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Erbrecht Pflichtteil, Testament, Erbschein: So regeln Sie Ihren letzten Willen richtig

01.01.2017, 19:18
Das Berliner Testament ist eine der häufigsten Formen des letzten Willens, die ein Ehepaar oder eine eingetragene Partnerschaft vereinbaren. Wichtig ist, darin schriftlich festzulegen, über welche Punkte einseitig verfügt werden darf - was also einer allein nach dem Tod des Partners noch ändern kann.
Das Berliner Testament ist eine der häufigsten Formen des letzten Willens, die ein Ehepaar oder eine eingetragene Partnerschaft vereinbaren. Wichtig ist, darin schriftlich festzulegen, über welche Punkte einseitig verfügt werden darf - was also einer allein nach dem Tod des Partners noch ändern kann. dpa

Halle (Saale) - Jürgen S., Mücheln: Kann ein privathandschriftliches Testament auch vollkommen in Druckbuchstaben einschließlich der Unterschrift ausgeführt sein? Oder geht das nur in Schreibschrift?
Antwort: Für die Gültigkeit eines Testaments ist ausschlaggebend, dass es formgerecht privathandschriftlich ausgefertigt oder notariell beurkundet ist. Ob der Text des Testaments in Schreibschrift oder in Form von Druckbuchstaben niedergeschrieben worden ist, ist egal.

Anders sieht es bei der Unterschrift aus. Hier müsste geprüft werden, ob die Unterschrift in Form von Druckbuchstaben tatsächlich die Unterschrift ist oder ob dies ein Platzhalter für die Unterschrift in Schreibschrift sein soll. Mit einer Unterschrift in Schreibschrift kann dies von vornherein vermieden werden.

Testament gilt auch handschriftlich

Uta M., Köthen: Mein Vater möchte mir als Tochter den Acker vermachen, der Enkel soll sein Haus bekommen. Kann mein Vater das privathandschriftlich testamentarisch bestimmen oder muss er sein Testament notariell beurkunden lassen? Es gibt nur uns zwei als Erben.
Antwort: Ihr Vater kann das, wie von Ihnen geschildert in einem privathandschriftlichen Testament festlegen. Es bedarf nicht zwingend einer notariellen Beglaubigung.

Wichtig ist, dass Ihr Vater in seinem Testament auch die Erbquoten festlegt, nämlich dass Tochter und Enkel zu je 1/2 erben. Weiter sollte er formulieren, wie sich seine Nachlassmasse aufteilt, dass der Enkel das Haus bekommt und die Tochter den Acker und ob ein Wertausgleich bezahlt wird oder ob das ohne Wertausgleich erfolgen soll.

Wann benötigt man einen Erbschein?

Lore R., Muldestausee: Mein Sohn wird laut privathandschriftlichem Testament Haus und Grundstück erben. Benötigt er einen Erbschein, obwohl er Alleinerbe ist? Oder sollte, damit er keinen Erbschein braucht, ein notarielles Testament errichtet werden? Wie verhält es sich mit den Kosten für den Erbschein, wenn der Nachlasswert des Hauses 150.000 Euro beträgt?
Antwort: Ihr Sohn benötigt den Erbschein bei einem privathandschriftlichen Testament zur Grundbuchberichtigung als öffentliche Urkunde. Der Vorteil eines notariellen Testaments dagegen ist, dass es bereits als öffentliche Urkunde gilt.

In dem Fall ist ein Erbschein nicht notwendig. Die Kosten für den Erbschein betragen bei einem Nachlasswert von 150.000 Euro rund 1.500 Euro. Mit den gleichen Kosten müssten Sie in etwa bei einem notariellen Testament rechnen.

Wie ist das Erbrecht innerhalb einer Familie geregelt?

Marianne F., Friedrichsbrunn: Wir hatten 2000 ein Haus gekauft, das allein auf meinem Namen im Grundbuch steht. Mein Mann ist vor sieben Jahren gestorben. Wir haben eine gemeinsame Tochter. Es gibt noch eine Tochter meines Mannes aus erster Ehe. Ist sie in Bezug auf das Haus erbberechtigt?
Antwort: Nein. Das deutsche Erbrecht ist ein Verwandtschaftsrecht. Die Tochter Ihres Mannes aus erster Ehe ist mit Ihnen nicht verwandt. Daher hat sie mit Ihrem Nachlass nichts zu tun, denn das Haus gehört zu Ihrem Vermögen.

Ist das Berliner Testament noch gültig?

