1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Überreaktionen: Überreaktionen: Wenn Tiere Allergien auslösen

Überreaktionen Überreaktionen: Wenn Tiere Allergien auslösen

Von Stephanie Hoenig 07.11.2002, 10:28

Mönchengladbach/dpa. - Die Zahl der Allergiker nimmt seit Jahren dramatisch zu. «Weit verbreitet sind Tierhaarallergien, unter denen rund 20 Prozent der Allergiker leiden», sagt Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach. Verantwortlich seien nicht, wie es der Name irreführend nahe lege, die Haare der Tiere. Vielmehr stamme das eigentliche Allergen aus dem Schweiß, Talg, Speichel oder Urin der Tiere. Diese Allergene haften an den Haaren und werden mit den Haaren und dem Staub in der Luft verbreitet.

«Eine allergische Reaktion ist - vereinfacht gesagt - eine übertrieben starke Abwehrreaktion auf einen eigentlich für den Körper harmlosen Stoff», sagt Cornelia Schlüter, Ärztin bei der AOK in Hamburg. Bei empfindlichen Menschen kann zu enger Tierkontakt allergischen Dauerschnupfen, Niesreiz und Bindehautentzündungen auslösen. «Bedrohlich werden Tierallergien, wenn die Symptome nicht mehr nur auf den oberen Bereich der Atemwege begrenzt sind, sondern die Lungen erfassen», so Elke Brüser, die für die Stiftung Warentest in Berlin ein Fachbuch über Allergien geschrieben hat. Pfeifende Atemgeräusche und Husten nach Tierkontakt seien erste Anzeichen für allergisches Asthma. Tierhaarallergene könnten aber auch die Haut sensibilisieren.

Bei einem Allergieverdacht wird in der Regel erst mit einem «Pricktest» und dann auch mit einer Blutuntersuchung überprüft, ob eine allergische Reaktion gegen Tierhaare vorliegt. «Als besonders starke Allergieauslöser gelten Katzen», sagt Schwalfenberg. Deren Allergene seien «besonders aggressiv».

Katzenallergene werden laut DAAB hauptsächlich mit dem Speichel und der Tränenflüssigkeit der Tiere abgegeben und benetzen auf diese Weise den Feinstaub in der Wohnung, der allergische Reaktionen auslöst. Durch die außerordentlich guten Schwebeeigenschaften dieses Feinstaubes verbleibe das Katzenallergen selbst nach Entfernen der Katze aus der Wohnung noch über Monate in der Luft. Bei hochgradig sensiblen Katzen-Allergikern könnten sie auch dann noch Symptome auslösen. Die Allergene lassen sich sogar in Räumen nachweisen, die nie von einer Katze betreten wurden, sondern nur von Menschen, die Kontakt mit einer Katze haben.

Unter den haarigen Haustieren sind laut Brüser neben Katzen auch Meerschweinchen und Kaninchen häufige Allergiequellen, Hunde dagegen weniger. «Eine Besonderheit bei Allergien gegen Hundehaar liegt darin, dass Allergiker nur auf bestimmte Hunderassen allergisch reagieren können», sagt Schwalfenberg. Hier sollte bei einem positiven Allergietest vom Arzt getestet werden, ob eine Sensibilisierung gegen die Haare des eigenen Hundes vorliegt. Die Allergene von Hundehaaren verbleiben, anders als Katzenallergene, nicht noch Monate lang in der Raumluft.

Kanarienvögel, Wellensittiche, Papageien und andere Vögel können ebenfalls Allergien auslösen. «Vogelfedern beherbergen verschiedene Allergene, die über die Atemwege in den Körper dringen können», erläutert Brüser. Bei frischen Federn stecke der Auslöser im Material selbst. Bei älteren Federn seien es die Milben, die sich von dieser organischen Substanz ernähren. Ein starkes Allergen sei auch der Vogelkot. Getrocknet oder als feiner Staub eingeatmet könne er ein besonders schweres Krankheitsbild verursachen, die so genannte Farmer- oder Vogelhalterlunge.

«Die sicherste Behandlungsmöglichkeit bei einer Tierallergie ist das Entfernen des entsprechenden Tieres aus der Umgebung des Allergikers», sagt Schwalfenberg. Wer sich nicht von seinem Haustier trennen will oder noch keinen neuen Platz gefunden hat, sollte das Tier möglichst regelmäßig waschen oder mit feuchten Tüchern abreiben. Geachtet werden sollte auch darauf, dass einige Zimmer - etwa Schlafräume - für das Haustier tabu sind. Bewährt hätten sich auch Raumluftfilter.

«Eine Allergie ist leider auch zu einem Modevorwand geworden, wenn jemand sein Tier aus anderen Gründen nicht mehr behalten möchte», sagt Wolfgang Poggendorf, Geschäftsführer des Hamburger Tierschutzvereins. Besonders deutlich werde dies, wenn Tiere schon nach wenigen Tagen mit der Begründung Allergie zurückgegeben werden. Obwohl man bei nachgewiesenen Allergien die Vermittlungsgebühr für Tierheimtiere zurückerstattet bekomme, werde nur in seltenen Fällen ein ärztliches Attest nachgereicht. Angesichts der Tatsache, dass viele Menschen sonst um jeden Cent kämpfen, sei für ihn dieses Verhalten «seltsam», sagt Poggendorf.

Literatur: Elke Brüser, Allergien. Das Immunsystem auf Abwegen. Das Buch kann zum Preis von 9,20 Euro über die Bestell-Hotline der Stiftung Warentest (Tel.: 0180/5002467) bestellt werden.