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  7. Experten antworten zu Darmkrebs-Vorsorge: Darmspiegelung rettet Leben: Die Polypen müssen raus

Darmspiegelung rettet Leben Die Polypen müssen raus - renommierte Ärzte beantworten Fragen der Leser zu Darmkrebs

Darmkrebs lässt sich mit Vorsorgeuntersuchungen oft rechtzeitig erkennen oder gar verhindern. Beim Leserforum haben renommierte Ärzte erklärt, worauf es dabei ankommt.

Aktualisiert: 24.03.2025, 13:01
Bei einer ambulanten Vorsorgekoloskopie wird der Dickdarm unter anderem nach Polypen abgesucht.
Bei einer ambulanten Vorsorgekoloskopie wird der Dickdarm unter anderem nach Polypen abgesucht. Foto: IMAGO/BERLINFOTO

 Darmkrebs: Vorsorge rettet Leben – Erkennen, Behandeln, Heilungschancen nutzen! Das war das Thema eines Leserforums mit Professor Marino Venerito, Leiter des Bereichs Gastrointestinale Onkologie Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie und Koordinator des Viszeral Onkologischen Zentrums, sowie Dr. Mihailo Andric, Oberarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie und Koordinator Darmkrebszentrum. Die beiden renommierten Experten beantworteten die Fragen der Anrufer. Ein Überblick:

Ich bin über 50. Mein Hausarzt möchte mich zur Darmkrebsvorsorge schicken. Ich habe aber keine Beschwerden oder Probleme mit der Verdauung. Ist eine solche Untersuchung für mich sinnvoll und wie läuft das ab?

Die Vorsorge ist sinnvoll, weil damit Vorstufen des Darmkrebses entdeckt werden können, die keine Beschwerden machen. Das sind sogenannte Polypen. Die Vorsorge erfolgt in Form einer Koloskopie, auch als Dickdarmspiegelung bekannt. Nach entsprechender Darmreinigung wird ein Videokoloskop über den Enddarm eingeführt, also ein flexibles Spiegelungsgerät mit Lichtleitung und Kamera.

Der Untersuchungsbereich reicht bis zum Ende des Dickdarms. Dabei wird auch ein Teil des Dünndarmes angeschaut. Sollten Polypen entdeckt werden, können diese gleich abgetragen werden, sofern sie eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Ansonsten ist eine erneute Untersuchung unter stationären Bedingungen oder gegebenenfalls eine Operation erforderlich.

Wo kann ich eine Vorsorgeuntersuchung machen lassen?

Die Leistung wird von den niedergelassenen Gastroenterologen angeboten. Die sind in Sachsen-Anhalt in jeder größeren Stadt zu finden. Dafür brauchen Sie eine Überweisung des Hausarztes.

Wach oder mit Narkose

Wie lange dauert eine Darmspiegelung und tut so etwas weh?

In der Regel erfolgt diese Untersuchung ambulant. Die eigentliche Prozedur dauert im Durchschnitt 20 Minuten. Die meisten Patienten möchten davon nichts mitbekommen und erhalten eine Sedierung. Das bedeutet aber für den Patienten, dass er danach nicht selbst Auto fahren darf. Einige möchten lieber „wach“ bleiben. Nicht für jeden ist die Untersuchung so unangenehm und mit erheblichen Schmerzen verbunden, dass eine Sedierung erforderlich ist.

Bei mir wurde Darmkrebs entdeckt. Was sind die nächsten Behandlungsschritte?

Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung. Jeder bösartige Tumor hat das Potenzial einer lokalen Ausbreitung (Infiltration) und einer Fernabsiedlung (Metastasenbildung). Daher ist die Evaluation des aktuellen Tumorstadiums (Staging) für die Therapieentscheidung wichtig.

Hierfür sind verschiedene Untersuchungen erforderlich. Dazu gehören mindestens eine vollständige Koloskopie, ein Ultraschall des Bauches und eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbes sowie die Blutuntersuchung auf Tumormarker.

Darüber hinaus wird bei den meisten Patienten ergänzend eine Computertomografie (CT) durchgeführt. Mit diesen Befunden wird jeder Tumorfall in einer interdisziplinären Besprechung aller beteiligen Fachdisziplinen, dem Tumorboard, diskutiert und notwendige Behandlungsschritte werden leitliniengemäß empfohlen.

