Ärger auf der Autobahn Ärger auf der Autobahn: Bei Dränglern und Linksfahrern Ruhe bewahren

München/Stuttgart/dpa. - Häufigeskaliert der Ärger in Beschimpfungen und riskanten Fahrmanövern.
Verkehrssicherheitsexperten sehen beide Verhaltensweisen daher mitSorge. Andere Autofahrer würden so zu Verkehrsverstößen provoziert -mit schweren Unfällen als mögliche Folge. Ein Beispiel dafür ausjüngerer Zeit ist der tragische Unfalltod einer Autofahrerin undihres Kindes Mitte Juli 2003 auf der Autobahn 5 bei Karlsruhe: DieFrau fühlte sich offenbar beim Überholen von einem drängelnden Raserbedroht, kam beim Ausweichen von der Fahrbahn ab und prallte gegeneinen Baum.
Für Maximilian Maurer, Pressesprecher beim ADAC in München, isteine zu geringe Rücksichtnahme «der springende Punkt», weshalbDrängeln und Dauerlinksfahren auf der Autobahn so weit verbreitetsind: «Es gibt das Grundverständnis schneller Autofahrer, sie dürftenper se mehr als langsamere Fahrer.» Daher ließen die Schnellfahrerdiese beim Überholen oft nicht ausscheren oder versuchten, siewegzudrängen. Aus Sorge, etwa hinter einem Laster hängen zu bleiben,wenn sie sich ans Rechtsfahrgebot halten, blieben langsamere Fahrerwiederum häufig ständig auf der Überholspur - ohne sich darum zukümmern, dass sie damit schnellere Fahrer aufhalten.
Nach Angaben der Deutschen Verkehrswacht (DVW) in Meckenheim beiBonn hat das Drängeln und «Bummeln» emotionale Ursachen. Aus Sichtder Beteiligten erscheine der jeweils andere schnell als «Gegner». WoAggressionen im Spiel sind, komme es zu Stress, der sich auf Denken,Wahrnehmung und Handeln auswirkt: Die Risikobereitschaft steige unddamit das Verlangen, es dem anderen einmal so richtig zu zeigen -etwa durch zu dichtes Auffahren, absichtliches Ausbremsen oderRechtsüberholen. Auch Maximilian Maurer vom ADAC glaubt, dassDrängeln und Dauerlinksfahren einander bedingen können: «Da gibt esschon Ursache- und Wirkungsbeziehungen.»
Allerdings muss laut der DVW nicht immer böse Absicht dahinterstecken. Es könne sich bei Langsamfahrern auf der linken odermittleren Spur auch um ältere Fahrer oder um Ortsunkundige handeln.Auch Unsicherheit sei ein häufiger Grund, so Maximilian Maurer.
Die Folgen sowohl des Drängelns als auch des Linksfahrens könnenauf der Autobahn jedoch gravierend sein: Bei zu dichtem Auffahrensteigt laut Maurer die Gefahr von Auffahrunfällen rapide an. Wenn derVordermann plötzlich bremst, bleibe dem Nachfolgenden keine Zeit mehrzur Reaktion. Dauerlinksfahren könne wiederum fatale Auswirkungen aufden Verkehrsfluss haben: «Die Autobahn wird von ihrer Kapazität herenorm reduziert, wenn jemand mit Tempo 100 links oder in der Mittefährt. Dahinter bildet sich immer gleich ein Stau», sagt Maurer.
Beide Verhaltensweisen sind daher verkehrswidrig. Laut ADAC-JuristMarkus Schäpe wird zu geringer Abstand zum Vorausfahrenden - dasheißt weniger als die Hälfte des Tachowertes in Metern - beiGeschwindigkeiten von mehr als 130 Kilometer pro Stunde (km/h) mitbis zu 150 Euro Geldbuße belangt. Dazu seien vier Punkte in derVerkehrssünderkartei und ein Monat Fahrverbot möglich. Handelt essich um Nötigung - wenn etwa das Betätigen der Lichthupe dazu kommt-, sei sogar ein Straftatbestand erfüllt, der ein Gerichtsverfahrenerfordert. Hier drohen laut Schäpe die Einbehaltung des Führerscheinssowie Geldstrafen in Höhe von bis zu zwei Monatsnettoeinkommen.
Auch Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot auf Autobahnen undKraftfahrstraßen können laut DVW mit bis zu 50 Euro Bußgeld belangtwerden. In gravierenden Fällen seien auch Verfahren wegen Nötigungmöglich, so ADAC-Jurist Schäpe.
Damit es gar nicht erst soweit kommt, rät Matthias Beck vom AutoClub Europa (ACE) in Stuttgart allen Beteiligten, in solchenSituationen Ruhe zu bewahren: «Das wichtigste ist, sich nichtdrängeln zu lassen.» Auch ADAC-Sprecher Maximilian Maurer empfiehltBetroffenen, sich nicht in den Ärger hineinzusteigern. Bedrängtesollten nicht auf ihrem vermeintlichen Recht bestehen, und Dränglerbesser ziehen lassen. Haben sie einen Herannahenden aus Versehenausgebremst, sollten sie sich entschuldigen. Souveränes Verhaltendieser Art könnte helfen, die Situation zu entschärfen.
Um nicht von schnellen Fahrern überrascht zu werden, solltenAutofahrer alle fünf bis zehn Sekunden in den Rückspiegel schauen undsich vor dem Ausscheren erneut vergewissern, ob die Bahn frei ist,rät ACE-Mitarbeiter Beck. Außerdem sollten sie nach dem Überholenwieder rechts einscheren. Auf keinen Fall sollten sie versuchen,Drängler zu erziehen - etwa durch Antippen der Bremse. Auch daskönnte als Nötigung ausgelegt werden und Auffahrunfälle auslösen.ADAC-Sprecher Maurer warnt ebenfalls davor, Drängler «zuschulmeistern»: «Wenn andere sich nicht anGeschwindigkeitsbegrenzungen halten wollen, darf man sie nicht daranhindern.»
Schnellere Fahrer sollten laut ADAC-Sprecher Maurer auf Fehleranderer gefasst sein. Auch für sie gelte: «Locker bleiben!», und sichnicht über Langsamere aufzuregen. Macht ein langsamer Fahrer keinenPlatz, sollte man sich nicht zum Drängeln oder Rechtsüberholenverleiten lassen. Bei der Verkehrsdichte auf den meisten Autobahnensei dadurch heute ohnehin kaum ein Zeitvorteil zu gewinnen. Zwarkönne ein Ausgebremster - ebenso wie ein Bedrängter - den anderenAutofahrer wegen Nötigung anzeigen, so ACE-Sprecher Matthias Beck.Solche Verfahren hätten jedoch nur wenig Aussicht auf Erfolg. Außergelassen zu bleiben, könne man Betroffenen kaum etwas raten: «Auchwenn man stinkesauer ist - es hilft alles nichts.»