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Thomas D: Fröhlicher «Krieger»

Von Helen Hoffmann 15.09.2008, 09:37

Hamburg/dpa. - «Der Krieger hat die Leichtigkeit entdeckt», sagt der Rapper Thomas D über sein drittes Soloalbum «Kennzeichen D». Und tatsächlich sind viele der 18 Songs ausgesprochen heiter und tanzbar.

Sein Sprechgesang ist eingängig, mal mit fröhlichen Gitarrensounds, mal mit groovigen Elektro-Beats unterlegt. Auf Inhalt verzichtet das Mitglied der Hip-Hop-Gruppe Die Fantastischen Vier dennoch nicht. «Der D kommt immer mit 'ner Botschaft», meint der 39 Jahre alte Vater zweier Kinder, der zum Interview ein schwarzes Sweatshirt mit weißen Herzchen trägt.

So beginnt die Platte mit einem Aufruf zum Fleischverzicht. «Gut - ich will dich inspirieren, etwas zu probieren, was mit Sicherheit noch niemandem geschadet hat. Du könntest riskieren, ein paar Kilos zu verlieren, aber dafür kriegen wir für immer alle satt», rappt der überzeugte Vegetarier in «Deshalb bin ich hier». Seine kritische Sicht auf Castingshows wird in «15 minutes of fame» deutlich. «Doch keine Sorge, die ham morgen schon 'n neues Gesicht», heißt es in dem Song, der das Thema auch musikalisch gut auf den Punkt bringt. So wird ein Teil des Refrains von einem Frauenchor gesungen, der die oft eingängigen Melodien der angeblich künftigen Hits parodiert.

Eindrucksvoll ist das Lied «An alle Hinterbliebenen». Vor zunächst düsterer elektronischer Kulisse teilt D den Leidenden mit, dass er weiß, wie sie sich fühlen («Was soll dich jetzt noch berühren, du hast verloren, was du liebst») und spricht ihnen sein Beileid aus. Musik und Text machen den Schmerz dabei hör-, die Trauer fühlbar. Schnell wird dem Zuhörer klar, dass die Zeilen eine Tiefe besitzen, die einen Ursprung hat. Dieser liegt fast vier Jahre zurück, als der große Tsunami die Küsten des Indischen Ozeans verwüstete und mindestens 230 000 Menschen in den Tod riss. Thomas D machte damals mit seiner Frau Tina und der eineinhalbjährigen Tochter Lya Sophia Urlaub im thailändischen Khao Lak.

«Da war Sterben sehr einfach und Überleben sehr schwer», sagt der durchtrainierte Künstler und erzählt, wie die Welle sie etwa vier Kilometer ins Landesinnere spülte und er versuchte, Lya Sophia über Wasser zu halten. «Ich bin sehr früh von meiner Frau getrennt worden und habe gesehen, wie sie eingeklemmt war. Und dachte, das wäre das letzte Mal, dass ich sie gesehen hab'.» Dann spricht er von einem Moment, in dem ihm klar wurde, wie grotesk die Situation eigentlich war: «Du gehst nicht gerne in Urlaub, kannst nicht so gut schwimmen und bist auch noch ein Schwabe. Das heißt, du bezahlst doch nicht dafür, dass du jetzt im Urlaub ertrinkst!» Für ihn - der nicht an den Zufall glaube - habe das alles überhaupt keinen Sinn ergeben. «Das war ein sehr psychedelischer Moment», sagt D und erzählt, wie er dann plötzlich viel Kraft hatte und auftauchte. Später entdeckte er seine Frau, die wie er und die gemeinsame Tochter kaum verletzt war.

«Kennzeichen D» ist ein langes und vielschichtiges Album geworden, dass zum Nachdenken, aber vor allem zum Tanzen einlädt. Seinem Motto «die Lieder müssen live rocken, und ich will Spaß haben» ist Thomas D gerecht geworden, auch wenn bei dem ein oder anderen Song der moralische Zeigefinger nicht ausbleibt. Auch seine melancholische Seite kann der selbstbewusste Stuttgarter mit dem Geburtsnamen Thomas Dürr nicht verleugnen. Dennoch hat der «Krieger» - wie er sich seit seinem gleichnamigen Song auf der Fanta-Vier-Platte «Lauschgift» (1995) nennt - eine neue Fröhlichkeit entdeckt. Auf düstere Texte, wie es sie auf seinem zweiten Solo-Album «Lektionen in Demut» (2001) gab, hat er bewusst verzichtet.

www.thomasd.net