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Architektur Architektur: Das Haus zum Latte Macchiato:

Von Jessica Gilster 01.11.2007, 14:33
Toskana-Häuser haben häufig warme Farben und große Balkone. Doch oft werden auch andere Baustile kombiniert. (Foto: dpa)
Toskana-Häuser haben häufig warme Farben und große Balkone. Doch oft werden auch andere Baustile kombiniert. (Foto: dpa) Mediterran Haus Ziegler

Bad Honnef/Dresden/dpa. - Kein Wunder, dass auch deutsche Bauherren von Italien träumen.Ob im fränkischen Herzogenaurach oder auf der Ostseeinsel Rügen:Sogenannte Toskana-Häuser sollen für Mittelmeer-Flair sorgen.

«Die Bauherren wollen den Lebensstil, den sie im Urlaub kennen undschätzen gelernt haben, nach Hause bringen», sagt ChristophWindscheif vom Bundesverband deutscher Fertigbau (BDF) in Bad Honnef. Viele Anbieter von Fertighäusern sind in den vergangenen Jahren aufden italienischen Zug aufgesprungen. «Unsere Häuser im Toskana-Stilwerden derzeit am stärksten nachgefragt», sagt André Janssen vomUnternehmen Kampa in Minden. Die Kunden versuchten so, ein StückSüden nach Hause zu holen.

Olaf Zerback aus Cottbus gründete aus diesem Gedanken heraus sogarseine Firma Mediterran Haus. Das Unternehmen verwendet innen undaußen viele original mediterrane Materialien. Zum Beispiel werden dieHäuser nicht klassisch deutsch verputzt und dann in Apricot-Farbenangestrichen. Stattdessen kommt sogenannter Terracotta-Putz aus demMittelmeerraum zum Einsatz.

Häuser im Toskana-Stil gibt es in den verschiedenstenAusführungen. Manchen Bauherren reicht schon ein rötlich gestrichenesHaus. «Häufig sieht man Kombinationen aus dem regionalvorherrschenden und dem mediterranen Stil», erklärt Windscheif. Sofindet man in Norddeutschland vereinzelt auch im mediterranen Stilgebaute Häuser, die außen verklinkert sind.

Typische Merkmale für ein Haus im Toskana-Stil sind laut demFertighaus-Experten neben dem quadratischen Grundriss warme Farben,bodentiefe Fenster und ein für deutsche Verhältnisse wenig geneigtesZeltdach. Ins Auge fällt der repräsentative Eingangsbereich: «Oft istes ein überdachter Hauseingang mit Säulen und einem massiven Balkon.»

«Merkwürdig ist nur, dass unter dem Begriff Toskana-Häuser oftHäuser mit Stilelemente ganz unterschiedlicher Herkunft gemeintsind», sagt Hans-Georg Lippert, Architekt und Professor fürBaugeschichte an der Technischen Universität Dresden. So stammten diebodentiefen Fenster eigentlich aus Frankreich. Die Säulen seientypisch für jede Villenarchitektur.

Grundsätzlich ist unter den Architekten die Diskussion entbrannt,ob ortsuntypische Baustile überhaupt nach Deutschland gebracht werdensollten. Andrés Bäppler, Architekt aus Frankfurt/Main, ist durchausein Anhänger klassischer Toskana-Häuser, jedoch nur in demitalienischen Landstrich selbst. Hierzulande steht er dem Trendkritisch gegenüber und befürchtet einen Identitätsverlust derArchitektur. Von einer gewissen Verantwortung der Architekten für dieBaukultur des Landes spricht auch Stefan Schaufert, Architekt ausRostock: «Ein Neubau sollte nicht nur der Zeit, sondern auch dem Ortgerecht werden.»

«Ich habe kein Problem damit, Baustile zu mischen, Dinge in neuerForm zusammenzustellen und sie zu überregionalisieren, solange eshinterher nicht nach Disney World aussieht», urteilt Hans-GeorgLippert. Dass man durch den Baustil allerdings ein fremdesLebensgefühl verpflanzen kann, kann er sich nicht vorstellen.