Christa S., Bernburg: Wir haben zu DDR-Zeiten ein Berliner Testament aufgesetzt. Ist das noch gültig?
Antwort: Ja, das zu DDR-Zeiten errichtete Berliner Testament ist nach wie vor gültig.

Anja R., Eisleben: Wie berechnet sich der Pflichtteil?
Antwort: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des Erbteils, der bei gesetzlicher Erbfolge zusteht. Er ist vom Erben durch Geldzahlung zu erfüllen. Die Höhe berechnet sich aus dem gesamten Nachlass nach Abzug der Verbindlichkeiten, also aus dem Reinnachlass.

Regina K., Halle: Wir haben noch zu DDR-Zeiten ein Berliner Testament aufgesetzt. Wie würde es sich mit dem Pflichtteil verhalten, wenn er nach dem Erstverstorbenen eingefordert würde? Bei dem Nachlass handelt es sich nur um Hausrat.
Antwort: Nach Ihrer Schilderung würde der Nachlass nach dem Tod des Erstverstorbenen ausschließlich aus Hausrat bestehen. In dem Fall kann davon ausgegangen werden, dass der Hausrat einen Zeitwert von Null Euro ausmacht, also auch der Pflichtteil null Euro beträgt.

Bettina H., Naumburg: Wir sind verheiratet und haben vor 20 Jahren ein Berliner Testament aufgesetzt. Allerdings fehlt hier die Schlusserben-Bestimmung. Wir haben je ein Kind aus erster Ehe. Wie hoch wäre der Pflichtteil bei Einforderung nach dem Tod meines Mannes? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er tatsächlich eingefordert wird? Der Nachlass würde etwa 30 000 Euro ausmachen.
Antwort: Im Fall des Todes Ihres Mannes würden Sie und sein Kind je zur Hälfte erben. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbes. Von dem Nachlass von insgesamt 30 000 Euro gehört jedem Ehegatten die Hälfte, mithin 15 000 Euro, hiervon würde der Pflichtteil seines Kindes ein Viertel des Nachlasses ausmachen, also 3 750 Euro. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind Ihres Mannes seinen Pflichtteil einfordert, liegt nahe. Denn würden Sie nach Ihrem Mann versterben, ginge das Kind Ihres Mannes leer aus, da es dann kein gesetzlicher Erbe mehr ist. Gesetzlicher Erbe ist dann nur Ihr leibliches Kind.

Karin P., Wittenberg: Ich habe 1986 ein Haus gekauft und bin alleine im Grundbuch eingetragen. 2009 habe ich geheiratet. Mein Mann hat aus erster Ehe zwei Kinder. Könnten diese Kinder mein Haus erben?
Antwort: Sie sind Alleineigentümerin des Hauses. Im Fall Ihres Todes ist Ihr Mann der Alleinerbe. Seine Kinder haben in dem Moment keinen Anspruch am Haus, da sie keine gesetzlichen Erben sind. Wenn Ihr Mann jedoch nach Ihnen verstirbt, sind seine Kinder die gesetzlichen Erben - und damit fällt ihnen das Haus zu.

Kann mein Enkel einen Pflichtteilsanspruch geltend machen?

Gerd H., Saalekreis: Die Mutter meines Enkels ist geschieden. Sein Vater hat ein Haus. Könnte mein Enkel einen Pflichtteilsanspruch geltend machen?
Antwort: Nach Ihrer Schilderung erfreut sich der Vater Ihres Enkel bester Gesundheit. Erbrechtliche Ansprüche beginnen erst mit dem Tod des Erblassers. Insofern kann Ihr Enkel derzeit keinen Pflichtteil beanspruchen.

Liane S., Burgenlandkreis: Wir sind in zweiter Ehe verheiratet und haben beide aus erster Ehe je zwei Kinder. Wir haben ein Berliner Testament. Hätten die Kinder meines Mannes im Fall seines Ablebens einen Pflichtteilsanspruch? Die Hälfte unseres Hauses - Wert 100 000 Euro - gehört meinem Mann.
Antwort: Gemäß dem Berliner Testament sind die Kinder Ihres Mannes enterbt für den Fall, dass Ihr Mann der Erstverstorbene ist. Seine Kinder können zu dem Zeitpunkt jedoch den Pflichtteil beanspruchen. Der berechnet sich so: Sie als Ehefrau erben nach der gesetzlichen Erbfolge zur Hälfte, die zwei Kinder Ihres Mannes zu je ein Viertel. Da der Pflichtteil immer die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils beträgt, bekommen die Kinder also je ein Achtel. Der Nachlass des Mannes beträgt 50 000 Euro, geteilt durch acht ergibt 6 250 Euro, die jedes Kind als Pflichtteil geltend machen kann.

