Schrauben oder schrauben lassen? Schrauben oder schrauben lassen?: Die besten Tipps zur Oldtimer-Restaurierung

HALLE (SAALE)/MZ/DPA/DMN. - Immer mehr Autofahrer erliegen dem Charme eines Young- oder Oldtimersund schaffen sich einen Klassiker an. Doch solche Fahrzeuge sind teuer,und nach Angaben der Historic Automobile Group International ziehen dieKurse fürs Garagengold kräftig an. Wer aufs Geldschauen muss oder eine Rarität fahren will, muss daher oft miteinem stark reparaturbedürftigen Exemplar vorliebnehmen. Fansnennen so ein Auto „Projekt“ und brauchen manchmalJahre, bis sie es wieder flott haben. Für Autoliebhaber, denendafür die Zeit oder Muße fehlt, bieten nun immermehr Autobauer einen Restaurierungsservice für hauseigeneKlassiker an.
Lohntsich der Restaurierungsservice oder sollte man besser selbst Handanlegen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum ThemaOldtimer-Restaurierung:
Lohnt dieAlternative zum Selberschrauben?
„Für besondere PS-Pretiosen ist dassicher keine schlechte Sache“, sagt Fritz Schmidt jr. ausRüsselsheim mit Blick auf Werterhalt und Wertzuwachs einesFahrzeugs. Er ist selbst Sammler, Szenekenner und Autor vonBildbänden über Oldtimer. Den Profi-Service bewertetSchmidt ansonsten aber kritisch: „Das Schraubengehört zum Hobby genau wie das Fahren dazu. Außerdemspart man durch die Eigenleistung jede Menge Geld.“
Hersteller bittenkräftig zur Kasse
Die Hersteller bitten für ihre Oldtimerpflegenämlich kräftig zur Kasse. Genaue Preise nenntkeiner. Hinter vorgehaltener Hand ist von sechsstelligenBeträgen die Rede: „Da kommen schnell mal 200.000oder 300.000 Euro zusammen“, sagt einer aus der Werkstatteines süddeutschen Unternehmens. Dafür lassen sichdie Klassik-Abteilungen aber auch viel Zeit und gehengründlich zu Werke. „Im Mittel dauert eineRestaurierung anderthalb Jahre“, erklärtPorsche-Sprecher Hermann-Josef Stappen und berichtet vondurchschnittlich 1000 bis 1500 Arbeitsstunden pro Auto. Damit dieKunden später keinen Schreck bekommen, gibt es fürdie etwa 20 Komplettrestaurierungen im Jahr vorab eine Detailanalyseund einen Kostenvoranschlag, sagt Stappen.
DetektivischesGespür ist gefragt
Fürs Aufarbeiten benötigen dieMechaniker neben handwerklichem Geschick auch detektivischesGespür, berichtet Birgit Pillkahn, Pressesprecherin beiDaimler. Die Restaurierung des Mercedes Grand-Prix-Autos von 1908 habeunter anderem deshalb volle acht Jahre gedauert, weil die Experten vordem ersten Handgriff monatelang im Werksarchiv und derzeitgenössischen Literatur stöbern mussten. Doch dieMühe habe sich gelohnt: „Als der Wagen zum 100.Geburtstag in Dieppe wieder auf seine alte Rennstrecke ging, sah er auswie neu.“
Welche Hersteller bietenRestaurierungen an?
Weil solche Restaurierungen extrem aufwendig und teuersind, engagieren sich in diesem Bereich vor allem Autobauer mit langerTradition und teuren Klassikern. In Deutschland sind deshalb nurPorsche, Mercedes und BMW so aktiv. Audi etwa gibt seine eigenenFahrzeuge zu externen Spezialisten, weil die Bayern im Werkdafür keine Kapazitäten haben, sagt PressesprecherPeter Kober.
Es gibt immer mehrOldtimer-Werkstätten
Allerdings reagieren immer mehr Marken auf denOldtimer-Boom: So verweist Eberhard Kittler, der die Classic-Sparte vonVolkswagen in Wolfsburg leitet, auf rund ein DutzendSpezialwerkstätten in Deutschland: „Dort werdenOldtimer nach Werkstandards gewartet, repariert und im Einzelfall auchrestauriert.“ VW-Nutzfahrzeuge hat vor kurzem eine eigene„Bulli-Werkstatt“ in Hannover eröffnet. InZeiten, in denen ein gut erhaltener Samba-Bus bereits mehr als 100 000Euro wert ist, rechnen die Niedersachsen mit Kunden, die ihrenTransporter aus der Wirtschaftswunderzeit perfekt restaurieren lassenwollen. Dafür haben sie 13 Mitarbeiter abgestellt.
Welche Fahrzeuge sindfür Profi-Restaurierung geeignet?
Szene-Kenner Schmidt hält nur die wenigstenAutoklassiker für die Restaurierung durch den Herstellergeeignet: „Das macht man nur mit Autos, die einen hohen Wertund einen noch höheren Wertzuwachs haben. Oder an denen manbesonders hängt, weil schon der Vater oder der Opa am Steuergesessen haben.“ Ansonsten seien solche Restaurationen oftunwirtschaftlich, mahnt Schmidt: „Nicht umsonst werden siefür Brot- und Buttermarken wie Opel oder Ford gar nichtangeboten.“
Er verweist stattdessen auf Werkstätten, die sich auf einzelneModelle spezialisiert haben. „Die machen das oft schon seitZeiten, in denen die Hersteller mit ihren Oldtimern noch gar nichts zutun haben wollten, und kennen sich deshalb oftmals sogar besseraus“, sagt der Experte.
Wann lohnt sich dieEigeninitiative?
Noch besser ist in seinen Augen die Eigeninitiative:„Mit entsprechender Fachliteratur, dem Rat von Markenclubsund Sammlerkollegen und einem gut sortieren Werkzeugkoffer kommt manweiter, als man denkt“, sagt Schmidt. Es seiaußerdem nicht nur günstiger und man lerne sein Autobesser kennen, sondern jede Fahrt sei dann ein besonderesErfolgserlebnis. Und am Ende habe man allen Grund, stolz zu sein. Dasalles verbinde Fahrer und Fahrzeug ungemein.
Finger von elementarenTeilen lassen
Die Euphorie für die Eigenleistung ist zwarschön und gut, sagt Stefan Ehl, der bei derSachverständigenorganisation KÜS alsPrüfingenieur arbeitet. Doch der Experte warnt vorSelbstüberschätzung: „Kosmetische Retuschensind sicher kein Problem. Aber wenn es um elementare Arbeiten geht,sollte man als Laie die Finger davon lassen oder zumindest einen Profium Rat fragen.“ Denn unsachgemäßeReparaturen und Instandsetzungen bergen hohe Sicherheitsrisiken.„Und wer das falsche Teil einbaut, riskiertwomöglich seine Oldtimer-Zulassung.“
Gibt es auch einenKompromiss?
Die Frage ist also: Schrauben oder schrauben lassen? Alserster Hersteller hat Porsche einen Kompromiss gefunden: In derWerkstatt im Souterrain des neuen Museums in Zuffenhausen bieten dieSchwaben neuerdings Restaurierungs-Workshops an. Für Preise ab110 Euro stehen die Meister der Klassikwerkstatt angehendenHobbyschraubern mit Rat und Tat zur Seite.