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Entspannung Entspannung: Autogenes Training hilft nicht nur gegen Stress

Von Andreas Heimann 27.10.2004, 14:34
Autogenes Training ist auch am Arbeitsplatz sinnvoll. (Foto: dpa)
Autogenes Training ist auch am Arbeitsplatz sinnvoll. (Foto: dpa) Techniker Krankenkasse

Berlin/Lübeck/dpa. - Autogenes Training soll ruhiger und ausgeglichener machen, gegen Depressionen ebenso helfen wie gegen Schlafstörungen - und das alles mit nur ein paar Minuten Übungen, bei denen es darum geht, in eine Art Trance zu fallen. Alles fauler Zauber?

Im Gegenteil: Mediziner und Therapeuten halten viel von der Entspannungstechnik, die als «Yoga des Westens» gilt. Als Erfinder des Autogenen Trainings (AT) gilt der deutsche Arzt Prof. Johannes Heinrich Schultz (1884 bis 1970), der sich intensiv mit Hypnose beschäftigte. Bei Patienten, die er damit behandelte, konnte er ein Gefühl von Schwere und Wärme beobachten. Und nicht nur das: Sie konnten sich nach entsprechender Anleitung auch selbst in einen Zustand versetzen, in dem sie diese Empfindungen hatten und der ausgesprochen entspannend wirkte. Das Verfahren, von Schultz schon in den 1920er Jahren entwickelt, nannte er Autogenes Training.

«Damals galt eine solche Selbsthilfemethode als revolutionär», sagt Dietmar Ohm, Vorsitzender der Psychologischen Fachgruppe Entspannungsverfahren im Berufsverband deutscher Psychologen (BDP). «Mit Autogenem Training lässt sich lernen, sich in kurzer Zeit zu entspannen», erläutert der Psychotherapeut aus Lübeck.

Erlernt werden die Techniken in Kursen - in der Regeln an zehn Terminen -, wie sie zum Beispiel von Sportvereinen, Volkshochschulen oder auch Krankenkassen angeboten werden. Geübt wird im Sitzen oder Liegen. «Es gibt spezielle Formeln, die schon Schultz verwendet hat und die noch immer üblich sind», erklärt Wolf von Falkenhausen vom Institut für Entspannungstechniken in Berlin. «Zum Beispiel "Mein rechter Arm ist ganz schwer" oder "Mein Herz schlägt ruhig und regelmäßig".» Die Formeln spricht während des Kurses zunächst der Dozent, später jeder still für sich selbst.

Die Wirkung wird auch von Medizinern nicht bestritten: «Man kann nachweisen, dass die Teilnehmer entspannen, auch an klaren körperlichen Signalen», sagt Barbara Marnach, Ärztin beim AOK-Bundesverband in Bonn. So sinken beispielsweise der Hautwiderstand und die Pulsfrequenz, der Atem wird ruhiger.

«Mit Hilfe von Autogenem Training kann man daher Kontrolle über seine Körperfunktionen bekommen», erklärt von Falkenhausen. So kann die Entspannungstechnik beispielsweise helfen, den Blutdruck zu senken. Auch bei Herz-Kreislauf-Beschwerden oder bei chronischen Schmerzen komme AT oft zum Einsatz. Nicht selten empfehlen Ärzte Autogenes Training, wenn Patienten unter einem Angstsyndrom leiden. «Das kann oft gerade dann nützen, wenn verhaltenstherapeutische Methoden nicht greifen», sagt von Falkenhausen.

Ein simples Allheilmittel ist Autogenes Training aber nicht: «Solche Entspannungstechniken sind immer nur ein Baustein der Stressbewältigung», betont Barbara Marnach. Die Suche nach den Ursachen für die belastende Situation wird dadurch nicht überflüssig: «Wenn ich ständig Stress mit dem Partner oder dem Chef habe, nützt ein bisschen Autogenes Training vor dem Einschlafen wenig.»