Peter G., Oranienbaum: Angenommen, wir verschenken unser Haus zu Lebzeiten an unsere Tochter. Weiter angenommen, wir würden zum Pflegefall werden und ins Heim kommen. Stimmt es, dass unserer Tochter bis zu zehn Jahre nach der Schenkung das Haus wieder weggenommen werden könnte?
Antwort: Sie schenken zu Lebzeiten Ihr Haus Ihrer Tochter und kommen vielleicht zwei Jahre später in ein Pflegeheim. Angenommen, Ihre Rente reicht dann nicht aus, um die Kosten des Pflegeheims zu bezahlen, und Sie werden zum Sozialhilfe-Empfänger. In dem Fall hat der Sozialhilfeträger das Recht auf Rückforderung der Schenkung innerhalb von zehn Jahren, um die finanziellen Ansprüche zu bedienen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Ihre Tochter die monatliche Differenz zwischen Ihrer Rente zu den Kosten des Pflegeheimes übernimmt. In dem Fall wäre eine Rücknahme der Schenkung gegenstandslos.

Marta S., Burgenlandkreis: Ich habe 2008 mein Haus an meinen Enkel verschenkt. Wir haben damals vereinbart, dass die Schenkung jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Was müsste ich beachten?
Antwort: Der zwischen Ihnen vereinbarte Rückgabevertrag stellt noch nicht die rechtsverbindliche Rückgabe dar. Sie müssten sich an einen Notar wenden und hier die Schenkung rückgängig machen. Beachten Sie bitte: In dem Fall könnte es sich um eine Schenkung des Enkels an Sie handeln. Als Oma haben Sie bei Schenkungen einen steuerlichen Freibetrag von 20 000 Euro. Den Betrag, der diese 20 000 Euro übersteigt, müssten Sie mit 15 Prozent versteuern. Um das zu umgehen, sollte der Vertrag so gestaltet sein, dass er nicht als Schenkung ausgewiesen wird.

Was muss bei Schlusserben beachtet werden?

Frank H., Aschersleben: Ich bin seit acht Jahren Witwer. In unserem Berliner Testament ist die Stieftochter als Schlusserbin eingesetzt, ich darf das Testament auch nicht mehr ändern. Wenn ich sterbe - steht dann auch meiner Schwester etwas zu?
Antwort: Nein, denn als Schlusserbe ist Ihre Stieftochter eingesetzt worden. Es steht Ihnen aber natürlich frei, Ihrer Schwester zu Lebzeiten etwas zu schenken. Denn was Sie mit Ihrem Vermögen anstellen, entscheiden allein Sie.

Erna D., Harzkreis: Mein Mann und ich wollen ein Berliner Testament machen. Unsere Tochter und unser Sohn sollen Schlusserben werden. Falls unserem Sohn vorher etwas passiert, möchten wir nicht, dass seine Tochter, also unsere Enkelin, an seiner Stelle erbt. Kann man das regeln?
Antwort: Ja, Sie können diesen Wunsch in das Testament aufnehmen. Dafür sollten Sie die Enkelin mit vollem Namen nennen und schreiben, dass sie von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Empfehlenswert in diesem Fall ist es, einen Ersatzerben zu bestimmen und zu nennen. Beachten Sie aber: Der Pflichtteilsanspruch Ihrer Enkelin bleibt bestehen.

Ulf D., Wolfen: Meine Frau und ich lassen uns scheiden. Was passiert mit dem gemeinsamen Testament?
Antwort: Sobald die Scheidung offiziell vollzogen ist, wird das gemeinsame Testament automatisch unwirksam. Eine Ausnahme gilt nur, wenn in dem Testament etwas anderes geregelt wurde.

Paula S., Halle: Ich bin alleinstehend, einzige Verwandte sind nur noch Cousins und Cousinen. Sind diese erbberechtigt, wenn ich sterbe?
Antwort: Grundsätzlich ist Verwandtschaft, unabhängig vom Grade, erbberechtigt. Falls Sie allerdings in Ihrem Testament einen Erben bestimmen, sind Ihre Cousins und Cousinen außen vor. Einen Pflichtteilsanspruch können sie in dem Fall nicht geltend machen, denn der steht nur Ehepartnern, Kindern und Eltern zu. (mz)

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