Optionen für Behandlung

Muss Darmkrebs immer operiert werden?

Das hängt vom Stadium der Erkrankung ab. Bei einem primär entfernbaren Tumor ist eine Operation die Therapie der Wahl. Bei beginnendem Tumorstadium und abhängig von der Tumorgröße kann die lokale Entfernung des Tumors endoskopisch erfolgen. Sind bereits Metastasen in anderen Organen vorhanden, kann eine Operation oder eine lokale Ablation der Metastasen – zum Beispiel Bestrahlung, Lasertherapie, Mikrowellenbehandlung – sinnvoll sein, oft auch in Kombination.

Dies hängt von der Anzahl, Größe und Lokalisation der Metastasen ab. Kommt eine primäre Operation nicht infrage, erfolgt zunächst eine medikamentöse Tumortherapie: Chemo-, Antikörper-, Immuntherapie. Anschließend wird mithilfe einer erneuten Bildgebung (CT, MRT) überprüft, inwieweit die Metastasen geschrumpft sind, um die Möglichkeit einer sekundären Lokaltherapie – Operation oder lokale Ablation – zu prüfen. Alle Behandlungsschritte werden im interdisziplinären Tumorboard entschieden.

Prof. Marino Venerito
Prof. Marino Venerito
Christian Wohlt

Gute Klinik finden

Ist es egal, wo eine Darmkrebs-Operation durchgeführt wird?

Die Darmkrebsoperation muss nach bestimmter Operationsmethode erfolgen, wobei der tumortragende Darmabschnitt und das komplette dazugehörige Lymphabflussgebiet gemeinsam entfernt werden (CME, TME).

Die Anwendung dieser Methode verbessert das Fünf-Jahres-Überleben um 16 Prozent und reduziert die Rezidivrate um acht Prozent im Vergleich zur inadäquat durchgeführten Operation. Zeitgemäße Chirurgie beinhaltet minimalinvasive Operationen. Diese sollten, wann immer möglich, die Methode der Wahl sein, da sich die Patienten postoperativ schneller erholen, weniger Schmerzmittel benötigen, schneller mobilisiert werden und der Kostaufbau früher erfolgen kann.

Die Dauer des Krankenhausaufenthalts reduziert sich dadurch. Der onkologische Outcome, also das Ergebnis der Behandlung, ist der offenen Operationen gleichwertig. Darüber hinaus ist es wissenschaftlich bewiesen, dass das Überleben der Patienten mit Darmkrebs nach Behandlung in einem zertifizierten Darmkrebszentrum besser ist.

Bei einer Koloskopie wurde mein Darm perforiert. Daraufhin musste ich operiert werden. Nun rät mir mein Arzt zu einer erneuten Vorsorgekoloskopie. Davor habe ich Angst. Kommt eine Kapselendoskopie als Alternative infrage?

Die Kapselendoskopie ist eine Untersuchungsmethode, bei der eine Art Sender in einer Kapsel geschluckt und das Ergebnis nach außen übertragen wird. Dafür ist eine Vorbereitung wie bei der Koloskopie notwendig. Diese umfasst eine Darmreinigung bei der vier Liter einer bestimmten Flüssigkeit einzunehmen sind.

Eine Kapselendoskopie dient nur zur Diagnostik, nicht zur Therapie. Sollten im Rahmen dieser Untersuchung Polypen entdeckt werden, können diese nicht sofort entfernt werden. Eine „echte“ Koloskopie wäre dann erforderlich.

Vor zwei Jahren hatte ich im Alter von 62 Jahren eine Darmspiegelung als Vorsorge erhalten. Das Ergebnis war unauffällig. In welchem Abstand soll ich diese Untersuchung wiederholen?

Bei Patienten ohne familiäre Risikofaktoren ist eine Vorsorgekoloskopie ab dem Alter von 50 Jahren empfohlen. Nachdem Sie keinen Nachweis von Darmpolypen hatten und bei Angehörigen ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) kein Darmkrebs vorkam, ist prinzipiell eine Wiederholung der Untersuchung im Abstand von zehn Jahren ausreichend.

Dr. Mihailo Andric
Dr. Mihailo Andric
Christian Wohlt

Okkultes Blut - was ist das?

