Buch gibt Tipps Buch gibt Tipps: Weniger arbeiten - Besser leben mit einer 4-Stunden-Woche

Es gibt Zeiten, da schleppt man sich nur von einer Arbeitswoche zur nächsten. Kaum hat das Wochenende begonnen, scheint es auch schon wieder vorbei zu sein – oft „vergeudet“ mit dringend notwendigen Haushaltspflichten, Reparaturen und ähnlichem.
Fest steht, dass der Großteil der Arbeitnehmer gern weniger arbeiten würde. Im Schnitt wünschen sie sich fünf Stunden pro Woche weniger Arbeitspensum, zeigt die Studie „Kompass Neue Arbeitswelt“, für die das Karriere-Netzwerk Xing und das Meinungsforschungsinstitut Statista 4000 Berufstätige befragen ließen.
Warum rackern wir eigentlich so viel, auch wenn wir es gar nicht wollen? Müssen wir ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir uns nach Nichtstun sehnen? „Weniger sinnlose Arbeiten zu verrichten, um sich auf die Dinge zu konzentrieren, die von größerer persönlicher Wichtigkeit sind, ist NICHT mit Faulheit gleichzusetzen. Für viele Menschen ist das schwer zu akzeptieren, weil es in unserer Kultur üblich ist, persönliche Opfer höher zu bewerten als persönliche Produktivität“, findet Timothy Ferriss.
In seinem Buch „Die 4-Stunden-Woche. Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben“ (Ullstein) berichtet der selbstständige US-Unternehmer von seinem einstigen traurigen Dasein als Workaholic – und erzählt, wie es irgendwann bei ihm „Klick“ machte.
Seitdem praktiziert er „Management by Absence“ (MBA), das bedeutet: Er macht sich im Job lieber rar, statt unwichtigen Beschäftigungen nachzugehen. Und genau dazu will Ferriss auch andere Menschen ermutigen: „Verlangsamen bedeutet nicht unbedingt, weniger zu erreichen. Es heißt vielmehr, dass Sie kontraproduktive Ablenkungen, Stress und Hetze hinter sich lassen.“ Am Ende dieses Prozesses steht dann eine „4-Stunden-Woche“. Klingt fast zu schön, um wahr zu sein.
Der locker-flockig getextete Ratgeber enthält viele persönliche Anekdoten und zahlreiche Tipps für Arbeitnehmer und Selbstständige: vom simplen E-Mail-Management über besseres Delegieren bis hin zum Outsourcing von Arbeit nach Indien oder China. Dabei steht die Suche nach den eigentlichen Lebenszielen im Vordergrund – und die Selbst-Entlastung durch bessere Organisation. Ein Auszug aus Ferriss' Erfolgsrezept:
Warum eine 60-Stunden-Woche nichts bringt
Tatsächlich zeigt eine Studie der Stanford University, dass eine 60-Stunden-Woche nicht unbedingt produktiver macht: Demnach sinkt die Produktivität pro Stunde deutlich, wenn die Wochenarbeitszeit über 50 Stunden liegt. Ab 55 Stunden fällt die Produktivität so stark, dass es keinen Sinn ergibt, noch mehr zu arbeiten. Das bedeutet: Berufstätige, die bis zu 70 Stunden (oder mehr) pro Woche arbeiten, erzielen das gleiche Ergebnis wie Arbeitnehmer, die 55 Stunden Arbeit leisten.
Stattdessen plädiert Ferriss dafür, nur die Arbeit zu machen, für die man sich begeistert. Neu gewonnene Freizeit lässt sich mit eigenen Interessen und Hobbys füllen, so hat der Autor nach eigener Aussage in Berlin Deutsch gelernt, als Statist in chinesischen Soaps mitgespielt und in Argentinien Tango geübt – bis zum Guinness-Buch-Eintrag.
Auf der nächsten Seite nennen wir zehn Dinge, die erfolgreiche Menschen tun, um im Gleichgewicht zu bleiben:
Erfolgreiche Menschen wissen um die positive Wirkung eines ruhigen Wochenendes mit erholsamen Aktivitäten – nur so können sie entspannt in die neue Arbeitswoche starten. Erholung am Samstag und Sonntag ist umso wichtiger, weil nicht alle Berufstätigen vom heute auf morgen einen Tag weniger arbeiten oder eine Firma in nur vier Wochenstunden führen können, wie es Timothy Ferriss vormacht. Was beruflich Erfolgreiche tun:
1. Sie trennen
Arbeit und Freizeit zu trennen ist das Wichtigste! Ausklinken lautet das Zauberwort, und das betrifft auch berufliche E-Mails oder andere Messages via Smartphone. Lässt sich eine Korrespondenz mit dem Chef oder Kunden gar nicht vermeiden, versuchen Sie wenigstens, diese zeitlich einzugrenzen. Lesen Sie Job-Mails, wenn die Kinder gerade auf dem Spielplatz sind – oder etwa am Sonntag nach dem Mittagessen. Kurze Blöcke sorgen dafür, dass Sie die übrige Zeit den Kopf frei haben.
