1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Auto
  6. >
  7. Eine runde Sache: Eine runde Sache: Runderneuerte Reifen sind meist besser als ihr Ruf

Eine runde Sache Eine runde Sache: Runderneuerte Reifen sind meist besser als ihr Ruf

Von Heiko Haupt 13.02.2007, 14:24
Gut kontrolliert: Runderneuerte Reifen sind nicht weniger sicher als fabrikneue Pneus. (Foto: dpa)
Gut kontrolliert: Runderneuerte Reifen sind nicht weniger sicher als fabrikneue Pneus. (Foto: dpa) BVR

Bonn/München/dpa. - Vergessen wird dabeiimmer öfter, dass es eine Alternative gibt - den runderneuertenReifen. Dieser soll sicheres Fahren zu vergleichsweise günstigenPreisen garantieren. Das Problem besteht allerdings darin, dass sichdie Runderneuerten früher einen schlechten Ruf erworben haben, derihnen immer noch anhaftet. Die Experten sind sich jedoch einig, dassrunderneuerte Reifen weit besser als ihr Ruf sind.

Die Beliebtheit von runderneuten Reifen beschränkt sich derzeit inerster Linie auf Nutzfahrzeuge. «Fast jeder zweite Reifen ist dortein runderneuerter», sagt Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer desBundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) in Bonn.Ganz anders sieht es auf der Pkw-Seite aus: «Hier ist der Anteilbesonders bei den Sommerreifen immer weiter gesunken.» Mittlerweilesind nur noch knapp fünf Prozent der Reifen runderneuert. Höher istder Anteil nur bei den Winterreifen: Ausgegangen wird von einemAnteil von etwa 15 Prozent.

Grund für den hohen Lkw-Anteil sind vor allem die geringerenKosten der überarbeiteten Pneus. «Grundsätzlich kann man davonausgehen, dass runderneuerte Reifen etwa ein Drittel günstiger alsneue Markenprodukte sind», sagt Sven Rademacher, Sprecher desDeutschen Verkehrssicherheitsrates (DRV) in Bonn.

Dass aber der herkömmliche Autofahrer trotz solcher Kostenvorteilelieber zum gänzlich neuen Reifen greift, hängt auch mit einemzweifelhaften Image aus vergangenen Zeiten zusammen: «Vor 30 Jahrenwar es ja wirklich noch so, dass man mit seinen alten Reifen zu einemVulkaniseur ging und sie dort runderneuern ließ», berichtetHans-Jürgen Drechsler. «Über die Qualität des Endproduktes entschieddann vor allem die handwerkliche Fähigkeit des Vulkaniseurs.»

Heute ist die Herstellung ein hochprofessioneller Prozess. Dabeiwird zunächst der angelieferte Altreifen auf Beschädigungenuntersucht - untaugliche Exemplare werden gleich ausgesondert. Dieweitere Herstellung geschieht dann nicht in Handarbeit, sondernmaschinell und computergesteuert. «Die Qualität der Produkte von dennamhaften Runderneuerern ist durchaus mit Neureifen zu vergleichen»,sagt Franz Nowakowski, Reifenexperte derSachverständigen-Organisation Dekra in München.

Hat ein Altreifen die ersten Kontrollen überstanden, muss er ersteinmal Gummi lassen: Laut dem BRV entfernen so genannte Rauhmaschinencomputergesteuert das alte Laufflächengummi. Danach geht es dann mitdem Belege-Extruder daran, die Lauffläche wieder zu erneuern. «Dabeiunterscheidet man dann grundsätzlich zwischen zwei Verfahren - derKaltbesohlung und der Warmbesohlung», erläutert Franz Nowakowski. Beider Kaltbesohlung erhält der Reifen eine neue Gummischicht, diebereits das endgültige Profil aufweist - alter Unterbau und neueOberfläche werden durch Hitze miteinander verbunden.

Für Pkw-Reifen wird ausschließlich die Warmbesohlung genutzt. Hierbekommt der Reifen eine anfangs noch profillose neue Gummilage. Diekann nur die Lauffläche umfassen, meist werden jedoch auch dieReifenflanken mit neuem Gummi versehen. Der so neu belegte Reifenbekommt dann in einer Heizpresse bei Temperaturen um 160 Grad Celsiussein neues Profil eingeprägt.

Die Gummimischungen werden teilweise von den Erneuerern selbstgemacht. «Oft stammen diese Mischungen aber auch von den großenReifenherstellern», sagt Ruprecht Müller, Reifenfachmann imADAC-Technikzentrum in Landsberg (Bayern). «Auch Formen der Profilestammen meist von Herstellern der Neu-Reifen.»

Seit September 2006 gibt es zudem eine ECE-Norm, die für allerunderneuerten Reifen gilt. Speziell die in der Arbeitsgemeinschaftindustrieller Reifenerneuerer (AIR) im BRV zusammengeschlossenenFirmen lassen ihre Reifen auch noch freiwillig vom TÜV unter die Lupenehmen. «Oft sind es gerade umweltbewusste Menschen, die solcheReifen kaufen», sagt Sven Rademacher: Weil hier eben nicht derkomplette Reifen neu gefertigt wird, benötigt man bei der Herstellungauch weniger Energie.

Bleibt nur die Frage, was gegen den Einsatz eines runderneuertenReifens spricht. Ein Punkt wäre, dass es sie nur bis zurReifen-Kategorie «H» gibt, die Spitzengeschwindigkeiten bis 210Stundenkilometer erlaubt. Eine mangelnde Sicherheit derüberarbeiteten Reifen kann jedoch kaum mehr gelten: «Das Risiko, dasman Runderneuerten nachsagt, ist nicht höher als bei vergleichbarenNeureifen», sagt Ruprecht Müller. Das hätten Reifen-Vergleichstestsdes ADAC gezeigt.

Hingewiesen wird von den Experten aber darauf, dass es auch beiden runderneuerten noch Billiganbieter gibt. Daher ist beim Kauf einprüfender Blick angebracht. «Da bei den meisten guten Runderneuertenauch die Reifenflanken erneuert werden, kann der Hersteller dortseinen Namen einprägen, ein gutes Qualitätsindiz ist dort dann auchein TÜV-Siegel», sagt Sven Rademacher. Es muss also tatsächlich nichtimmer ein gänzlich neuer Reifen sein.