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Fohlen kommen häufig überraschend zur Welt

Von Sabine Maurer 11.06.2009, 07:44

Karben/Köln/dpa. - Zu Beginn eines Pferdelebens wird keine Zeit verloren: Die Geburt - bei Reitpferden meist im Frühling oder Frühsommer - dauert nur 15 bis 30 Minuten. Kurz darauf kann das Neugeborene stehen, bald galoppieren.

Pferde sind Fluchttiere. Eine lange Geburt oder ein hilflos am Boden liegendes Fohlen könnten in der Natur Raubtiere für einen Angriff nutzen. Komplikationen sind selten. «Für den Fall des Falles sollte aber doch jemand dabei sein», sagt die Tierärztin Ines Heckert aus Karben bei Frankfurt/Main. Das ist oft leichter gesagt als getan: Viele Stuten möchten nach etwa elf Monaten Trächtigkeit anscheinend alleine sein und gebären daher oft nachts oder, wenn niemand in der Nähe ist.

«Es gibt Fälle, da schlafen die Züchter nächtelang im Stall und nichts passiert», erzählt die Tierärztin. «Dann gehen sie kurz Kaffee trinken, und in dieser Zeit wird das Fohlen geboren.» In den großen Gestüten kann das nicht passieren, dort werden die tragenden Stuten rund um die Uhr überwacht. «Einer ist immer im Stall», sagt Frank Dorff, Gestütsmeister des Vollblutgestüts Röttgen bei Köln.

Ein Anzeichen für eine baldige Geburt seien die «Harztropfen» am Euter der Stute, erklärt Dorff: zuckerhaltige, kristallisierte Milch. Manchmal kommt ein Fohlen auch ohne Vorankündigung zur Welt. Das hat Michael Marlow, Züchter von Trakehner-Pferden aus dem hessischen Weilmünster, schon erlebt: «Morgens kam ich nichts ahnend in den Stall, und es lag ein Fohlen im Stroh.»

Setzen die Wehen ein, wird die Stute unruhig und legt sich hin. Das Fohlen wird mit den Vorderbeinen voran geboren, der Kopf liegt auf ihnen. Wenn alles gut geht, trinkt das Fohlen nach ein bis zwei Stunden zum ersten Mal bei der Mutter.

Beißer haben die Kleinen nicht, die ersten beiden Schneidezähne bekommen sie mit etwa drei Tagen. Komplett ist das Gebiss im Alter von einem Jahr. Mit sechs Monaten werden Fohlen «abgesetzt». Sie wachsen dann meist in einer Gruppe mit Gleichaltrigen auf.

Reitpferde werden in der Regel im Alter von drei bis vier Jahren angeritten, erwachsen ist ein Pferd mit sechs bis sieben Jahren. Für Vollblüter, die für Rennen gezüchtet werden, beginnt der Ernst des Lebens schon im Alter von 18 Monaten.

Gut 34 000 Reitpferdefohlen wurden laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) im nordrhein-westfälischen Warendorf vergangenes Jahr geboren. Das sind etwa 2000 mehr als 2007. Bei den Ponys gab es fast 11 500 Mal Nachwuchs.

Die Lebenserwartung von Reitpferden liegt meist zwischen 20 und 25 Jahren. Ponys werden in der Regel älter, Kaltblüter leben meist maximal 20 Jahre. Fast alle Pferde sind von Natur aus faul, da bilden die Fohlen keine Ausnahme: Immer wieder ruhen sie sich aus.

Wenn sie nicht schlafen, spielen Fohlen, trinken bei ihrer Mutter oder knabbern an Grashalmen. Außerdem müssen sie lernen, ihre extrem langen Beine zu kontrollieren. Diese sind so lang, weil Fohlen bei Gefahr mit der Herde türmen müssten.

In den ersten Wochen folgen Fohlen ihren Müttern auf Schritt und Tritt. Dann werden Umwelt und andere Pferde immer interessanter. Ob sich ein Pferd vom Körperbau her für den Sport eignet, sieht man ihm nach Überzeugung von Experten im Alter von drei Tagen und von drei Jahren an. In der Zeit dazwischen wächst das Tier so stark, dass die Körperproportionen nicht mehr richtig zueinanderpassen.

Literatur: Gabriele Metz, Pferde A - Z, Kosmos, ISBN-13: 978-3-4401-1515-2, 19,95 Euro; Karin Kattwinkel, Ein Fohlen von der eigenen Stute, Cadmos, ISBN-13: 978-3-8612-7417-9, 19,90 Euro