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Agile Nachtschwärmer Goldhamster: Niedlich, aber nicht kuschelig

Was für putzige Kerlchen! Das perfekte Tier für einen Käfig im Kinderzimmer möchte man meinen. Warum das falsch ist und warum auch der kleine Hamster große Bedürfnisse hat.

Von Katja Sponholz, dpa 17.10.2024, 00:05
Sie sind vor allem für ihren Niedlichkeitsfaktor bekannt - Kuscheltiere sind Hamster aber nicht.
Sie sind vor allem für ihren Niedlichkeitsfaktor bekannt - Kuscheltiere sind Hamster aber nicht. Jens Schierenbeck/dpa-tmn

Marburg/Bonn - Er wiegt nur 100 bis 150 Gramm, die Zwerg-Variante bringt es sogar nur auf 30 bis 50 Gramm. Und wenn er alles an Nahrung, was er finden kann, in seine dicken Backen stopft, dann geht einem wirklich das Herz auf. Experten jedoch appellieren, beim Thema Hamster auch den Verstand einzusetzen. Und ihn vor allem nicht als Haustier für Kinder zu betrachten. Denn so niedlich er auch sein mag: „Der Hamster ist kein Kuscheltier, sondern ein reines Beobachtungstier“, sagt Tierärztin Henriette Mackensen vom Deutschen Tierschutzbund. 

Der Hamster ist außerdem ein Tier mit großem Bewegungsdrang. Mit Schrecken denkt Autorin Saskia Rößner („Hamster: So geht es deinem Tier gut“) an Haltungsformen zurück, die noch vor einigen Jahren üblich waren: Angefangen von den winzigen Käfigen, die auf einer Kommode im Kinderzimmer standen, bis zum Hamsterball aus Plastik. 

In den wurde das Tier gesteckt, damit es im Haus einen vermeintlich sicheren Auslauf hatte. „Dabei war das nur reine Tierquälerei“, sagt Rößner. Denn der Hamster hatte darin keine Chance, sich zu orientieren oder zurückzuziehen, er bekam schlecht Luft, wurde mit eigenen Exkrementen überschüttet, „und wenn man ihn übersah, flog er wie ein Fußball durch die Wohnung“.

Hamsterrad muss glatte Fläche haben

Ein Hamsterrad hingegen ist in Ordnung - Material und Größe müssen aber stimmen. Ein Metallrad mit Standfüßen und vielen Sprossen ist zu gefährlich, sagt Rößner. Es kann schnell zu Quetschungen kommen. Die Hamsterhilfe Südwest empfiehlt ein Rad mit geschlossener, glatter Lauffläche - etwa aus Kork. Der Durchmesser des Laufrads sollte für einen Goldhamster etwa 30 Zentimeter und für einen Zwerghamster etwa 25 Zentimeter betragen. „Das Rad muss so groß sein, dass er laufen kann, ohne dass die Wirbelsäule durchgebogen wird“, sagt Henriette Mackensen. Ist der Rücken immer gekrümmt, kann es zu Haltungsschäden kommen.

Der nachtaktive Einzelgänger braucht vor allem ein großes, abwechslungsreiches Gehege. „Je größer, umso besser. Desto wohler fühlt sich der Hamster“, sagt Saskia Rößner. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. empfiehlt für Goldhamster eine Grundfläche von mindestens 0,5 Quadratmetern - beispielsweise 100 mal 50 Zentimeter. Doch aus Sicht der Hamster-Expertin gibt es nach oben kein Limit: „Manche Weibchen sind richtig aktive Randale-Nudeln“, sagt sie. „Die brauchen immer Action und versuchen, sich auszubuddeln, um die große weite Welt zu erkunden.“

Einstreu kann nicht hoch genug sein

Die klassischen Gitterkäfige von früher sind für eine artgerechte Haltung ungeeignet. Besser ist ein Glas- oder Holzterrarium oder Aquarium mit einem Deckel mit Volierendraht, um für eine gute Belüftung zu sorgen. Der Hamster benötigt zudem eine hohe Einstreuschicht. „Mindestens 30 Zentimeter, aber eigentlich kann es nicht hoch genug sein“, sagt Henriette Mackensen. Ideal wäre eine ein Meter hohe Schicht, bei der man Kleintierstreu mit Papier und Heu mischt, damit die Gänge, die sich der Kleine buddelt, auch stabil bleiben.
 
Die Späne sollten nicht zu klein, zu hart und zu spitz sein und keinen Duft haben, sagt Saskia Rößner. Da sich Hamster hauptsächlich über ihren Geruchssinn orientieren, ist es wichtig, dass sie in kein parfümiertes Gehege gesetzt werden. Ein Gefühl für Höhe haben diese Tiere übrigens nicht: Auch deshalb sind Käfige mit Gitter ungeeignet, weil sie an ihnen hochklettern und sich beim Fallen verletzen können.

