groß. Ein sechsjähriges Kind wiederum muss beimSpielen außerhalb der Wohnung nur gelegentlich beobachtet werden.
«Die Messlatte für eine Verletzung der Aufsichtspflicht ist hochangesetzt», sagt Verbraucherschützerin Kles. Eine Verletzung lägebeispielsweise vor, wenn Siebenjährige mit Erlaubnis der Eltern ohneAufsicht Feuerwerkskörper anzünden. «Wenn ein älteres Kind schoneinmal aufgefallen ist, zum Beispiel mit Waffen, müssen die Elterndas Zimmer oder die Kleidung durchsuchen», so Kles.
Die Aufsichtspflicht kann an Dritte weitergegeben werden, etwa andas Kindermädchen oder einen Jugendbetreuer. «Wenn Lohn gezahlt wird,haftet diese Aufsichtsperson», sagt GDV-Sprecherin Rüter de Escobar.Anders ist es bei der so genannten Gefälligkeitsaufsicht: Wenn dieOma auf das Kind aufpasst, muss sie entstandene Schäden in der Regelnicht zahlen. Liegt keine Haftung vor, weil das Kind zu jung ist unddie Eltern ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben, zahlt keiner. DerGeschädigte bleibt dann auf seinen Kosten sitzen.
Werden Eltern oder Kinder haftbar gemacht, kann die privateFamilienhaftpflichtversicherung einspringen. «Kinder sind bis zum 18.Lebensjahr und darüber hinaus bis zum Ende ihrer Ausbildung in derFamilienhaftpflicht mitversichert», erläutert Elke Weidenbach,Versicherungsexpertin der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen inDüsseldorf. Die Versicherung koste zwischen 35 und 60 Euro im Jahr.
«Die Haftpflichtversicherung ist unverzichtbar», sagt Weidenbach.Laut GDV-Sprecherin Rüter haben aber nur 60 Prozent der Deutschendiese Versicherung abgeschlossen. «Ist ein Kind nicht versichert undverursacht es einen Unfall, vielleicht sogar mit Verletzten, für denes haftbar gemacht wird, muss es sein Leben lang zahlen», warnt sie.