Nervig oder praktisch Nervig oder praktisch: Wie sinnvoll sind Kreisverkehre wirklich?

Wer im Ausland unterwegs ist, kommt nicht an ihnen vorbei. Vor allem in England und Frankreich, aber auch in Holland und Spanien trifft man auf sie – Kreisverkehre. Viele Autofahrer schwören auf sie, weil sie ihnen rote Ampelphasen ersparen. Andere fluchen, weil sich sich einfach unwohl in ihnen fühlen und nicht recht wissen, wie sie sich verhalten sollen.
Inzwischen erleben Kreisverkehre auch in Deutschland eine Renaissance, besonders innerorts als Minikreisverkehre mit einem Durchmesser zwischen 13 und 22 Metern. Sie sind dazu gedacht, an geeigneten Plätzen bestehende Vorfahrtsregelungen oder Ampeln zu ersetzen. Ihr Vorteil: Sie erfordern vergleichsweise geringe Investitionen.
Mini-Kreisverkehre sind sicher
Jetzt ließ die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in Bergisch Gladbach von der TU Dresden Einsatzbereiche und -grenzen sowie Anforderungen an die Gestaltung von Minikreisverkehren unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit, des Verkehrsablaufs und der Lärmemissionen erarbeiten.
Fazit: Minikreisverkehre sind sicher. Der geringe Platzbedarf und die niedrigen Kosten gelten als weitere Vorteile. Die aktuelle Studie der BASt zeigt allerdings auch Verbesserungspotenzial. So können die ungünstige Gestaltung von Kreisinseln sowie die uneinheitliche Anlage von Fahrbahnteilern dazu beitragen, dass Autofahrer die Vorfahrtregelung nicht beachten und bevorrechtigte Fahrzeuge auf der Kreisfahrbahn übersehen.
Regen und Nässe führen zu Unfällen
Schlechte Erkennbarkeit kann bei Regen und Nässe zu einer Häufung von Unfällen mit motorisierten und nicht-motorisierten Zweiradfahrern führen, die von Autofahrern übersehen oder zu spät wahrgenommen werden. Bislang wurde auch der kapazitätsmindernde Einfluss bevorrechtigter Fußgängerströme unterschätzt.
Verkehrsforscher Professor Dr. Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Phänomen Kreisverkehr. Er erklärt den Sinn und Unsinn von Kreisverkehren.
Wo machen Kreisverkehre keinen Sinn?
Michael Schreckenberg: „Ein Kreisverkehr ist keinesfalls die ideale Alternative zu einer Kreuzung mit Lichtsignal-Anlagen. Es gibt zwei entscheidende Nachteile von Kreisverkehren. Erstens, wenn sie eine dominante Richtung haben, also eine dicht befahrene Straße, die geradeaus durch den Kreisverkehr führt. Dann hat der Querverkehr so gut wie keine Chance in den Kreisverkehr zu kommen. Vor allem morgens und abends gibt es oft einen konstanten Strom, der es dem Querverkehr fast unmöglich macht. Zweitens, Kreisverkehre sind vor allem bei hohem Rad-Verkehr und vielen Fußgängern gefährlich. Wenn Autofahrer abbiegen, müssen sie nicht nur zur Seite, sondern eigentlich nach hinten gucken, denn von da könnte ein Radfahrer kommen. Zudem fahren Radfahrer oft gegen die Fahrtrichtung.“
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wo Kreisverkehre wirklich Sinn machen.
Wo machen Kreisverkehre Sinn?
Michael Schreckenberg: „Generell bei Kreuzungen mit Begegnungsverkehr von Fahrzeugen. Sie müssen nicht stehen bleiben bei leichtem Verkehr. Zudem ist es sicherer. Sie fahren wesentlich langsamer in einen Kreisverkehr, wenn es dann kracht, gibt es meist nur Blechschäden.“
Ist die Kombination aus Ampel und Kreisverkehr sinnvoll?
Michael Schreckenberg: „Bei besonders großen Kreisverkehren wie etwa in Bonn, oder auch in Köln sind Ampeln durchaus sinnvoll. Generell macht es bei mehrspurigen Kreisverkehren Sinn. Wir Deutschen haben einfach auch zu wenig Erfahrung, da will man uns einen Kreisverkehr wie am Arc de Triomphe ohne Ampeln nicht zumuten.“
Warum haben andere Länder deutlich mehr Kreisverkehre?
Michael Schreckenberg: „Bei uns gibt es einfach nicht diese Tradition. Wir Deutschen war immer etwas technikverliebter. Und natürlich haben hier einige Firmen auch viel Geld mit den Ampelanlagen verdient – vor allem mit der Wartung der Anlagen. Es gibt nur wenige Ampelhersteller, die sich den Markt aufteilen. In Frankreich oder England gab es schon immer viele Kreisverkehre.“
Was kostet ein Kreisverkehr?
Michael Schreckenberg: „Die Wartung einer Ampel kostet im Jahr rund 7000 Euro. Da überlegen manche Kommunen, ob sie sich für rund 200.000 Euro einen Kreisverkehr anschaffen. Das Problem ist, dass nicht beliebig Platz zur Verfügung steht, aber auch Lkw und Busse müssen irgendwie da durch passen.“ (mit Material von Ampnet)
Für alle Verfechter der Ampel, hier gibt es eine Übersicht der weltweiten Ampelmännchen.