Anregende Umgebung mit Aufbauten und Sandbad

Damit der Hamster glücklich ist, sind zudem Holzaufbauten mit einigen Ebenen sinnvoll, wo unterschiedliche Einrichtungsgegenstände untergebracht werden können. In der Natur verfügen Hamsterbauten über mehrere Kammern, mindestens aber über Schlafzimmer, Speisekammer und Toilette. Auch spezielle Hamsterhäuser sind entsprechend gestaltet. 

Zudem ist ein Sandbad wichtig. Dafür kann man eine Schale, in der er sich schön hin- und herrollen kann, am besten mit Chinchilla-Sand füllen. Vogelsand gilt als zu scharfkantig. Für Struktur und Abwechslung sorgen Korkröhren und Äste. Keramikverstecke dienen als kühler Rückzugsort für heiße Sommertage. Die Eingänge aller Einrichtungsobjekte sollten mindestens sieben Zentimeter Durchmesser haben: Schließlich können die Tiere mit ihren gefüllten Backentaschen erstaunliche Ausmaße annehmen.

Regelmäßig Frischfutter und kein Kontakt zu Menschen

Als Futter eignen sich vor allem gesunde Mischungen mit Mehl- und Ölsaaten, Kräutern und Nüssen. Die gibt es laut Saskia Rößner in der Regel nicht im Supermarkt. Empfehlenswert sind vor allem Mischungen aus dem Internet, die mindestens 30 Zutaten besitzen. Auch sollten getrocknete Insekten enthalten sein, da Hamster auch etwas tierisches Eiweiß benötigen. Alternativ kann man sie zusätzlich mit getrockneten Mehlwürmern oder Heuschrecken füttern. Außerdem sollte es regelmäßig Frischfutter wie Gurke, Zucchini, Sellerie oder Fenchel oder selbst gezogene Sprossen geben.

Die Tiere werden nicht unbedingt so zutraulich, dass sie sich gerne aus der Hand füttern lassen. „Von seinem Wesen und seinen Verhaltensbedürfnissen her braucht der Hamster den Kontakt zu Menschen nicht“, sagt Henriette Mackensen. 

Saskia Rößner kennt Artgenossen, die von Menschen absolut nichts wissen wollen: „Nur, dass er eben da ist, um Futter zu geben und Wasser zu wechseln - quasi wie ein Hotel-Zimmerservice.“ Es gibt aber auch Hamster, die abends an der Scheibe darauf warten, dass sie in einen extra Auslauf können oder man sich mit ihnen beschäftigt. „Mit denen kann man sogar Intelligenzspiele oder Clickertraining machen.“

Reine Beobachtungstiere - für Kinder ungeeignet

Autorin Rößner und Tierärztin Mackensen sagen beide: Hamster sind reine Beobachtungstiere und vor allem für kleine Kinder absolut ungeeignet. „Gerade ihnen fehlt nicht nur das Verständnis für Grenzen und die Bedürfnisse, sondern auch die nötige Feinmotorik.“ Das könnte für das winzige Tier schnell lebensgefährlich werden. Ganz abgesehen davon, dass es Todesangst bekommt, wenn es - wie Kinder es intuitiv machen - von oben gefasst wird.

Als Halter eher geeignet sind daher Jugendliche oder Erwachsene, die gerne abends länger wach sind und den Nachtschwärmer dann beim Buddeln und Futtersammeln beobachten können. Oder die tagsüber nicht zu Hause sind. Schließlich brauchen Hamster dann auch ihre Ruhe, sagt Rößner: „Wenn er tagsüber zu oft geweckt wird, sind Verhaltensstörungen die Folge, dann kann er aggressiv werden.“

Abschied nach kurzer Zeit

Doch auch, wenn man bei der Haltung alles richtig macht: Alt wird ein Hamster nicht. Seine Lebenszeit ist auf etwa zwei Jahre beschränkt. Und das kann Fluch und Segen zugleich sein: „Wer sich nicht auf viele Jahre binden möchte, für den ist das eine Option. Aber zugleich muss man natürlich nach recht kurzem Zeitraum Abschied nehmen“, sagt Henriette Mackensen. So wie sie empfiehlt auch Saskia Rößner, einen neuen kleinen Hausgenossen immer aus dem Tierschutz zu kaufen: „So kann man ihm wenigstens ein neues Zuhause geben und ein schönes Leben ermöglichen.“