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Arbeitslosengeld II Arbeitslosengeld II: Freibeträge clever ausschöpfen

Von Sebastian Knoppik 16.09.2004, 09:49
Hartz IV-Freibeträge, korrigiert (Grafik: dpa)
Hartz IV-Freibeträge, korrigiert (Grafik: dpa) dpa

Wuppertal/Nürnberg/dpa. - Die Diskussion um dasArbeitslosengeld II verunsichert nach wie vor viele Menschen. MüssenArbeitslose vom kommenden Jahr an in marode Plattenbauten umziehenund Eltern die Sparbücher ihrer Kinder plündern, um weiterUnterstützung zu bekommen? Die größte Sozialreform in der Geschichteder Bundesrepublik ist für etliche Betroffene tatsächlich mitEinschnitten verbunden. Doch nicht alles, was in der Öffentlichkeitdiskutiert wird, trifft zu. Und mit einigen legalen Tricks lassensich Härten vermeiden.

Arbeitslose müssen ihr eigenes Vermögen grundsätzlich zunächstaufbrauchen, bevor sie Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben.Allerdings gibt es Freibeträge: Pro Lebensjahr des Betroffenen 200Euro bleiben unangetastet, höchstens jedoch 13 000 Euro. BeiBedürftigen, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, gilt einFreibetrag von 520 Euro je Lebensjahr - höchstens 33 888 Euro.

Zusätzlich gibt es einen besonderen Freibetrag von 200 Euro jeLebensjahr für Vermögen zur Alterssicherung. Das Geld darf allerdingswirklich erst zum Lebensabend verfügbar sein. Riester-Renten bleibenganz unangetastet. Wenn der Vermögensfreibetrag für dieAltersvorsorge ausgeschöpft ist, kann auch der allgemeineVermögensfreibetrag für den restlichen Betrag verwendet werden, wieein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA)in Berlin erklärt.

Ein Beispiel: Ein 40-Jähriger hat ein Altersvorsorgevermögen von10 000 Euro, jedoch kein sonstiges Vermögen. Sein Freibetrag für dasAltersvorsorgevermögen beträgt 40 mal 200 Euro, also 8 000 Euro. Fürden überschüssigen Betrag von 2 000 Euro gilt der allgemeineVermögensfreibetrag. Er kann also sein gesamtes Vermögen behalten.

Für Vermögen von Kindern gilt ein Freibetrag von 4850 Euro. Liegtmehr auf dem Sparbuch des Kindes, hat der Arbeitslose keinen Anspruchauf Sozialgeld für sein Kind. Auf das Arbeitslosengeld II selbstwirkt sich das Kindervermögen jedoch nicht aus. Angelika Klahr,Referentin bei der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicherArbeitslosengruppen, rät Arbeitslosen mit Vermögen, zunächstvorhandene Schulden abzubauen oder notwendige Anschaffungen zutätigen: «Allerdings darf Vermögen nicht verschenkt werden. Dannwürde man sich absichtlich bedürftig machen, was nicht erlaubt ist.»

Eine Lebensversicherung zählt auch zum Vermögen. Allerdings gibtes eine Möglichkeit, sie vom Zugriff durch das Arbeitsamt zuverschonen, erläutert Harald Thomé von der Arbeitslosen- undSozialhilfeinitiative Tacheles in Wuppertal: «Man kann mit demVersicherungsunternehmen vereinbaren, den Vertrag so zu ändern, dassdie Versicherung vor dem Renteneintritt nicht mehr beliehen, verkauftoder aufgelöst werden kann», erklärt er. Dann gilt hierfür derzusätzliche Freibetrag für Altersvermögen.

Ein angemessenes Auto darf jeder Arbeitslose besitzen. «Bei einemWert von 5000 Euro wird angenommen, dass es sich um ein angemessenesFahrzeug handelt. Liegt der Wert höher, wird individuell geprüft, obder Arbeitslosengeld-Empfänger seinen Wagen behalten darf», erklärtder BMWA-Sprecher. Dabei werde unter anderem berücksichtigt, wie großdie Familie des Bedürftigen ist.

Auch Einkünfte des Arbeitslosen werden auf das Arbeitslosengeldangerechnet. Dies gilt beispielsweise auch für Zahlungen vonVerwandten: «Immer wenn es sich um Zahlungen zur Sicherung desLebensunterhaltes handelt, müssen diese der Arbeitsagentur gemeldetwerden. Es gibt aber eine Bagatellgrenze von 50 Euro jährlich»,erläutert Arbeitslosenberater Thomé.

Ob eine Wohnung angemessen ist oder nicht, wird sich lautWirtschaftsministerium künftig nach den bisherigen Regeln fürSozialhilfeempfänger richten. Die Kommunen werden das individuellentscheiden, wie der Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärt:«Eine Wohnung in der Münchener Innenstadt darf beispielsweise mehrkosten als eine auf dem Land.»

16 Seiten umfasst der Antrag für das neue Arbeitslosengeld II.Doch nicht alle Fragen müssen beantwortet werden, wie Thomé erklärt.«Einige Fragen sind nur für bestimmte Fallkonstellationen wichtig.Der Arbeitslose hat aber keine Mitwirkungspflicht für Fragen, die fürseinen Fall nicht erheblich sind.» Dies gilt laut Thomé für Angabenüber den Vermieter. «Diese müssen nur in besonderen Fällen gemachtwerden, in denen die Behörden die Miete direkt an den Vermieterzahlen.»

Die Bundesagentur für Arbeit drängt darauf, dass die Antragstellerdie Formulare möglichst schnell zurückschicken, um das Pensumbewältigen zu können. Arbeitslosen-Beraterin Klahr rät jedoch, sichnicht unter Druck setzen zu lassen: «Man sollte die Formulare lieberin Ruhe und gewissenhaft ausfüllen und sich dabei am besten Hilfe voneiner unabhängigen Arbeitslosenberatung holen.»

Informationen: Offizielle Infos zum Arbeitslosengeld II bietet dieBundesregierung unter www.bundesregierung.de/hartziv. UmfassendeMaterialien finden sich auch auf der Website der Arbeitslosen- undSozialhilfeinitiative Tacheles www.tacheles-sozialhilfe.de. DieBundesagentur für Arbeit hat außerdem eine Hotline eingerichtet:Unter 01801/012 012 beantworten Mitarbeiter zum Ortstarif Fragen zurArbeitsmarktreform.