Einsam in der Schule: Weg aus der Außenseiterrolle
Düsseldorf/Fürth/dpa. - Es ist ein doofes Gefühl: Während die Mitschüler in den Pausen Cliquen bilden, steht man selbst nur daneben. Und als Außenseiter bleibt auch im Unterricht der Nachbarstuhl häufig frei.
«Es gibt viele Jugendliche, die plötzlich oder schon seit längerem keine Freunde in der Schule haben», sagt der Schulpsycholge Stefan Drewes aus Düsseldorf. Manchmal sind Machtkämpfe schuld, bei denen auch ehemals gute Freunde ausgeschlossen werden können. «Man muss sich mit der Situation aber nicht einfach abfinden. Es gibt Wege, um wieder Freunde zu finden.»
Zuerst sollte man überlegen, warum man keine Freunde hat, rät Ulrich Gerth, Vorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) in Fürth. «Es kann beispielsweise an einem selber liegen, weil man bislang eher zurückhaltend war oder gar kein Interesse an Anschluss in der Klasse hatte, das nun aber ändern möchte.» Ein Weg sei dann, sich in Gesprächen häufiger einzubringen.
Außerdem spiele das Äußere eine große Rolle. Deswegen sollte man selbstkritisch schauen, ob man ungepflegt erscheint oder finster dreinschaut. «Manchmal bemerkt man ja gar nicht, dass die eigene Körpersprache abwehrend wirkt», sagt Gerth.
Manchmal liegt es aber gar nicht an einem selbst, sondern an einzelnen Mitschülern oder der Klasse, wenn man außen vor bleibt. «Ein Klassenverband kann sich durch neue Schüler oder veränderte Interessen relativ schnell verändern, so dass bisher gut integrierte Jungen und Mädchen plötzlich Außenseiter sind», sagt Drewes. Das sei Teil des Entwicklungsprozesses, in dem sich Schüler immer wieder neu definierten. «Indem man sich gegen andere verbündet, läuft man nicht Gefahr, selber ausgeschlossen zu werden.» Dabei könnten Mädchen besonders perfide sein, da sie nicht immer offen vorgingen, sondern auch hinter dem Rücken Gerüchte in die Welt setzten.
Sich in einer solchen Situation zu verstellen, bringt laut Gerth nichts. Jungs versuchten häufig, besonders cool zu sein, während Mädchen eher sexy sein wollen. «Das geht aber meist daneben, deswegen bleibt man am besten sich selbst treu.» Gut könnte auch sein, ehemalige Freunde direkt anzusprechen. «Dafür wartet man einen günstigen Zeitpunkt ab, damit man ungestört reden kann.»
Wer dabei nicht allein weiterkommt, sollte sich Hilfe holen. «Dafür sollte man sich gut überlegen, wem man in dieser Situation vertraut», rät Friederike Kreutz vom Landesverband bayerischer Schulpsychologen aus Ingolstadt. «Das muss nicht immer ein Lehrer sein, der die Klasse gut kennt.» Stattdessen könnten auch Eltern, Verwandte, ältere Geschwister oder ein Trainer vom Sport helfen.
Stefan Drewes warnt jedoch vor einem zu forschen Vorgehen der Helfer. «Gerade Eltern neigen dazu, sich schnell bei Lehrern oder Eltern der Mitschüler zu beklagen - das ist aber meist alles andere als gut», sagt er. Deswegen sollte das weitere Vorgehen stets besprochen werden.
Wenn das nicht weiterhilft, kann man sich an einen Lehrer, beispielsweise den Vertrauenslehrer oder einen Beratungslehrer, wenden. Der könne das Problem mit dem betroffenen Schüler und innerhalb der Klasse besprechen, sagt Kreuz. Angst vor noch mehr Ärger durch die Mitschüler brauchten die Betroffenen nicht zu haben: «Alle Lehrer unterliegen der sogenannten Amtsverschwiegenheit, und Schulpsychologen haben sogar eine Schweigepflicht wie Ärzte oder Priester.»
Schulpsychologisches Informationsportal: www.schulpsychologie.de
Online-Beratung für Jugendliche: www.bke-jugendberatung.de
«An Schulen gibt es meist gute Möglichkeiten, Freunde auch außerhalb der eigenen Klasse zu suchen», sagt der Diplom-Psychologe Ulrich Gerth. Dazu zählen AGs, klassenübergreifende Projektwochen und einzelne Unterrichtsstunden, die mit Schülern mehrerer Klassen stattfinden. «Dort kann man meist gut auf andere zugehen und neue Kontakte knüpfen.» Manchen Schülern genüge es, nur lose Bekanntschaften in der Schule zu haben, mit denen sie sich gut verstehen. «Das ist wie im späteren Arbeitsleben: Man muss nicht mit allen Kollegen befreundet sein, meist reicht es, wenn man gut miteinander auskommt.»