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Magengeschwüre Magengeschwüre: Bakterium und nicht die Psyche ist Auslöser

14.05.2003, 09:12
Arztbesuche können teuer werden.(Foto: dpa)
Arztbesuche können teuer werden.(Foto: dpa) AOK Mediendienst Tack

Frankfurt/Main/Bochum/dpa. - In den achtziger Jahren haben australische Forscher den Keim entdeckt. «Damit war klar, dass das Magengeschwür keine psychosomatische Erkrankung ist», erklärt der Professor und unterscheidet zwischen dem Geschwür im Magen und dem im Zwölffingerdram. «Der letztere ist der häufigere, der meistens kurz hinter dem Übergang zwischen Magen und Darm auftritt.» Die wenigsten Menschen allerdings könnten die beiden Geschwüre auf den ersten Blick unterschieden. Dabei variieren die Symptome.

«Bei einem Geschwür im Zwölffingerdarm haben die Patienten meistens einen Nüchternschmerz vor allem nachts», sagt Stefan Heringlake, Oberarzt am Knappschaftskrankenhaus an der Ruhr- Universität Bochum. Im durch den Helicobacter angegriffenen Darm sei zu viel Säure. «Viele wachen auf und trinken dann ein Glas Milch, das die Säure neutralisiert und dadurch Erleichterung verschafft», weiß Professor Caspary von seinen Patienten.

Beim klassischen Magengeschwür sind starke Schmerzen im Oberbauch nach dem Essen ein deutliches Symptom. Auch Blut oder eine schwarze Färbung im Stuhl weisen auf ein Geschwür hin, denn häufig machen sich diese tief greifenden Schleimhautdefekte nicht durch Schmerzen bemerkbar. «Die zweithäufigste Ursache für Magenschwüre sind Antirheumatika, die die Schleimhautbildung hemmen», erklärt der Experte aus Frankfurt. Oft kämen auch beide Faktoren zusammen.

Zu diesen Rheumamedikamenten gehören auch normale Schmerzmittel wie Aspirin. «Und das ist ja mittlerweile zum Volksnahrungsmittel geworden, um Herzinfakten und Schlaganfällen vorzubeugen», kritisiert Caspary. Die Nebenwirkungen wie Magenblutungen würden bei der regelmäßigen Einnahme dann meist ignoriert oder einfach hingenommen. Die Schmerzmittel unterdrücken dann die Beschwerden, die das Magengeschwür eigentlich verursacht.

Für eine eindeutige Diagnose ist nach Meinung der Experten eine Magenspiegelung unbedingt notwendig. «Zudem sollten Gewebeproben entnommen werden, um auszuschließen, dass das in der Regel gutartige Geschwür nicht doch bösartig und somit ein Vorläufer von Magenkrebs ist», rät Oberarzt Heringlake. Allerdings sei ein Geschwür im Zwölffingerdarm niemals bösartig, so Professor Caspary: «Das ist einer der wichtigsten Merksätze, die ich meinen Studenten mit auf den Weg gebe.»

Die Entdeckung des Helicobacters hat auch die Behandlungsmethode revolutioniert: «Über eine Woche nimmt der Patient zwei verschiedene Antibiotika und einen Säureblocker ein», beschreibt Herbert Block, niedergelassener Internist in Frankfurt, die übliche Therapie. Spätestens nach drei Wochen sei die Heilung abgeschlossen. «In 90 Prozent der Fälle ist der Keim dann zur Strecke gebracht», sagt Caspary. Ob der Helicobacter dann tatsächlich ausgeräuchert ist, lasse sich mit einem einfachen Atemtest überprüfen. Ist das der Fall, komme das Geschwür nicht wieder.

«Beim Magengeschwür, das auch medikamentös - also durch Rheumamittel - ausgelöst wurde, muss nach etwa sechs Wochen erneut endoskopisch untersucht werden, ob es noch da ist», erklärt Professor Caspary. Heringlake rät außerdem zu einer erneuten Gewebeprobe, um Magenkrebs auszuschließen. Wer ein Geschwür hatte und dauerhaft Rheumamittel einnimmt, muss auch die Einnahme des Säurehemmers fortsetzen. «Die haben keine Nebenwirkungen», beruhigt Caspary. Operiert werde nur noch, wenn es zum Darm- oder Magendurchbruch gekommen oder eine Blutung anders nicht zu stoppen ist. «Die meisten Chirurgen können das gar nicht mehr, weil es so selten vorkommt», sagt Internist Bock.

Obwohl der Keim bekannt ist, der für Magengeschwüre verantwortlich ist, liegen die Infektionswege noch weitgehend im Dunkeln. «Die meisten Menschen tragen den Helicobacter in sich, aber nicht bei allen bricht er aus», sagt Professor Caspary. Es werde vermutet, dass das genetisch bedingt ist. Eine klar definierte Risikogruppe gebe es daher nicht. «Rauchen begünstigt allerdings die Bildung eines Geschwürs und verzögert die Abheilung. Warum - das weiß man nicht genau», räumt Caspary ein. Fest hingegen steht, dass nur wenige Kinder das Bakterium hätten, dafür aber die meisten 60-Jährigen.

«Außerdem kommt der Keim in südlichen Ländern Europas und auch in Südamerika wesentlich häufiger vor», sagt der Gastroenterologe Bock und führt das auf mangelnde Hygiene zurück. Wo Lebensmittel gut gekühlt werden, trete das Bakterium seltener auf. «Vor 25 Jahren kam fast jeden Tag ein Patient mit Magengeschwür zu mir, heute ist es kaum noch einer pro Woche», erzählt Bock. Schon vor einigen Jahren habe ein Internist prophezeit: «Eines Tages stirbt das Magengeschwür aus.» Dem wollen sich die drei Gastroenterologen zwar nicht uneingeschränkt anschließen, stimmen aber über ein, dass das Geschwürleiden auf dem Rückmarsch ist.

Informationen: Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm, Leber und Stoffwechsel sowie von Störungen der Ernährung (Gastro-Liga), Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen (Tel.: 0641/97 48 10, Fax: 0641/974 81 18).