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Bergenie - Das Aschenputtel aus dem Vorgarten

Von Helga Panten 20.03.2008, 08:18

Bonn/dpa. - Bei Bergenien denken viele Menschen an eine Art grünen Salat, der in rauen Mengen in Vorgärten wächst und nie blüht. Dieses Vorurteil stimmt - und es stimmt auch wieder nicht.

Auf der einen Seite gibt es die einfachen Bergenien-Sämlinge, die unverwüstliche, grüne Blattmasse produzieren, die selten und dann auch nur in unangenehmem Blaurosa blühen. Aber es gibt auch Sorten, die haben es in sich: Zauberhafte Blüten im Frühjahr, sauberer Wuchs und Blätter, die mit unglaublicher Winterfärbung prunken.

Ein bisschen erinnern Bergenien an das Märchen vom Aschenputtel. Verkannt wachsen sie an Straßenrändern, in kaum gepflegten Vorgärten und ungeliebten Gartenecken. Sie ertragen Hitze und Trockenheit, Streusalz und Mangelernährung, werden trotzdem Jahrzehnte alt und verwehren zuverlässig jedes Aufkommen von Unkraut. Gedankt wird ihnen das kaum, und geliebt werden sie erst recht nicht.

Nur ein paar unermüdliche Züchter ahnten, dass unter dem schäbigen Gewand eine hübsche Prinzessin steckt. Sie haben Bergenien über Jahrzehnte hinweg gekreuzt, geprüft und ausgelesen. Nun macht sich langsam auch unter den Gartenbesitzern die Erkenntnis breit, dass es sich lohnt, Bergenien zu pflanzen.

Die Sorte 'Biedermeier' zum Beispiel hüllt sich im Frühjahr in einen Traum aus großen, offenen Blüten in Weiß mit rosa Adern. Kräftiges Pink macht 'David' zu einem Hingucker. Auf 40 Zentimeter hohen Stielen recken sie sich dem Betrachter entgegen. 'Abendglut' wartet mit dunkelroten halbgefüllten Blüten auf, die über rot angehauchten Blättern stehen.

Sie alle tragen ihre Blüten in schirmförmigen Trugdolden auf fleischigen Stängeln. Wer genau hinsieht, fühlt sich ein wenig an die Blütenstände von Steinbrech erinnert. Tatsächlich gehören sie auch zu den Steinbrechgewächsen, was ihnen den Namen Riesensteinbrech eingetragen hat.

Die großen, ledrigen Blätter sind ein deutliches Zeichen für ihre Anpassung an raue Lebensbedingungen. Aus Sibirien, der Mongolei, aus Nepal und Tibet stammen die Vorfahren der hiesigen Garten-Sorten: Bergenia cordifolia, Bergenia crassifolia und Bergenia purpurascens.

Die meisten Bergenien blühen im April und Mai, ganz Vorwitzige wie 'Silberlicht', 'Bressingham White' und 'Biedermeier' bereits im März. Sie brauchen einen vor Spätfrost geschützten Platz, damit die Blütenpracht nicht leidet. Gänzlich aus der Reihe tanzt 'Herbstblüte', die ihrem Namen alle Ehre macht und nach der Frühjahrsblüte noch ein zweites Mal blüht. Von Juni bis in den Herbst hinein erscheinen ihre rosa Blütenstände. Lässt ihr Flor nach, setzen sich 'Blickfang' und 'Abendglut' mit rötlicher und bronzebrauner Herbstfärbung in Szene.

Mit 40 bis 50 Zentimeter, bei der Sorte 'Oeschberg' sogar 60 Zentimeter hohen Blütenständen über den großen, festen Blättern sind Bergenien stattliche Erscheinungen. Allzu zarte Nachbarn gehen neben ihnen optisch unter. Sie brauchen kraftvolle Partner wie blaue Brunnera, dicke Aubrieta-Polster, Iris-Horste oder das Grüngelb der Frühlingseuphorbien.