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Cinerarien Cinerarien: Aschenblumen: Kühle als Lebenselixier

Von Helga Daberkow 08.01.2004, 11:50

Bonn/dpa. - Elegant und leicht wirken die neuen Aschenblumen oder Cinerarien, die die Gärtner meist als Senecio cruentus bezeichnen. Der Blütentuff über üppiger Blattrosette, der immer ein wenig an Biedermeiersträuße erinnert, hat eine Verjüngungskur gemacht. Aber nicht nur das: Neue Impulse gibt es auch für die Verwendung der Blumen als vorfrühlingshafter Schmuck vor der Haustür. Daneben rücken auch ungewohnte Vertreter der Tausende von Arten umfassenden Gattung ins Blickfeld.

Kühle, Wind und Feuchtigkeit sind das Lebenselixier der Aschenblumen - und das, obwohl Pericallis cruentus, wie sie heute botanisch korrekt heißt, von den Kanarischen Inseln stammt. Aber neben der Gluthitze gibt es dort eben auch die schattigen Felsspalten in den Bergen und die grünen Nordhänge. Wer in den Wintermonaten durch eine der Inseln wandert, kann die Pflanzen dort entdecken. Fegt dann der Wind über die Höhen und jagen sich die Regenwolken bei Temperaturen weit unter zehn Grad, wird klar, wie robust die Cinerarien sein müssen.

Viele Jahre galt das eher als Minuspunkt. Denn Senecio cruentus-Hybriden, wie sie früher hießen, sollte ja als Zimmerpflanze dienen. In den sparsam beheizten Zimmern unserer Vorfahren war das kein Problem. Aber je mehr sich gleichmäßige Wärme in den Wohnungen breit machte, desto mehr Schwierigkeiten bekam die Aschenblume. «Läuseblume» hieß sie bald im Volksmund, denn je unwohler sie sich fühlte, desto rascher stellten sich die unliebsamen Bewohner ein.

Erst jetzt ändert sich die Sichtweise. Denn eigentlich war die vermeintliche Schwäche ja eine Stärke. Wenn Alpenveilchen als robuster Herbstschmuck eine neue Karriere beginnen konnten, warum sollte das nicht auch mit den Cinerarien möglich sein? Gezielte Kreuzung brachte ihnen nicht nur viel von der Leichtigkeit der wilden Arten zurück. Auch eine größtmögliche Kühleverträglichkeit wurde angestrebt.

Als Ergebnis kommen die unter dem Namen 'Senetti' angebotenen Sorten sogar mit Temperaturen bis an den Gefrierpunkt zurecht. Das macht sie zur ungewohnten Topf- und Kübelpflanzen für die vorfrühlingshafte Terrasse oder den Balkon. Wie ein sommerlicher Gruß wirken dort die margeritenartigen Blüten in leuchtendem Purpur, intensivem Violettblau, sanftem Lila oder zweifarbig in Azurblau mit Weiß oder Purpur mit Weiß. Wird es richtig kalt, holt der Besitzer sie vorübergehend nach drinnen.

Angesichts der knalligen Farben ist nur schwer zu glauben, dass die 'Senetti' eng mit dem beliebten Silberblatt (Senecio maritima, früher Cineraria maritima) verwandt sind. Letzteres mischt sich als Strukturpflanze in herbstliche Beete. Das Silbergrau der stark geschlitzten und gebuchteten Blätter bildet schöne Kontraste mit den Farben von Eriken und Chrysanthemen. Dass die 'Senetti' auch knallig gelbe Blütendolden entwickeln kann, geht dabei meist unter.

Ähnlich ergeht es dem wieder entdeckten Sommerefeu, Senecio mikanioides, den die Botaniker heute Delairea odorata nennen. Er gefällt durch lang herabhängende oder emporrankende Triebe mit efeuartigen und dunkelgrün glänzenden Blättern. Im sonnigen Süden kommen im Herbst noch prächtige, goldgelbe Blütendolden hinzu. Bei uns reicht die Wärme dafür meist nicht aus. Dafür liefert der Sommerefeu eine grüne Kulisse für die sommerliche Terrasse.

Senecio confusus dagegen setzt voll auf Sommerblüten - und das in knalligen, warmen Tönen. Rot sind sie bei der Sorte 'Rubel', 'Dollar' öffnet seine Blütensterne zu knalligem Orange. Bei uns ist der kräftige Kletterer noch kaum bekannt. Gesund und widerstandsfähig gewinnt er rasch Höhe, eine Kletterhilfe und viel Licht und Sonne vorausgesetzt. Die Blätter sind etwas dickfleischig, als Anpassung an das Klima in seiner mexikanischen Heimat.

Auf Grund ihrer skurrilen Form landen Senecio herreianus, Senecio rowleyanus und Senecio serpens oft in Töpfen auf der Fensterbank. Sie alle besitzen dickfleischige Blätter zum Schutz vor Trockenheit. Besonders reizvoll wirken die kreisrunden Blätter bei Senecio rowleyanus. Wie Perlen an der Schnur sitzen sie an den lang herunter hängenden Trieben. Sehr ähnlich im Charakter gibt sich Senecio herreyanus. Die Blättchen sind nur ein wenig länger und laufen spitz zu. Senecio serpens dagegen wächst strauchig aufrecht mit dicken, zylindrischen Trieben und Blättern, als kleines Abbild der mächtigen Senecio, die den heißen Süden der Kanaren prägen.

Verwandtschaft der Aschenblume gibt es aber nicht nur in den Tropen. Sogar in unseren Wäldern ist die Sippe heimisch: Unter dem Namen Greiskraut lassen die heimischen Vertreter wie Senecio sylvaticus, Senecios erucifolia oder Senecio jacobaea es im Spätsommer im Wald und am Wegrand gelb leuchten. Den Weg in die Gärten haben sie allerdings noch nicht gefunden.