Mein Hausarzt empfiehlt mir im Rahmen eines Routinechecks auch eine Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl. Was ist darunter zu verstehen und was kann man dadurch erkennen?

Es wird für Männer ab dem 50. Lebensjahr von den Krankenkassen empfohlen und bezahlt, eine solche Untersuchung machen zu lassen, sollte man sich gegen eine Koloskopie entscheiden. Dadurch wird sogenanntes okkultes Blut entdeckt.

Das sind kleine Mengen, die für das menschliche Auge nicht sichtbar sind. Das kann Hinweise für das Vorliegen von Polypen (20 bis 65 Prozent der Fälle) oder sogar Krebs (70 bis 90 Prozent) liefern.

Muss ich mich auf eine solche Untersuchung vorbereiten?

Es gibt zwei unterschiedliche Stuhltests. Bei dem sogenannten FIT (Fekaler Immunochemischer Test) gibt es keine speziellen Ernährungsvorgaben. Beim gFOBT (Guajak Test auf okkultes Blut im Stuhl) sollte auf rotes Fleisch verzichtet werden.

Bestimmte Gemüsearten wie Brokkoli und Vitamin-C-Präparate sind ebenfalls drei Tage vor der Untersuchung zu meiden. Über die entsprechenden Verhaltensregeln wird Sie Ihr Arzt aufklären.

Polypen vemeiden

Bei mir wurden wiederholt Polypen im Darm gefunden und entfernt. Wie kann ich eine Neubildung vermeiden?

Dafür gibt es eine simple Formel: Kein Übergewicht, regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung. Das bedeutet wenig Zucker oder raffinierte Kohlenhydrate, wenig rotes Fleisch, reichlich Ballaststoffe, also viel Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukte. Empfohlen werden 30 Minuten Bewegung am Tag.

Das muss kein Hochleistungssport sein, sollte aber das Herz-Kreislauf-System anregen. Ein zügiger Spaziergang hilft schon. Ein positiver Nebeneffekt: Man tankt dabei auch Sonne, was zur Bildung von Vitamin D beiträgt. Nicht rauchen und wenig Alkohol trinken gehören selbstverständlich ebenfalls zu den Ratschlägen.

Ich bin 68 Jahre alt. Vor mehr als zehn Jahren hatte ich gleichzeitig eine Magen- und Darmspiegelung als Vorsorgeuntersuchung. Dabei wurde ein Darmpolyp entfernt. Kann so etwas erneut auftreten? In welchen Abständen ist für mich eine Darmvorsorge empfohlen?

Die Darmpolypen können erneut auftreten und feingeweblich eine unterschiedliche Struktur aufweisen. Sie können unterschiedlich groß sein und an mehreren Stellen gleichzeitig vorkommen. Je nach diesen Kriterien sind auch unterschiedliche Abstände für eine Vorsorgekoloskopie empfohlen. In Ihrem Fall, bei mehr als zehn Jahre zurückliegender Darmspiegelung, ist eine erneute Vorsorgekoloskopie zu empfehlen, auch ohne Vorliegen der Befunde der letzten Darmspiegelung und Histologie.

Vor drei Jahren wurde bei mir (89) ein faustdicker Tumor in der Nähe des Blinddarms chirurgisch entfernt. Im Rahmen der Nachsorge wurde beim Röntgen ein Fleck in der Lunge vermutet. In einem folgenden CT wurde das nicht bestätigt. Ich mache mir trotzdem Sorgen, dass da was ist.

Nach einer Darmkrebsoperation wird das weitere Vorgehen nach feingeweblicher Tumorformel bestimmt. Bei Ihnen waren bei rechtzeitig entferntem Tumor kein Lymphknotenbefall oder Fernmetastasen nachgewiesen. Aus diesem Grund war keine zusätzliche Chemotherapie erforderlich, sondern es wurde eine entsprechende Nachsorge empfohlen.

Darunter versteht man die in regelmäßigen Abständen (drei bis sechs Monate) erfolgenden Untersuchungen, die das erneute Auftreten des Tumors ausschließen oder frühzeitig nachweisen lassen. Selbst wenn ein Verdacht auf einen erneuten Tumor besteht, sind die Therapieoptionen dadurch viel besser.

Christian Wohlt notierte die Fragen und Antworten.