Fischotter: Flinke Vielfraße mit viel Fell
Berlin/dpa. - Sie sind gefräßig, aber nicht träge: Fischotter sind im Wasser und an Land aktiv. Waren die Pelztiere lange Zeit beliebte Jagdobjekte, hat sich ihr Bestand nun erholt. Die größte Gefahr geht für sie nicht mehr von Jägern aus, sondern von Autofahrern.
Der Fischotter Plum ist ein munteres Tierchen. Flink schwimmt er durch den Teich im hessischen Tiergarten Weilburg, taucht kurz, klettert dann an Land und schaut neugierig zu den Besuchern hoch. «Es sind sehr aktive Tiere, und sie bleiben bis ins hohe Alter verspielt», erzählt Jürgen Stroh, Leiter des Tiergartens Weilburg. Dort leben die erwachsenen Fischotter Plisch und Plum mit ihren beiden im Mai geborenen Jungen.
Der Vater kümmert sich allerdings nicht um den Nachwuchs, das ist Sache der Mutter. «Die männlichen Fischotter sind Einzelgänger. Sie treffen sich nur zur Paarung mit den Fähen», sagt Karin Riedel, Direktorin des Tierparks in Görlitz in Sachsen. Einmal im Jahr können die etwa 30 Zentimeter großen Tiere Nachwuchs bekommen, die Jahreszeit spielt dabei keine Rolle. Etwa zwei Monate dauert die Tragezeit, dann kommen zwischen ein bis fünf Jungen auf die Welt. Sie wiegen bei ihrer Geburt nur knapp einhundert Gramm und sind blind.
Doch die kleinen Fischotter entwickeln sich rasant. Das liegt an der guten Verpflegung. «Die Muttermilch hat einen Fettgehalt von etwa 65 Prozent», sagt Stroh. Zum Vergleich: Frische Kuhmilch besteht etwa zu fünf Prozent aus Fett. Doch Fischotter benötigen diese Mengen, denn sie verbrauchen extrem viele Kalorien. Und das nicht nur im Wachstum, sondern während ihres ganzen Lebens. Auf Diät gesetzt werden müssen sie nie. «Diese Tiere haben einfach einen sehr schnellen Stoffwechsel», erklärt Stroh. Schon alleine wegen ihres Temperaments verbrauchen sie viel Energie, hinzu kommt das viele Schwimmen im kalten Wasser.
Deshalb müssen sie viel fressen. Ein erwachsener Fischotter vertilgt täglich etwa 1 Kilogramm Futter, das ist knapp zehn Prozent seines Körpergewichts. Zum Vergleich: Für einen 70 Kilogramm schweren Menschen wären dies sieben Kilogramm Essen täglich.
Wie der Name bereits sagt, ernähren sich Fischotter hauptsächlich von Fischen. Das macht sie bei Fischern wenig beliebt. Über viele hundert Jahre bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden die Tiere stark bejagt. Nicht nur wegen der Fische, sondern auch wegen ihres sehr begehrten Pelzes. Denn dieser ist so dicht behaart, dass er wunderbar wärmt. «Auf jedem Quadratzentimeter hat er 50 000 bis 60 000 Haare», sagt Stroh. Kein Wunder, dass sie viel Zeit mit ihrer Haarpflege verwenden. Das dichte Fell benötigen die Tiere in dem kalten Wasser, um sich zu schützen. Denn eine Fettschicht - wie etwa Eisbären oder Seelöwen - haben sie nicht.
Doch nicht nur die Jagd machte den flinken Ottern zu schaffen, sondern sie verloren nach und nach auch ihren Lebensraum. Denn die Wasserqualität wurde schlechter, und viele Flüsse wurden begradigt. Fischotter leben immer an einer gut versteckten Stelle in einer zugewachsenen Uferböschung. Dort graben sie sich ihren Bau. Der Eingang liegt im Wasser, ihre Wohnkammer jedoch im Trockenen. Bei begradigten Flüssen wechseln die Wasserstände jedoch stark, so dass die hilflosen Jungtiere in dem Bau ertranken. Fischotter können es «nur» einige Minuten lang unter Wasser aushalten.
Mittlerweile sieht es für die Fischotter jedoch wieder besser aus. Gejagt werden dürfen sie schon lange nicht mehr. «Sie haben sich hier in Deutschland gut erholt», sagt Julian Heiermann, Zoologe beim Naturschutzbund NABU in Berlin. Viele begradigte Flüsse wurden renaturiert, und die Wasserqualität ist wieder besser. Vor allem im Nordosten Deutschlands sind Fischotter wieder verbreitet, sogar in der wasserreichen Hauptstadt leben diese Tiere. «Sie sind jedoch schwer zu beobachten, weil sie versteckt leben», erklärt Heiermann. Am liebsten sind diese Tiere in der Dämmerung unterwegs.
Die männlichen Fischotter sind viel auf Tour. Sie haben ein großes Revier von mehreren Kilometern, um das sie sich kümmern. Die größte Gefahr für sie geht mittlerweile von den Autos aus. Immer wieder werden Otter überfahren.
Dieses Los bleibt dem Nachwuchs von Plisch und Plum - sie wurden vor vier Jahren aus Montreal eingeflogen - auf jeden Fall erspart. Sie erwartet ein sorgloses Leben im Tierpark. In Gefangenschaft können diese Tiere bis zu 22 Jahre alt werden, in freier Wildbahn ist die Lebenserwartung deutlich kürzer. Das liegt zum einen daran, dass auch Fischotter ihre Zähne verlieren. In Gefangenschaft wird darauf Rücksicht genommen und die Nahrung entsprechend vorbereitet.
Fischotter bleiben über ein Jahr lang bei ihrer Mutter. Im Alter von etwa zwei Wochen fangen sie mit dem Krabbeln an, etwa vier Wochen später lernen sie schwimmen. Gesäugt werden sie etwa drei Monate lang. Geschlechtsreif werden Weibchen im Alter von drei Jahren und männliche Otter mit zwei Jahren.