2. Sie minimieren Hausarbeiten
Häusliche Pflichten werden oft am Samstag und Sonntag erledigt – so bleibt wenig Gelegenheit, zu entspannen und zu reflektieren. Besser ist, einen festen Zeitplan fürs Putzen, Waschen oder Reparieren festzulegen. Was man während der vorgegebenen Zeit nicht schafft, wird verschoben und am folgenden Wochenende erledigt. Ferriss rät, sich eine Haushaltshilfe zu nehmen – allerdings kann und will sich das nicht jeder leisten.
3. Sie reflektieren
Reflexion ist der Schlüssel zu Verbesserungen im Leben. Ohne Ablenkung kann man die Dinge in einem ganz neuen Licht betrachten – und neue Erkenntnisse, ob beruflich oder privat, gleich in der nächsten Woche anwenden. Aber Reflexion geht noch weiter: „Erinnern Sie sich an einen Moment, in dem Sie sich zu 100 Prozent lebendig fühlten – im Flow, wie die Psychologen sagen? Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Sie in diesem Moment auf etwas außerhalb Ihres Selbst fokussiert waren, auf jemand anderen oder etwas anderes“, schreibt Ferriss. Wenn uns dieser Fokus auf etwas Externes fehle, wenden sich unsere Gedanken unserem Inneren zu.
„Meist schaffen unsere Gedanken dann Probleme, die gelöst werden müssen, selbst wenn sie nur vage definiert oder unwichtig sind. Wenn Sie hingegen ein ambitioniertes Ziel finden, das scheinbar unmöglich zu erreichen ist und das Sie zum Wachsen zwingt, verschwinden diese Zweifel.“
4. Sie machen Sport
Keine Zeit, während der Woche zu trainieren? Sie haben im Prinzip jedes Wochenende 48 Stunden Zeit dafür! Schon zehn Minuten Bewegung reduzieren Stresshormone im Blut – und beim Joggen, Radeln oder Schwimmen kommen einem nicht selten gute Ideen.
5. Sie haben eine Leidenschaft
Musik hören oder selbst machen, Lesen, Schreiben oder Malen – solchen Leidenschaften zu frönen, ist ein guter Weg, um Stress zu entfliehen und den Verstand für neue Denkweisen zu öffnen.
Weitere Tipps gibt es auf der nächsten Seite.
6. Sie verbringen viel Zeit mit der Familie
Zeit mit Ihrer Familie ist wichtig, wenn Sie Kraft tanken und entspannen wollen. Nehmen Sie Ihre Kinder mit in den Park, führen Sie Ihren Partner ins Lieblingsrestaurant aus, besuchen Sie Ihre Eltern.
7. Sie planen kleine Abenteuer
Kaufen Sie Tickets für ein Rock-Konzert, reservieren Sie eine Nacht im neu eröffneten Hotel in der Innenstadt, planen Sie eine Wanderung, statt sich nur aufs Laufband zu stellen. Tun Sie etwas, was Sie noch nie getan haben – oder etwas, das Sie seit langem nicht getan haben. Die Vorfreude wird Ihre Stimmung während der Woche deutlich verbessern, und das gute Gefühl hält auch nach dem Mini-Abenteuer noch an.
8. Sie behalten ihren Rhythmus bei
Lange schlafen, spät ins Bett: Genau das sollte man am Wochenende nicht tun, sondern möglichst den Alltagsrhythmus beibehalten. Unregelmäßiger Schlaf wirkt sich störend auf Ihren Tag aus, und es macht auch Sie am Montag weniger produktiv. Wenn Sie Schlaf nachholen müssen, gehen Sie besser etwas früher ins Bett.
9. Sie nutzen die Zeit am Morgen
An den Wochenenden bleibt vor allem Eltern oft wenig Zeit für sich selbst. Wer es schafft, früher aufzustehen, kann wenigstens die Morgenstunden nutzen. Geistige Höchstleistung erreicht man etwa zwei bis vier Stunden nach dem Aufwachen – es lohnt sich also, dieses Potenzial auszuschöpfen.
10. Sie planen die kommende Woche
Arzttermine, Besuche bei Freunden oder wichtige Deadlines für Projekte: Wer sich am Samstag oder Sonntag nur 30 Minuten hinsetzt, um die kommende Woche zu planen und Prioritäten zu setzen, erspart sich oft viel Stress.
Fazit: Auch wenn das Buch viele Anstöße zu Veränderungen gibt, bleibt Downshifting immer noch eine Geldfrage, vor allem für Familien: Weniger als 40 Prozent der Vollzeitarbeitnehmer im typischen Familienalter können von ihrem Gehalt alleine eine Familie ernähren, ergab der „Kompass Neue Arbeitswelt“. Wenn beide Elternteile so viel wie möglich arbeiten müssen, ist eine Stundenreduzierung schwierig.
Und genau das ist auch der Haken an Ferriss' Ratgeber: Er ist aus der Perspektive eines talentierten US-Unternehmers mit Elite-Uniabschluss und besten Kontakten verfasst. Auch wenn sie einige Anregungen bekommen, werden durchschnittliche deutsche Angestellte seine Strategie kaum eins-zu-eins umsetzen können.
Das gilt nicht nur für das in Deutschland noch wenig verbreitete Home Office, sondern auch für das ethisch fragwürdige Outsourcing von Dienstleistungen ins Ausland, um das Lohngefälle auszunutzen. (gs)


