Tabuthema Tabuthema: Erektionsprobleme offen mit der Partnerin besprechen
Freiburg/Düsseldorf/dpa. - Auch die Partnerinnen leiden. Körperliche Nähe und Zärtlichkeiten werden rar. Miteinander reden, der Ausweg aus dem Teufelskreis, fällt oft nicht leicht. Laut einer Studie der Universitätsklinik für Urologie in Köln kann etwa jeder fünfte Mann zwischen 30 und 80 Jahren über längere Zeiträume oder dauerhaft keine Erektion bekommen. Betroffen sind 9,5 Prozent der 40- bis 49-Jährigen, aber schon mehr als die Hälfte der 70- bis 80-Jährigen.
Die Ursache ist laut Experten in bis zu vier von fünf Fällen organisch - zu niedriger Blutdruck, Diabetes oder hormonelle Störungen stehen dabei im Vordergrund. Doch in den übrigen Fällen spielen psychische Gründe die Hauptrolle. Männer ziehen sich zurück, weil sie Versagensängste haben, Frauen fühlen sich zunehmend unattraktiv und isoliert. «Das Reden über Sexualität ist in unserer Gesellschaft heikel», erklärt Prof. Helga Kotthoff, Sprachwissenschaftlerin an der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
Fehlende Worte sind hierbei das größte Problem, da der Jargon zwischen medizinischer Fachsprache und vulgären Ausdrücken schwankt. Der «richtige» Zeitpunkt für ein Gespräch ist ebenfalls oft nicht leicht zu finden. Oberstes Gebot sei die Vermeidung von Schuldzuweisungen. «Schonungslose Direktheit führt nicht unbedingt zum Ziel», warnt Kotthoff. Vielmehr sollte eine Situation geschaffen werden, in der die Frau einfühlsam auf das Problem ihres Partners eingeht. Das kann etwa ein gemütlicher Abend auf dem Sofa sein, bei dem beiläufig das Thema angeschnitten wird. «Der Ton macht die Musik.»
Männer mit ED tun sich erst recht nicht leicht damit, über das Problem zu reden. «Potenz setzen die meisten gleich mit Männlichkeit», erklärt Kotthoff. Der Partner vermeidet Zärtlichkeiten und reagiert oft zurückweisend. In dieser Situation ist es keine leichte Aufgabe für die Partnerin, ein verständnisvolles Gespräch zum richtigen Zeitpunkt zu beginnen.
«Den richtigen Moment für ein Gespräch gibt es vielleicht gar nicht», erklärt Ulrike Brandenburg, Psychotherapeutin am Universitätsklinikum Aachen. Frauen sollten lieber einen Fehler riskieren als das Problem totzuschweigen. «Der erste Schritt ist, als Frau zu akzeptieren, dass die Erektionsstörungen des Partners auch für sie ein Problem sind.» Die Partnerin leidet schließlich darunter, dass ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigt werden.
Der Sexualtherapeut Rolf Gindorf aus Düsseldorf rät davon ab, Freunde als Ratgeber einzubeziehen. «Das Paar muss selbst lernen, damit umzugehen», sagt Gindorf. Zunächst ist für den Mann der Gang zum Urologen wichtig, der feststellt, ob die Erektionsprobleme körperliche Ursachen haben. Meist werden sie mit Medikamenten behandelt, etwa den Potenzpillen Viagra oder Cialis. Als letzte Möglichkeit kann auch eine Schwellkörperprothese eingepflanzt werden.
Bei psychisch bedingter Impotenz dagegen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein - auch mit der Partnerin. Große Erfolge verspricht laut Gindorf das so genannte Sensualitätstraining. Es soll helfen, übersteigerte Erwartungen an Sex abzubauen. Zunächst erfordert es vom Paar totale Enthaltsamkeit, danach nähern sich beide wieder Schritt für Schritt an. Bestimmte Körperstellen bleiben zunächst tabu für Berührungen und werden erst später wieder einbezogen. «Erwartungssituationen gibt es nicht mehr. Damit fällt der Druck auf den Mann weg», erklärt Gindorf.
Ausweglos ist die Situation höchstens dann, wenn der Mann ein Gespräch auch nach mehreren Versuchen abblockt. «Dann muss die Frau entscheiden, ob sie so mit ihrem Partner weiterleben kann und will», sagt Therapeutin Brandenburg. Ähnliches gilt, wenn einer der beiden Partner fremdgeht. «Zumindest eine Paartherapie ist dann sinnlos.»