MZ-Test: BMW R 1150 R MZ-Test: BMW R 1150 R: Neue Runde für alten Boxer
Halle/MZ. - Der gute alte Boxermotor, der die Motorräder aus dem Hause BMW seit Jahrzehnten antreibt, scheint eine magische Anziehungskraft auf Motorradkäufer auszuüben. Kaum dass das große Enduro letztes Jahr das am meisten verkaufte Motorrad in Deutschland war, läuft das Geschäft mit dem neuen, dem Roadster, der R 1150 R, wie geschmiert.
Angetrieben wird die R 1150 R von demselben Motor, der im Erfolgsmodell 1150 GS läuft. Der zieht aus 1 130 Kubikzentimetern Hubraum 85 PS und sorgt für 98 Newtonmeter Drehmoment und gibt traditionell seine Kraft über eine Kardanwelle weiter. Mit diesem Motor ist das Schwergewicht überaus souverän unterwegs. Denn immerhin sind knapp fünf Zentner plus Passagiere mit dem Dickschiff zu bewegen. Das aber kommt durch den Verzicht auf jegliche Verkleidung zumindest von der Seite sehr grazil daher. Sitzt man drauf, staunt man dann doch: extrem breit ist die Tankpartie aufgebläht, links und rechts endet der Tank in gewaltig aufgeblähten Nüstern, darunter ragt der Boxer massig hervor.
Dennoch, irgendwie passt die Maschine sofort: Sitzposition optimal, die Oberschenkel haben den Tank perfekt im Griff, die Lenkerbreite gibt Sicherheit. Aber das Riesengewicht bleibt und sorgt für Respekt bei den ersten langsamen Kurven - ist die Fuhre aber erst mal in Fahrt, und das kann katapultartig geschehen, wenn es sein muss -, dann ist man verwundert, wie leicht sich fünf Zentner bewegen lassen. In voller Fahrt ist man dann auch froh, Bremsen zu haben, für die es scheinbar kaum Grenzen gibt: Nutzt man das, was sie können, dann ist es, als werfe man einen Anker aus: Mit den ABS-Bremsen scheinen sich die Reifen förmlich in den Asphalt zu krallen, das gibt ein gutes Sicherheitsgefühl. Das schwere Geschoss bleibt auch in heiklen Lagen sicher in der Spur und macht traumhaft kurze Bremswege möglich. ABS kostet hier gut 2 000 Mark Aufpreis, auf die man nicht verzichten sollte, vor allem, wenn man bei jedem Wetter unterwegs sein möchte.
In Kurven aller Art hat das schwere Teil keine Mühe mit der Spurtreue, wechselt der Fahrbahnbelag, merkt man das allenfalls an den Abrollgeräuschen. Lange schnelle Kurven liegen dem Motorrad besser als scharfe langsame. Hilfreich die speziellen Einstellschrauben, mit denen sich Vorderrad- und Hinterradfederung je nach Belastung und Fahrweise individuell anpassen lassen.
Der Motor des Roadsters könnte es wohl mit den meisten Sportmaschinen aufnehmen. Der Vortrieb ist grandios, wenn man den Umdrehungszeiger bis ans Ende der Uhr drehen lässt. Nur bei 200 km/h ist Schluss, aber Spaß macht solche Geschwindigkeit auf einem Naked Bike trotz des Fahrwerks, das stoische Ruhe ausstrahlt, nicht. Große Touren kann man gut mit einem 140er Schnitt und im großen Gang bei 5 000 Umdrehungen absolvieren, aber auch dann sei das Windschild (300 Mark Aufpreis) dringend empfohlen.
Der Spritverbrauch ist nicht eben niedrig: mit 6,7 Litern wie im MZ-Test muss man rechnen, rasch ist man aber auch deutlich über sieben Litern, nutzt man aus, was die Maschine in puncto Beschleunigung kann. Mit dem 20,5-Liter-Tank kommt man aber locker über 350 km. Ärgerlich: Die Tankanzeige leuchtet viel zu früh auf.
Im Leerlauf, und nur dann, ist das typische Boxerblubbern zu hören, spielt man am Gasgriff, erfassen einen die typischen Vibrationen und man merkt, wie der Motor dabei das Motorrad von links nach rechts sanft schwingen lässt, hohe Drehzahlen sorgen für einen rauen Klang.
Die Gänge rasten sehr kräftig und sehr hörbar ein. Schaltet man am Ende des Drehzahlbandes in den nächst höheren Gang, geht ein sehr deutlicher Ruck durch die Maschine. Beim nächsten Mal nimmt man sich dann vor, doch einige hundert Umdrehungen eher zu schalten, dann ist der Übergang weniger brachial. Unklar ist, warum der erste Gang sich so hakelig schaltet, dabei geht es dann weiter tadellos durch die Gänge. Optional gibt es übrigens einen 6. Gang, zum Spritsparen auf langen Touren.