Geschichte Geschichte: Der Weihnachtsmann und seine Verwandten

Köln/Hamburg/dpa. - Als Millionenheer stehen Nikoläuse undWeihnachtsmänner jeder Größe jetzt wieder in den Regalen derGeschäfte und warten auf ihren Einsatz - sei es als Dekoration fürdie festlichen Tage oder als Leckerei. Kinder freuen sich auf den 6.Dezember, wenn der Nikolaus bereitgestellte Stiefel mit Süßigkeitenoder gar Geschenken füllt. Ihm folgen dann knapp drei Wochen später -je nach Region - der Weihnachtsmann oder das Christkind alsgroßzügige Gabenbringer. In welchem Verwandtschaftsverhältnis diesesTrio genau zueinander steht, das kann schon etwas verwirrend anmuten.
Alles begann mit Nikolaus, einem Bischof und Heiligen ausKleinasien, der vor allem in der orthodoxen Kirche bis heute hochverehrt wird und Patron von Russland ist. Die meisten Erzählungendeuten auf den Bischof von Myra hin, der im vierten Jahrhundert inLykien an der Südküste der heutigen Türkei wirkte. «Alle dieseDatumsangaben sind reine Spekulation, es gibt keinewissenschaftlichen Beweise», stellt der katholische Theologe ManfredBecker-Huberti aus Köln ernüchternd fest.
Auch in unseren Landen beteten die Gläubigen einst zu ihm.Theophano, die aus Byzanz stammende Ehefrau des deutschen KaisersOtto II. (955-983), machte ihn zum «Hausheiligen» der Ottonen.Zahlreiche Kirchen wurden nach ihm benannt. Nikolaus entwickelte sichauch zum Patron der Kinder, die an seinem Ehrentag, dem 6. Dezember,schon vor Jahrhunderten Geschenke erhielten. Der Tag war in dieserHinsicht zu vergleichen mit dem heutigen Weihnachtsfest. Die frühenGaben erschöpften sich allerdings in - aus heutiger Sicht -Kleinigkeiten wie Nüssen, Dörrobst, Kletzenbrot und dergleichen.
Reformator Martin Luther, der sich als Kind sicher auch derPräsente am Nikolaustag erfreuen durfte, schuf in seinen neuenGlaubensregeln die üppige Heiligenverehrung ab und beraubte um 1535auch den Nikolaus seiner Funktion und die Kinder ihrer Geschenke. Erkreierte stattdessen die Figur des Christkinds, das in denevangelischen Gegenden in der Nacht zum Weihnachtstag Gaben brachte.Nach und nach freundeten sich auch Katholiken mit diesem Brauch an.
Aber Nikolaus existierte in ihrem Glauben weiter, sie begingensein Fest am 6. Dezember. Eine Figur im Bischofsgewand mit Mitra undStab erschien in den Häusern. «Einkehrbrauchtum» nennt dies Becker-Huberti. Der «Bischof» habe sich von guten und schlechten Tatenberichten lassen. Mit ihm erschien ein ruppiger Begleiter, der dasgezähmte Böse, den Teufel, symbolisierte. «Brave Kinder wurdenbelohnt, anderen drohte der Knecht Ruprecht, wie er in einigenGegenden hieß, kräftig mit der Rute.»
«In Holland wollten die Reformierten ihren Nikolaus nichthergeben», sagt der Theologe. Er bringt ihnen die Geschenke bis heuteam 6. Dezember. Als Niederländer in die Neue Welt auswanderten undNieuw Amsterdam, die Vorläufersiedlung von New York, gründeten,feierten sie so wie in der Heimat ihren «Sinterklaas», aus dem imEnglischen Saint Claus und dann Santa Claus wurde. Dieser mutiertezum Father Chrismas und beschert seither am 25. Dezember in Amerikadie Menschen.
Auch in Europa gilt der Weihnachtsmann heute als Gabenbringer. VonPlakaten lächeln die Weißbärtigen verheißungsvoll und in denKaufhäusern trifft man sie rechtzeitig zum 1. Advent. Der BegriffWeihnachtsmann tauchte etwa im 18. Jahrhundert auf. Der DichterHeinrich Hoffmann von Fallersleben reimte im Jahr 1835: «Morgen kommtder Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben...». Zwölf Jahre späterschuf der Maler Moritz von Schwind den berühmten Holzschnitt mit derFigur im langen Mantel, die einen Tannenzweig mit Kerzen in der Handhält und gab ihr den Namen «Herr Winter».
Es war übrigens ein Deutscher, der dem Weihnachtsmann den Habiteines gutmütigen dicken Alten mit weißem Bart, roter Kappe und rotemMantel verlieh. «Der 1840 in der Pfalz geborene und später in die USAausgewanderte Thomas Nast schuf dort die Figur», sagt Becker-Huberti.So bekamen der legendäre Nikolaus und Luthers Christkind ihreKonkurrenz als Geschenkikonen.