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«Free Hugs»: Studenten verteilen kostenlos Umarmungen

Von Fabian Wahl 18.06.2007, 08:14

Bonn/dpa. - Bonn ­ Hannes Korte setzt ein Lächeln auf, hält ein Schild in die Höhe und Sekunden später schmeißen sich die ersten Frauen an seine Brust. Aber Hannes ist kein Fernsehstar und auch kein Model. Er ist Student und verteilt «Free Hugs» - kostenlose Umarmungen.

Der angehende Informatiker steht dieses Mal mit Kumpel Florian und Cousine Pauline in der Bonner Innenstadt: Die drei und zwei weitere Freunde packen ihre Pappschilder mit den Aufschriften «Free Hugs» oder «Gratis Umarmungen» aus und stellen sich in die Fußgängerzone. Nach nicht mal zwei Minuten bricht das Eis: Florian darf die Erste drücken. Die zweite, eine junge Engländerin, lässt noch schnell ein Foto von sich und Hannes machen.

«Das ist irgendwie magisch und macht Riesenspaß», erklärt Hannes die Aktion. Aus Nettigkeit nehme er Wildfremde in die Arme. «Irgendwo hat es auch etwas Spirituelles. Man spürt eine Menge positiver Energie», beschreibt der 26-Jährige seine Gefühle beim Drücken.

Derweil hat Cousine Pauline schon sieben Teenies auf einen Schlag umarmt und spricht dann die nächsten Passanten an: «Wollt Ihr auch mal?» Und schon sind zwei Mädchen aus Frankreich mit dabei. «Jetzt will ich aber auch mal ausprobieren», sagt ein älterer Herr, der gerade vom Wochenendeinkauf kommt. Und während andere Passanten noch irritiert eine versteckte Kamera suchen, wirft sich die Nächste an Florians (21) Hals: «Da wird einem ja ganz warm ums Herz», sagt sie begeistert.

«Die meisten Leute sind sehr aufgeschlossen und auch sehr unterschiedlich», erzählt Florian, der zum zweiten Mal dabei ist. Selbst einen Polizisten habe er schon mal in den Armen gehabt. Vielen Menschen fehle einfach der Körperkontakt, meint Florian. Dem will er mit den kostenlosen Umarmungen entgegentreten.

Die Idee dazu hatte vor drei Jahren ein Australier namens Juan Mann. Seine Eltern hatten sich frisch geschieden und um gegen die eigene Einsamkeit anzukämpfen, versuchte er es mit «Free Hugs» in Sydney. Die erste Person, die er umarmt haben soll, war eine alte Frau, deren Hund am selben Morgen und gleichzeitig am Jahrestag des Todes der eigenen Tochter gestorben war.

Nachdem Manns Geschichte vor acht Monaten als Video im Internet landete, startete eine weltweite Bewegung. Von Hollywood bis Japan wird Manns Idee mittlerweile nachgeahmt. Über 15 Millionen Mal wurde sein Clip bereits gesehen. Wie Hannes und seine Freunde verabreden sich auch in Deutschland fast alle über Internetforen ­ eher spontan als lange geplant.

Durchschnittlich einmal im Monat ziehen die Studenten in verschiedene Städte. In zwei Stunden komme man schnell auf hundert Umarmungen, rechnet Hannes vor. In Braunschweig brachte eine ältere Frau einen Kuchen: «Damit Sie weiterhin Kraft für diese tolle Sache haben», hatte sie gesagt.

Die Umarmungskampagne im Netz (englisch): www.freehugscampaign.org (dpa)