Skischuhe Skischuhe: Nie mehr Druckstellen
Planegg/dpa. - Aber mit den knallharten Boots früherer Zeiten haben die heutigen Modelle nichts mehr gemein. Die Hersteller setzen auf weichere Materialien und individuellere Passformen. Doch das bringt alles nichts, wenn eines fehlt: Zeit zum gründlichen Ausprobieren.
Ein neuer Skischuh muss im Geschäft «satt» sitzen, erklärt der Deutsche Skiverband (DSV) in Planegg bei München. Denn in den ersten zehn Skitagen könne er um fast eine halbe Nummer größer werden. Rutscht der Fuß dann im Schuh hin und her, entstehen Druckstellen. Damit es im Schuh nicht kneift und drückt, gibt es breitere und schmalere Modelle, eher weiche und superharte. Früher sei ein Flex - eine Biegsamkeit - von 100 Standard gewesen, heute liege die Spanne bei 70 bis 130, um auf die individuellen Wünsche des Skifahrers reagieren zu können, sagt Andreas König, Sicherheitsexperte beim DSV.
Eine Strategie für mehr Komfort sind unterschiedliche Materialien. Beim «Vector 120» von Head beispielsweise besteht die Außenschale gleich aus drei verschiedenen Kunststoffen. An Zehen und Ferse ist der Schuh besonders hart, am Mittelfuß und Knöchel weicher. Am Rist findet sich noch einmal weicheres Material, das eine bessere Überlappung beim Schließen des Schuhs ermöglichen soll. Neu sind auch die sogenannten Spineflex-Schnallen, deren runde Form dem Hersteller zufolge den Druck besser verteilt.
Auch Technica verarbeitet bei seinem «Phoenix» in der Außenschale unterschiedlich harte Materialien. Der weichere Kunststoff am Oberfuß soll mehr Komfort bieten. Damit sich der Schuh leichter flexen - also biegen - lässt, wurde ein weiteres Gelenk weiter oben am Schaft eingebaut. Und schließlich gibt es einen kleinen Hebel, den Delta Switch, mit dem sich der Schuh weich und hart stellen lässt.
Mehr Komfort beim Gehen und Stehen versprechen die Hersteller Lange und Lowa. Der «Super Blaster» und der «AC 80 Air» haben jeweils einen Hebel, mit dem sich die Schuhe in eine Geh- oder Fahr-Position verstellen lassen. Unbeholfenes Staksen soll damit der Vergangenheit angehören. Das möchte auch Atomic erreichen. Der Hersteller entwickelte die I-Flex-Zone - die Schale des Schuhs ist am Vorderfuß beweglicher. Sie soll sich wie bei einem gewöhnlichen Schuh knicken und damit einen natürlichen Gang ermöglichen.
Den Einstieg in den Schuh zu erleichtern, ist Ziel des Rapid Slide Systems von Fischer. Im Ristbereich sind die damit ausgestatteten Schuhe besonders weich, außerdem verfügt der Innenschuh über ein glattes Obermaterial, damit der Fahrer quasi hineinrutschen kann.
Zum Standardrepertoire gehört inzwischen ein thermoverformbarer Innenschuh. Und damit auch Wintersportler mit Knick- oder Senkfuß bequem fahren können, werden spezielle Einlegesohlen angeboten. Comform'able hat dafür ein Silikonkissen entwickelt, auf das sich der Kunde stellt. An den Fußabdruck wird die Sohle angepasst.
Solche Sohlen, die von verschiedenen Herstellern angeboten werden, hält Andreas König für äußerst sinnvoll. «Die Form des Fußes wird unterstützt, dadurch ermüdet er nicht so leicht.» Das vermeide Druckstellen. Denn ein müder Fuß sacke ab, dann sitzt der Schuh nicht mehr richtig und reibt oder drückt. Viele Probleme mit der Passform könnten durch eine individuell hergestellte Sohle behoben werden.
Den Druckstellen hat auch Salomon den Kampf angesagt. Bereits im vergangenen Jahr präsentierte der Hersteller einen durch Wärme verformbaren Außenschuh. Beim neuen «Impact 10 CS» beispielsweise lasse sich der Schuh um bis zu sechs Millimeter weiten. Dafür wird er beim Händler in eine Art Backofen gestellt und dem Fuß des Kunden angepasst.
Einen individuellen Schuh verspricht auch Ertl/Renz - setzt dabei aber schon viel früher an. Zunächst wird der Fuß des Kunden gescannt, anschließend werden die Daten mit den Schuhen verschiedener Hersteller abgeglichen, erklärt Dirk Rutschmann von Ertl/Renz. Welcher passt am besten zu diesem Kunden? Ein Programm sucht das passende Modell aus. Dann wird der Leisten dem Fuß entsprechend modifiziert, die Schuhschale erwärmt und an die Fußform angepasst.
Für Skischuhe werden zunehmend thermoverformbare Einlegesohlen angeboten. Wer denkt, sich das Geld dafür sparen zu können, indem er zu den Einlegesohlen aus den Laufschuhen greift, liegt falsch. Denn die seien so konstruiert, dass der Läufer mit ihnen abrollen kann, erklärt Andreas König, Sicherheitsexperte des Deutschen Skiverbandes. Bei Skischuhen seien jedoch passive Einlegesohlen notwendig, die lediglich die Fußform unterstützen. Auch orthopädische Einlegesohlen hätten in Skischuhen nichts verloren.