Familie Familie: Unterwegs mit dem Babyjogger

München/dpa. - Ob gemütliches Jogging, Inline-Skating oderMarathon-Training: Begeisterte Sportlerinnen wollen ihrem Hobby auchdann noch nachgehen, wenn Nachwuchs im Hause ist. Nicht wenigeentscheiden sich, das Kind zum Training in den Wald oder auf dieSkatingpiste einfach mitzunehmen. Babyjogger, wie die sportlichenGefährte nach dem Original aus den USA bezeichnet werden, erfreuensich wachsender Beliebtheit. Doch Experten bezweifeln, ob hier nochder Grundsatz gilt: Wer sein Kind liebt, der schiebt.
«Für die Kinder sind Laufkinderwagen vom Komfort her ausgesprochenschlecht», sagt Professor Ingo Froböse von der DeutschenSporthochschule in Köln. Geschwindigkeitstest mit Dummies hättenergeben, dass die Erschütterungen beim Training mit einem solchenKinderwagen enorm sind. Nicht nur auf unebenen Wegen, auch beimLaufen auf Straßen übertragen sich Schwingungen auf das Kind. «Vorallem Kleinkinder können den Erschütterungen nicht entgehen, sie sindmuskulär noch nicht darauf vorbereitet», warnt Froböse. Sein Fazit:«Es ist eine Belastungssituation für die Kinder, die die Eltern garnicht einschätzen können.»
«Es gibt keinen Laufkinderwagen, in dem die Kinder wirklichbesonders gemütlich sitzen, aber es gibt überhaupt keinenKinderwagen, in dem die gemütlich sitzen», befindet Martin Grüning,Redakteur bei dem in München erscheinenden Lauf-Magazin «Runner'sWorld» und von Mitte der achtziger bis Mitte der neunziger Jahreeiner der besten deutschen Marathonläufer. Laufkinderwagen seien vomKomfort her nicht schlechter als andere Kinderwagen. «Man muss dieKinder daran gewöhnen», sagt der dreifache Vater aus eigenerErfahrung.
Einmal pro Jahr testen Grüning und seine Kollegen die gängigstenModelle von Laufkinderwagen auf dem Markt und geben Tipps für Kaufund Handhabung (Ausgabe 8/2004). Die Sicherheit des Kindes hängt lautGrüning vor allem vom Alter ab: «Sie dürfen Ihr Kind erst dann ineinem Laufkinderwagen mitnehmen, wenn es schon selbst sitzen kann und- noch wichtiger - seinen Kopf schon sehr gut hält.» Das könnenKinder in der Regel mit sechs bis neun Monaten. Wer ein jüngeres Kindmitnehmen will, muss ein Gefährt mit Sitzschale oder -wanne wählen.
Entscheidend für den Komfort des Kindes sind die Sitztiefe und dieSitzbreite: «Eine kleine Sitzfläche beengt das Kind, eine zu breiteFläche kann das Herumrutschen im Wagen begünstigen». Ein stabilesGurtsystem ist ohnehin ein Muss. Wichtig sind auch die richtigeGriffhöhe, gut funktionierende Bremsen, Gewicht und Fahrverhaltensowie die Größe der Räder. «Am besten sind 16 oder 20 Zoll», sagtGrüning.
Neun Laufkinderwagen, darunter drei Zwillingswagen, in derPreisspanne von 279 bis 649 Euro hat das Team von «Runner's World» imaktuellen Test untersucht. Für jedes Modell - vom Babyjogger III überden Chariot Cougar und den Dreamer Design Verve bis hin zum KoolStride Senior und den Joggster II - erstellten die Fachleute einEignungsprofil nach den Kriterien Sicherheit, Komfort, Handling,Laufeigenschaften sowie Einsatzmöglichkeit als Allround-Kinderwagen.Alle bewerteten Geräte seien zu empfehlen, befanden sie.
«Die meisten kaufen sich das nicht zum Laufen, sondern alstrendigen Kinderwagen», sagt Brigitte Kluth-Kosnik von der StiftungWarentest in Berlin. Auch die traditionellen Hersteller vonKinderwagen haben diesen Trend erkannt und bieten sportliche Modellein ihrem Sortiment an. Die aber taugen trotz dicker Profilreifen,viel Bodenfreiheit oder dreirädriger Bauweise im Stile desBabyjoggers wenig zum Joggen oder Skaten, stellte die Zeitschrift«Test» bereits 2001 fest (Heft 3/2001). «An dieser Einschätzung hatsich nichts geändert», so Kluth-Kosnik.
Auch am Klassiker der Laufkinderwagen, dem Babyjogger, übten die«Test»-Experten Kritik: «In dem schmalen, tiefen, ungepolsterten Sitzkauert das Kind wie in einer Hängematte, kann sich kaum bewegen undwird ordentlich durchgerüttelt.»
Wer sich trotz etwaiger Zweifel am Sitzkomfort für den Kauf einesLaufkinderwagens entscheidet, sollte sich darüber im Klaren sein,dass dem Training Grenzen gesetzt sind. «Nicht immer fällt es leicht,das Kind davon zu überzeugen, dass es still sitzen soll, während Siesich bewegen dürfen», geben die Experten von «Runner's World» zubedenken. «Länger als eine Stunde Laufen ist für die wenigsten Kinderspaßig.»